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Roy L.
Graumahd :: Cheru
Hirsche nicht aufs Sofa
Kategorie: Rezension
Erstellt: 23.05.2006
Wörter: 675
Artikelbewertung:
positiv:-114% negativ:214%
Dass sich da unten in der ehemaligen Donaumonarchie etwas explosiv folkiges zusammenbrauen würde, ist über artverwandte Kanäle wie DER BLUTHARSCH, ALLERSEELEN und Steinklang längst angedeutet worden. Seitdem Albin vor zwei Jahren über HauRuck! eine unbetitelte 7"-Platte seiner neuen Wiener Neofolk-Entdeckung herausbrachte, geisterte der Name GRAUMAHD beharrlich durch die Szene. Nach den zwei gefeierten Auftritten des vergangenen Jahres in Leipzig zum treffen.de">WGT und in Rosenheim konnte schon gar nicht mehr von bloßem Umhergeistern die Rede sein. GRAUMAHD hatten sich dort zum konkreten Begriff der deutschsprachigen Neofolk-Hoffnung etabliert, auch wenn das Trio um Wolf, Georg und Jörg, das wie neuerdings so viele Lagerfeuergitarristen eigentlich viel metallischeren Gefilden entstammt, vorerst nur eine handvoll Lieder, verstreut über einige Sampler, anzubieten hatte. Nun ist vor einem Monat endlich das langerwartete, vielmals verschobene Debüt erschienen und ich kann jetzt schlecht umhin, die aufgestaute Spannung gleich von vornherein abzutöten, denn mit "Cheru" ist den Wienern ein wahrhaft fantastischer Einstieg geglückt. Vom ersten Stück an hauen diese Kerle kräftig-krachend in die Saiten, dass es einem gar nicht mehr möglich scheint, sich der schieren Ekstase dieses Albums zu entziehen. "Die letzte Nacht", welch glorreiche Erleuchtung, welch glühender Exorzismus wider den Dämonen des Winters oder mit anderen Worten, ein schlichtweg saugeiler Opener. Da lassen wir seit Jahren gedankenschwer die Köpfe hängen und verzweifeln fast über die vermeintliche Unfähigkeit des Genre-Nachwuchses. Hirngespinste, alles Hirngespinste, sag' ich euch! Mit GRAUMAHD feiern wir eine Rückkehr zum Archaischen, zum Feuer, zum Wald, zur wilden Jagd und zu den Energiequellen der Musik und des Lebens. Aber das geschieht hier gerade nicht, wie so oft im romantisch-verklärten Sinne, auch wenn "Cheru" u.a. zwei, drei sanftverträumte Instrumentals zu bieten hat, sondern viel direkter, uriger, wie mit schiefen, dicken Wurzeln mit der Erde verwachsen. Vor allem der Gesang, der stellenweise alles andere als optimal abgemischt wurde, mag halt eher was für bierseelige Abende am Feuer als für sterile Konzerthallen sein. Der Musik schadet das natürlich überhaupt nichts. Diese schwebt durch den gleichen Kosmos wie etwa FORSETI und NEBELUNG, da auf elektronische Klangerzeugung weitestgehend verzichtet wurde. Was GRAUMAHD allerdings von den eben genannten Gruppen unterscheidet, das ist einerseits die sparsame Orchestrierung, die den kraftvollen Akustikgitarren und Trommeln stets oberste Priorität einräumt und der überdeutliche Hang zu ekstatischen Hymnen, die nur äußerst geringfügig von ruhigen Passagen unterbrochen werden. So ist es kein Wunder, dass unter den zehn Titeln einige Kompositionen mit ihrem beschwörerischem Gitarrendrangsal gewaltig über die Ufer treten, auch wenn ringsum im Grunde alles im Neofolk-typischen konservativen Rahmen bleibt. Na gut, man hatte "Cheru" auch mit der Randbemerkung angekündigt, das Album sei teilweise von psychedelischen 60er/70er-Klängen inspiriert, was jetzt in Wirklichkeit nicht allzu sehr oder besser nur in Ansätzen zu verspüren ist und wovon sich übrigens niemand verjagen lassen sollte, wenn dem so wäre. Wir finden da ein paar weit weg ins All abdriftende, gezupfte Gitarrensoli bei "Ohne Welt" und "Auwaldschatten 3", die das Liedgut virtuos auflockern und eigentlich auch großartig ins Bild passen und natürlich die intensiven Schlagwerkeskapaden beim Titelstück, die aber letztendlich eher an die finnische Band TENHI gemahnen, obschon GRAUMAHD etwas mehr die teutonischen Militaria-Muskeln spielen lassen. Nun ja, es ist eben auch Hau-Rock. Mit "Cheru" weht ein frischer Wind durch den deutschen Neofolkwald, der auf einmal wieder Freude macht, durchwandert zu werden. Dieses schwungvolle, mitreißende Album wird uns mit seinen ursprünglichen Kräften, die den alten Geist zu wecken vermögen, die langen Sommerabende bis zur Sonnenwende versüßen. Textlich sind die Wiener den ergreifend schlichten Naturversen eines Andreas Ritter selbstverständlich noch nicht völlig gewachsen, aber schon jetzt weitaus interessanter als die, mit bröckligen Kreuzreimen um sich werfende Schar der DI6- und SOL INVICTUS-Epigonen. Ein anderes kritisches Thema ist bei HauRuck! in letzter Zeit leider immer wieder die Gestaltung der Tonträger. Eine insgesamt sehr sparsame Aufmachung, wenig Informationen und ein dunkles, undeutliches Rotbraun lassen ehrlich gesagt wenig Stimmung aufkommen. Wie gut, dass man sich hier auf die inneren Werte verlassen kann. Und die sollte man, wenn es um GRAUMAHD geht, für die Zukunft nicht unterschätzen. Seit FORSETIs "Erde" das erste echte Neofolk-Album!
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Verweise zum Artikel:
» HauRuck!
Themenbezogene Artikel:
» Im Gespräch: Graumahd
» Konzertrückblick: GRAUMAHD
» V.A. :: Mia Runa
» Rückblick WGT 2005
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Zusammenfassung
Ein intensives Akustik-Folk Erlebnis von höchster Qualität. Dieses schwungvolle, mitreißende Album wird uns mit seinen ursprünglichen Kräften, die den alten Geist zu wecken vermögen, die langen Sommerabende bis zur Sonnenwende versüßen. Seit FORSETI's "Erde" das erste echte Neofolk-Album!
Inhalt
Die letzte Nacht
Instrumental
Cheru
Ohne Welt
...und dann kam Ruhe vor dem Sturm
Jahreskreis 2.005
Auwaldschatten I
Auwaldschatten II
Auwaldschatten III
Ausklang
39min
HR!78 | DigiPak
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