Die mir gestellte Aufgabe ist etwas kompliziert: Rezensieren Sie CELTIC FROST "Monotheist" - nach sechszehnjähriger Pause (16!) das Comeback- Album dieser Black- und überhaupt Metal-Legende - auf den Seiten eines Internetmagazins von und für eine Szene, deren Konsumenten zwar zu rund einem Drittel innerhalb der Death/Black Metal-Szene ihre erste subkulturelle Initiation erlebten, die aber auch nicht wenige Szenegänger aufweist, die etwas oberschlau "den" Heavy Metal im Allgemeinen für besonders "proletenhaft" halten. Mittlerweile sind auch zu "Monotheist" die meisten Rezensionen der Heavy Metal/Dark Wave-Fachpresse geschrieben, und das Echo ist so zwiespältig, wie ich es schon lange nicht mehr bzw. noch nie erlebt habe. Man muss dazu wissen, dass CELTIC FROST durchaus so etwas wie die THROBBING GRISTLE des härteren Metals sind, dementsprechend war man ungeheuer gespannt auf diese Rückkehr. Wenn sich dann das Album als etwas anderes entpuppt, als man erwartet hatte, ist es wohl allgemein menschlich, wenn sich die aufgeladene Spannung in bodenloser Enttäuschung Luft macht, aber ebenso verständlich sollte dann die gegenteilige Reaktion sein: Die Enttäuschung darüber, dass andere enttäuscht sind, immerhin ist bei beiden Reaktionen die Liebe zu CELTIC FROST der eigentliche Motor. Ich zähle mich in diesem Glaubenskrieg zur letzteren Fraktion, oder, um es deutlich zu sagen, ich verstehe angesichts manch einer Kritik die Welt nicht mehr. Ich verstehe einfach nicht, wie es möglich ist, die Größe dieses Albums nicht zu erkennen und möchte am liebsten in Anfällen akuter Intoleranz vor jedem Kritiker mit meinen Füßen aufstampfen und brüllen "Warum hast Du das getan?" So viel als einleitende Stimmungsbeschreibung. Kleine CELTIC FROST Geschichte und Würdigung CELTIC FROST starteten 1982 in ihrem Heimatland Schweiz als HELLHAMMER. Zusammen mit den Ruhrpottlern von SODOM waren sie die ersten, die das von VENOM ("Black Metal", 1981) entfachte Feuer musikalisch und konzeptionell weitertrugen. Somit entstammen sie einer Zeit, in der die gebotene Roheit des Sounds zumindest im Rock- Bereich noch so aufregend neu war, dass die später geläufige Binnendifferenzierung Trash Metal / Death Metal / Black Metal nicht den Journalisten und schon gar nicht den Musikern nötig erschien. CELTIC FROST gehören also mit zu den Gründervätern des "harten" Metals. Beglaubigt wird dies auf dem beiliegenden Promozettel durch Zitate diverser berühmter Musiker. DAVE GROHL etwa bestätigt die Wichtigkeit von CELTIC FROST für NIRVANA. Rezension "Monotheist" ist zunächst einmal als Heavy Metal-Tonträger beinhart und unverkennbar im CELTIC FROST-Stil, der weder Black noch Death Metal ist, aber vor allem in diesen Genres seine Anhänger findet. Das Album weist einige Spielereien auf , die heute vor allem dank "Into The Pandemonium" in der Metalwelt kein bisschen ungewöhnlich mehr sind (Frauengesang, Streicher, elektronische Spielereien). Genau wie auf diesem Klassiker, ist das Tempo fast durchwegs schleppend, ohne dass man das Gefühl hat, einem Doom Metal-Werk zu lauschen. CELTIC FROST ist es hier also tatsächlich gelungen, so etwas wie ein "Into The Pandemonium"-Album für die Gegenwart zu erschaffen, obwohl oder gerade weil das Album ungleich brutaler und sehr modern klingt. "Modern" ist eine Vokabel, die auch ich im Black Metal-Kontext eher als Tadel einsetze, anders hier, und es kommt noch dicker. Streckenweise spielen CELTIC FROST auf "Monotheist" einen Stil, dem man eine gewisse Nähe zum "New Metal" a la SLIPKNOT oder MACHINE HEAD attestieren muss. Keine Sorge, auch ich bin ein leidenschaftlicher Hasser dieser Rumhops-Bands, umso rätselhafter, dass ein moderner, "fetter" Sound, für den Starproduzent bzw. Musiker PETER TÄGTREN (HYPOCRISY, PAIN) verantwortlich zeichnet, hier hervorragend funktioniert. TÄGTREN, der auch schon das DESTRUCTION-Comeback als Produzent in den Sand setzte, traue ich diese Überraschung allerdings nicht zu. Nein, das Mysterium, dass CELTIC FROST hier vieles von dem präsentieren, was mich normalerweise panisch wegrennen lässt (inkl. der neuen Optik, TOM G. FISCHER mit Skimütze, wie sie die New York Hardcore Jungs tragen) muss irgendetwas mit ureigener CELTIC FROST'scher Genialität zu tun haben. Ein Freund aus der LICHTTAUFE-Redaktion, der hier mehr "Insiderkenntnisse" besitzt, informierte mich später: Sowohl TOM G. FISCHER als auch MARTIN AIN (der auch zur Urbesetzung von HELLHAMMER/CF gehört) seien große Anhänger von SUNN O))) und BOHREN AND THE CLUB OF GORE, und tatsächlich, wenn man darauf achtet, hat hier wohl tatsächlich eine "dronige" Beeinflussung stattgefunden. Selbst eine metallische Variante von MASSIVE ATTACK kann einem bisweilen in den Sinn kommen. Fazit: Ein Album in einer völlig eigenen Liga des Heavy Metal, 19 Jahre nach "Into The Pandemonium" eine würdige Fortsetzung dieses Klassikers. Ich bin richtig traurig darüber, dass das offenbar nicht jeder so sieht und möchte, nachdem ich bereits lesen musste, dass das charakteristische TOM G. WARRIOR/FISCHER-"Uh" vermisst wird, obwohl schon im Opener "Progeny" genau dies in den ersten zwei Minuten 2x zu hören ist, die Gründe der Ablehnung gar nicht mehr so genau wissen, scheinen sie doch eh auf Ignoranz oder ungeputzten Ohren zu fußen. Was hat manch ein Kritiker hier bloß für ein Album gehört? Vielleicht stört sie die Tatsache, auf "Monotheist" keinen Hit im Sinne alter Übersongs wie "Circle Of The Tyrants" oder "Into The Crypt Of Rays" zu hören? Vielleicht ist das Album zu schwierig für den "Heavy Metal Normalo"? Es scheint fast so, als ob das Industrial gewohnte Ohr dem Album mehr abgewinnen kann. Die Art der hier gebotenen Aggression bzw. die nihilistische Atmosphäre des Albums hat etwas sehr Metal-Untypisches, ohne dass sich dies näher umschreiben ließe. Ob manch einer Rezension bleibe ich dennoch ratlos...Zum Glück halten sich gute und negative Bewertungen noch im Gleichgewicht. Anfänglich habe ich CELTIC FROST, um ihre Bedeutung herauszustreichen, die "THROBBING GRISTLE des härteren Metals" genannt. Vielleicht wäre SCOTT WALKER die bessere Parallele, der macht auch was er will, veröffentlicht nur alle paar Jahre mal etwas und löst ebenfalls einen selbst aufgestellten Anspruch ein, der den Kontext seiner kulturellen Herkunft übersteigt. Leider sind jetzt bei CELTIC FROST nicht alle so begeistert wie bei SCOTT WALKER , aber CELTIC FROST haben es noch nie allen recht gemacht. Für mich das zukunftsweisendste Metalalbum seit vielen Jahren!
Dominik T. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » CELTIC FROST offiziell » "Monotheist" Webseite » TOM G. WARRIOR Blog » HELLHAMMER Fanseite Themenbezogene Artikel: » Morbid Tales aus Köln
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Zusammenfassung
Ein wunderbar gelungenes Comeback- Album der Metal Legende CELTIC FROST.
Ein modernes "Into The Pandemonium" . Zukunftsweisend und essentiell für den gesamten "härteren" Metal-Bereich. Leider liegen mir die Texte nicht vor, sind sicher sehr interessant! Inhalt
1. Progeny 05:02
2. Ground 03:55 3. A Dying God Coming into Human Flesh 05:38 4. Drown in Ashes 04:23 5. Os Abysmi Vel Daath 06:41 6. Obscured 07:05 7. Domain of Decay 04:36 8. Ain Elohim 07:33 9. Triptych: Totengott 05:06 10. Triptych: Synagoga Satanae 14:23 11. Triptych: Winter (Requiem) 04:34 Total playing time 01:13:15 |