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Dominik T.

TIAMAT: The Church Of Tiamat DVD

Eine Würdigung und DVD-Rezension


TIAMAT: The Church Of Tiamat DVD
Genre: Gothic
Verlag: Century Media
Medium: DVD
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Eine Würdigung

Die schwedische Band TIAMAT kann wirklich von sich behaupten, auf ihrem auch kommerziell erfolgreichem Weg immer neue Subgenres des "düsteren" Heavy Metals und schließlich auch des "Gothic Rocks" entscheidend mitgeprägt zu haben. Diesen Hang zur Vorreiterrolle machte sich schon bemerkbar, als sie als 16, 17jährige Teenager noch TREBLINKA hießen und Sänger/Gitarrist JOHAN EDLUND den Namen "Lucifer Hellslaughter" vorzog. (Der Trommler gab sich den bizarren Namen "A.K.A. Najse Auschwitzer".) JOHAN EDLUND selbst weist heute in Interviews immer bescheiden - und wohl auch aufgrund des Namens peinlich berührt - daraufhin, wie unbedeutend TREBLINKA doch waren, weil sie doch nur zwei Demos und eine Single veröffentlichten, die kaum mehr als neunhundertmal verkauft wurde. Damit hat er natürlich einerseits recht, andererseits misst sich die Bedeutung einer Band natürlich nicht in Verkaufszahlen. Fakt ist: TREBLINKA waren in ihrer kurzen Lebenszeit (1987-1989), in einer Zeit der absoluten Black Metal-Blaupause in Skandinavien  (1986-1990), eine der ganz wenigen Bands, die sich auf eine Weise präsentierten, die die gemeinhin akzeptierte imagemäßige Vorrausetzung zum "Black Metal" zu gehören (evil Pseudonyme, Corpspaint, satanische Symbolik, Gerüchte von Grabschändungen), voll erfüllte. In diesem Sinne "Black Metal aktiv" waren im Skandinavien dieser Zeit sonst nur noch die vergessenen MEFISTO, eventuell OBSCURITY, GROTESQUE (alle Schweden) und natürlich MAYHEM (Norwegen). BATHORY verabschiedeten sich schon 1988 (leider) in Richtung Walhalla. Interessant in diesem Zusammenhang auch die Doom Death Metal-Band EXPULSION, die von 1988 bis 1996 existierte und bei denen neben JOHAN EDLUND selbst auch ein paar andere TREBLINKA-Bösewichter kurzzeitig Mitglied waren. 1990 kam dann die Umbenennung von TREBLINKA in TIAMAT, rein musikalisch änderte sich aber nichts. Das TIAMAT-Erstlingswerk "Sumerian Cry" (1990) war ein lupenreines Black Metal-Album (und Kult dazu). Es folgten "The Astral Sleep" (1991) und "Clouds"  (1992), auf denen TIAMAT zunehmend melodischer wurden und einen ganz eigenen, thelemitisch gefärbten, leicht doomigen Death Metal-Stil entwickelten. Während "The Astral Sleep" noch deutlich die Black Metal-Wurzeln verriet (das Album beinhaltet übrigens das bis heute auch von keiner anderen Band des Genres übertroffene atmosphärischste "Intro"), entwickelte sich "Clouds" auch dank des damaligen Bassisten JOHNNY HAGEL , der zuvor in der Doom-Legende SORCERER aktiv war, stärker in eine atmosphärische Richtung, die im schwedischen Metal durch CANDLEMASS eine gewisse Tradition hat. "Clouds" übernahm allerdings nicht völlig den CANDLEMASS-typischen Pathos (Stichwort "Reichsmusik"), was auch gar nicht möglich gewesen wäre, unterscheidet sich doch Edlunds (vom Death Metal geprägtes) Organ in jedweder Hinsicht vom priesterlichen Operngesang eines MESSIAH MARCOLIN. Vielmehr blieb "Clouds" irgendwo in der Mitte zwischen Schweden-Death Metal und JOHNNY HAGELS Doom-Background stehen und lag damit goldrichtig. Wenn ich mir heute "Clouds" mit all der "Neofolk-Erfahrung", die bei mir kurz darauf einsetzte, anhöre, bin ich verblüfft wie nahe dieses Album atmosphärisch so einem frischen, frühlingshaftem Werk wie OSTARAS "Operation Valkyrie" kommt. "Clouds" ist für mich trotz des gepriesenen Nachfolgewerkes "Wildhoney" (1994) das effektivste TIAMAT-Album, das Zusammenspiel aus Eingängigkeit und ebenso simpler, aber auch hochsymbolistischer Lyrik, wie es in Songs wie "In A Dream", "A Caress of Stars" und natürlich der Hymne "The Sleeping Beauty" deutlich wurde, zeigten TIAMAT auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Natürlich ist auch "Wildhoney", das mit Abstand erfolgreichste TIAMAT-Album, zu recht ein Klassiker, dennoch erschien mir schon damals manch eine Passage zu dreist PINK FLOYD-lastig zu sein. Nach "Wildhoney", meinem letzten Album für das ich am Tag des Erscheinens die Schule schwänzte, um es pünktlich und mit zittrigen Fingern in den CD-Player zu schieben, verlor ich TIAMAT ohne besonderen Grund aus den Augen. Da kam mir nun 2006 die Veröffentlichung der ersten TIAMAT-DVD-Retrospektive mit dem Titel "The Church Of Tiamat" gerade recht, um Vergangenheitsbewältigung in eigener Sache zu betreiben. Ich verpasste mir also, um wieder mitreden bzw. schreiben zu können, ein TIAMAT-Schnellkurs der Jahre 1995 – 2006, hier meine Eindrücke der DVD...

Rezension

Die DVD beinhaltet ein wohl vollständiges TIAMAT-Konzert, welches im Januar 2005 in Krakau, Polen, während einer Tour mit PAIN mit höchstmöglicher Professionalität in Sound und Bild mitgeschnitten wurde. Verschiedene Kameraeinstellungen erlauben es hier, die Musiker in Nahaufnahme in Aktion zu zeigen; ebenso das Publikum (viele hübsche Mädchen mit sehnsüchtigem Blick) und natürlich die Band in Totalaufnahme werden präsentiert. Nun ja, wer so etwas braucht, mir ist so etwas zu starkultmäßig, besonders die "Guitar-Solos" wären nicht nötig gewesen. Mich würde mal interessieren, was PETER GILMORE (PINK FLOYD) zu dem Gepose sagen würde. Der seit Mitte der Neunziger glatzköpfige JOHAN EDLUND besitzt jedoch tatsächlich eine beeindruckende Bühnenpräsenz und mimt (mit Rock, nacktem Oberkörper und gruftiger Unterarmverkleidung) durchaus eindrucksvoll den vor Manneskraft strotzenden Goth-Rocker. Irgendwie habe ich ihn schüchterner in Erinnerung, Respekt! Ziemlich ärgerlich allerdings die Spielliste. Es fehlt das zentrale und geniale "Wildhoney"-Stück "The Ar", sowie "Ancient Entity" ("The Astral Sleep"), die Hymne der Frühzeit. Und sogar "The Church Of Tiamat" ("Skeleton Skeletron", 1999), immerhin Namensgeber der DVD und Bandhymne der Post-Wildhoney-Zeit, wird nicht gespielt und taucht auch auf der ganzen DVD nicht auf. Wenigstens "In A Dream" und der Evergreen "The Sleeping Beauty" erklingen (Wäre auch zu komisch gewesen, wenn nicht. Ein TIAMAT-Konzert ohne "The Sleeping Beauty" ist wie ein METALLICA-Konzert ohne "Seek & Destroy"). Leider betätigt sich hier dieser PETER TÄGTREN-Mensch (HYPOCRISY, PAIN) als "Backgroundsänger". Ich verstehe irgendwie nicht, warum dieser Typ seit ein paar Jahren der "Mr. Wichtig" des "härteren" Metals ist und sich überall einmischen muss. Zur Entwicklung dieses Genres hat er überhaupt nichts beigetragen, ja, er ist nicht einmal HYPOCRISY-Gründungsmitglied (die sowieso unwichtig sind). Egal, soll er sich dumm und dämlich verdienen.
Weiterhin enthält die DVD ein langes Interview mit JOHAN EDLUND und einem anderen aktuellen TIAMAT-Mitglied, welches ganz interessant ist und chronologisch die ganze Bandgeschichte, inkl. TREBLINKA auf Englisch (ohne Untertitel) behandelt. (Manch eine Erkenntnis daraus ist in meine einleitende Würdigung eingeflossen.) Herr Edlund scheint ein sympathischer, ziemlich cool- souveräner und vielseitig interessierter Zeitgenosse zu sein, der auch hervorragend den "Neofolker" spielen könnte. Wenn man sich hier in unseren Kreisen nicht so einigeln würde, wäre eine Kollaboration auch durchaus möglich, schätze ich jedenfalls.
Nun folgt der beste Teil der DVD, nämlich alle Videoclips, die bisher von TIAMAT produziert wurden. Hier ist manch eine visuell- künstlerisch hervorragend umgesetzte Perle dabei. Der "Whatever That Hurts" ("Wildhoney") Clip überzeugt etwa durch eine Marionettentheater-Umsetzung, eine Idee, die später (oder vorher?) auch von TOOL ähnlich gut aufgegriffen wurde. "Gaia" ("Wildhoney") ist dagegen schon etwas konventioneller ausgefallen, aber solange es JUTTA DITFURTH zu "ökofaschistisch" ist (wovon auszugehen wäre), bin ich auch damit zufrieden. "Cold Seed" ("A Deeper Kind Of Slumber", 1997) macht dann wieder Spaß, hier präsentieren sich TIAMAT als abgefuckte Goth-Rocker vor einigen debil tanzenden Go-Go Girls. Interessant auch Edlunds Audio- Kommentar. Nach seinen Worten handelt der Song davon, dass er zur ersten Generation von Kindern gehöre, deren Eltern Blue-Jeans-Träger waren. Folge davon wäre ein asozialer Drang zur "Selbstverwirklichung", sowie "bad sperm". Herr Edlund befindet sich also auf dem aktuellen Stand der 68er Aufarbeitung, großartig! "Brighter Than The Sun" ("Skeleton Skeletron") ist auch ein wundervolles Video, JOHAN EDLUND spielt in diesem einen spanischen Torrero, der gegen einen Bulldozer-Lastwagen kämpft, während eine etwas verbraucht wirkende Frau ihn beobachtet und beim Refrain mitsingen darf. Rein musikalisch ist dieser Song allerdings eine äußerst dreiste, wenn auch gelungene  SISTERS OF MERCY-Kopie. Sowieso haben TIAMAT seit "Wildhoney" an Originalität eingebüßt. JOHAN EDLUNDS Gesang ist den Death/Black Metal-Wurzeln völlig entwachsen und präsentiert sich heute geradezu prototypisch "gothisch". Nichtsdestotrotz können sie auch heute noch Klassesongs schreiben, die Klassikern von z.B. FIELDS OF THE NEPHILIM das Wasser reichen können,  wie die hier ebenfalls per Videoclip vertretenen "Vote For Love" ("Judas Christ", 2002) und "Cain" ("Prey", 2003) beweisen. Interessant auch, dass sich JOHAN EDLUND wieder dem "Satanismus" seiner Jugend zu nähern scheint. So verspricht er auch sich die musikalische Aufarbeitung gescheiterter Beziehungen, von denen es anscheinend einige gab, in Zukunft zu verkneifen und sich mehr seinem Freund "downstairs" zu widmen.
Die DVD beinhaltet natürlich noch einiges mehr, "The Ar" wird dann doch noch einmal live in schlechter Tonqualitaet präsentiert, ebenso "Undressed" ("Clouds"), "Phantasma De Luxe" ("A Deeper Kind Of Slumber") und "Angel Holograms" ("Judas Christ"). Auch gibt es noch einen hier erstmalig präsentierten Videoclip zu "Do You  Dream Of Me?" ("Wildhoney"), der von einem rumänischen TIAMAT-Fan ohne Bandbeteiligung konzipiert wurde. Richtig lohnenswert ist aber abschließend nur noch eine ca. 7minütige Live-Impression des allerersten TIAMAT Konzertes im April 1990 in Stockholm, natürlich mit den Freunden von ENTOMBED, DISMEMBER, UNLEASHED im Publikum. (Kleine Anekdote: Ein älterer Freund erinnert sich noch an die ersten ENTOMBED-Auftritte außerhalb Schwedens, JOHAN EDLUND fuhr als Merchandise-Verkäufer mit.) Gespielt wird "Where Serpents Ever Dwell" ("Sumerian Cry"). Im Publikum und auch auf der Bühne wurden natürlich standesgemäß die Matten geschwungen. Schade, dass ich da nun wirklich nicht dabei war.
Die DVD ist eine lohnenswerte Anschaffung für TIAMAT-Fans, leider kommen "alte" Fans jedoch nicht so auf ihre Kosten. Hier hätte man mehr Archivmaterial oder auch z.B. jene, viel bessere Version von "Ancient Entity", die sich auf dem Kultsampler "Projections Of A Stained Mind" (1991) befindet, präsentieren können. Auch vermisse ich eine genauere Einbettung in den Kontext des schwedischen Death Metals bzw. eine stärkere Würdigung desselben, aber vermutlich erwarte ich da zu viel.

"Echten" TIAMAT-Fans empfehle ich noch die SORCERER (JOHNNY HAGEL)  LP  "Heathens From The North", welche das erste Demo von 1989 beinhaltet, sowie die selbstbetitelte CD. Darüberhinaus ist kürzlich ein TREBLINKA-CD Bootleg erschienen, der kultige Photos, alle Veröffentlichungen und sogar noch die erste TIAMAT-Single "A Winter Shadow" vereint. JOHAN EDLUND, der gerade selbst noch ein Exemplar ergattern konnte, gefällt das Ergebnis auch ganz gut. Da sich Edlund ansonsten vom Thema TREBLINKA immer etwas provoziert fühlt, hat er hier ein abschließendes Statement zu seiner "Jugendsünde" verfasst.


 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» TIAMAT offiziell
» TIAMAT @Myspace


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Zusammenfassung
Unterhaltsam, eher für neuere Fans dieser, mit TYPE O' NEGATIVE und PARADISE LOST, bekanntesten Gothic Rock-Band!

Inhalt
Century Media Release:
16 Where The Serpents Ever Dwell (Stockholm 1990) 06:36
17 Whatever That Hurts (Wildhoney Promo 1995) 04:22
18 Gaia (Wildhoney Promo 1995) 03:41
19 Undressed (Hagen 1995) 05:54
20 The Ar (Hagen 1995) 02:52
21 Alteration X 10 (Deeper Kind Of Slumber Recording Session 19) 04:31
22 Cold Seed (Deeper Kind Of Slumber Promo 1997) 03:50
23 Brighter Than The Sun (Skeleton Skeletron Promo 1999) 03:42
24 Vote For Love (Judas Christ Promo 2002) 04:16
25 Phantasma De Luxe (Pratteln 2002) 05:31
26 Angel Holograms (Pratteln 2002) 03:37
27 Cain (Prey Promo 2003) 03:57
28 Do You Dream Of Me (Animated Video By Eugen Erhan 2003) 03:23
1. Vote For Love
2. Children Of The Underworld
3. Cain
4. Brighter Than The sun
5. To Have And Have Not
6. Whatever That Hurts
7. I Am In Love With Myself
8. In A Dream
9. Wings Of Heaven
10. Cold Seed
11. Clovenhoof
12. As Long As You Are Mine
13. Love Is As Good As Soma
14. The Sleeping Beauty
15. Gaia
Total playing time 01:16:22
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