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Dominik T.
THE FROGS: Racially Yours
Even more racial hatred??
Kategorie: Rezension
Erstellt: 16.05.2006
Wörter: 1024
Artikelbewertung:
positiv:-100% negativ:200%

Was haben BOYD RICE, KURT COBAIN (NIRVANA) und die SMASHING PUMPKINS gemeinsam? Sie sind bzw. waren alle große Fans der FROGS. Es handelt sich dabei um eine Band aus USA (Milwaukee), bestehend aus den beiden Brüdern JIMMY und DENNIS FLEMION, sowie einigen weiteren Musikern. Es gibt sie bereits seit 1980, fast zehn Jahre trat man jedoch nur in lokalen Coffeeshops auf und ließ ein paar Kassetten zirkulieren. THE FROGS gelten aufgrund ihres lyrischen Konzepts im Allgemeinen als Satire-Gruppe. Man spielt eine seltsame Mischung aus Low-Fi-Pop, Folk und prähistorischem Grunge. Viele dieser Yankee-Holzfällerhemd + Ziegenbart-Gruppen, von denen eigentlich nur NIRVANA und SONIC YOUTH richtig gut waren (letztere gehörten eh nur bedingt dazu) und deren Erfolgswelle glücklicherweise überstanden ist, zählten THE FROGS zu ihren wichtigsten Einflüssen, insofern kann ihre Musik auch absolut ohne diese provokant- humoristische Note bestehen. Es gibt sogar eine Split-Single zwischen ihnen und den grässlichen PEARL JAM, und auch die nicht ganz so schlimmen SMASHING PUMKINS teilten eine Single mit ihnen (und erfüllten sich so einen Traum). Trotz dieser Kooperationen sind THE FROGS weitestgehend unbekannt, weil sie eh nichts zu verlieren haben, verschenken sie ihr Material auch bisweilen. Ihre Texte bauen meist auf einem imaginären, dialogischem Prinzip auf. Das sieht dann z.B. so aus: Auf ihrem ersten normal zu erwerbendem "It's Only Right and Natural"-Album (1989) widmeten sie sich dem Thema "Schwulsein". Manche Texte behaupten, dass einzig und allein die Schwulen die wahren Übermenschen sind, andere wiederum reproduzieren ultrakonservative, homophobe Tiraden gegen Schwule im Allgemeinen. Ebenfalls 1989 stellten nun die FROGS mit "Racially Yours" ein Album her, welches sich dem Thema Rassismus in all seinen Facetten widmete. Ihre Texte wurden hier aber als so anstößig empfunden, dass keine Plattenfirma bereit war das Werk zu veröffentlichen. So zirkulierte das Album zunächst sage und schreibe über zehn Jahre als CDR, bis 2000 endlich doch ein Label, FOUR ALARM Rec., aus Chicago (keine Homepage) den nötigen Mumm hatte. Das zu Grunde liegende Konzept ist eigentlich ganz einfach: Einer der Brüder malt sich im Gesicht braun an (siehe Cover) und singt dem anderen, weißen Bruder mal ganz offen seine Meinung und vice versa. Das Ergebnis ist sowohl musikalisch als auch lyrisch wirklich bizarr und gilt als das beste THE FROGS-Album. Ein paar Beispiele: In "400 years" beschwert sich der Schwarze darüber, dass er für den weißen Mann eben genauso viele Jahre schuften musste, nur damit dann am Ende so ein "White Trash" bei rauskommt. Das Ende lässt offen, ob er (der Schwarze) vielleicht doch mal Rache nimmt. In "Racially Yours" wird aufgezählt, welche Errungenschaften (Rock'n'Roll) wir alle den Schwarzen zu verdanken haben, nur der Weiße ist sich nicht ganz sicher, ob er sich drüber freuen soll. Witzig auch der Song "Whitefully Dead", der den "Death of the (white) west" einmal anders besingt und sich dabei lose an jene, bisweilen etwas stereotype "ich stehe hier und kann nicht anders"-Attitüde solcher Kulturpessimismus-Heroen wie OSWALD SPENGLER oder JEAN RASPAIL, der ja jetzt gerade wieder schwer en vogue ist (oder gemacht wird, siehe auch hier), anlehnt: "Now that the white man's dead and gone/we can sing a happy song/ Now that the blue-eyed devil's done/we can only have some fun…witness the black man's reign." Sehr komisch auch der Song "Prejudiced", in dem sich wiederum der Weiße beschwert, dass er sich immer darum bemüht hat, in keine Fettnäpfchen zu treten und immer schön artig "ein Farbiger" gesagt hat, statt des Wörtchens mit "N" und trotzdem immer wieder vorgehalten bekommt "Vorurteile" zu haben. Nun ja, ich könnte das jetzt endlos fortsetzen, immerhin finden sich 25 kurzweilige Songs auf dem Album, von denen manche auch echt harter Tobak sind – "2 Blacks Don't make A White" beispielsweise oder "Full Of Monkeys" (das Weiße Haus ist gemeint). Verpackt ist das alles, wie oben erwähnt, in recht einfach zu konsumierende, aber nichtsdestotrotz komische Folk-Pop-Musik, die Anfang der Neunziger ihrer Zeit voraus war. Heute könnte man THE FROGS musikalisch durchaus als ein Teil der von Journalisten so genannten "New Weird America"-Musiksparte betrachten, im Allgemeinen werden Bands wie COCOROSIE, CHARALAMBIDES, FAUN FABLES oder die SIX ORGANS OF ADMITTANCE (u.a.) dazugezählt. Der anfangs erwähnte Einfluss auf die Seattle Grunge Rock Szene erscheint auch nahvollziehbar.
Nun aber natürlich die Gretchenfrage: Sind Texte dieser Art nicht irgendwie sehr infantil und albern? Ist so eine alles-ironisierende Haltung nicht auch oft genug einfach nur feige, weil sie sich davor drückt Stellung zu beziehen? (Artikel hier). Ganz genau, stimmt alles, aber genauso könnte/sollte man sich auch fragen, warum man sich Alben wie CON-DOMs "Colour of a Man's Skin" oder "Even More Racial Hatred" reinzieht, als deren poppiges Geschwisteralbum man "Racially Yours" verstehen könnte, wenn auch eine musikalische Verwandtschaft schon eher zum witzigen "Anti-Japaner" Album "Jap Jew" von COSTES (mit Songtiteln wie "The Jap Uses The Black To Kill The White") besteht. Es bringt wohl nichts, zu versuchen dies hier weiter auszuführen. Fest steht, dass "Racially Yours" eines der bizarrsten Alben der Rockgeschichte ist, bei dem es überhaupt nicht verwundert, dass es von so einem Berufsironiker wie BOYD RICE zum Kult erhoben wurde. Wer humoristische Alben aus diesem Umfeld schätzt - erinnert sei vor allem an SWAT "Deep Inside A Cop' s Mind" (das wohl einzige Album der Popgeschichte, das sich positiv auf unsere "Freunde und Helfer" bezieht) oder an HATESVILLE - und wer zudem musikalisch etwas mit einer COCOROSIE/SMASHING PUMPKINS-Kreuzung anfangen kann, dem sei, seit nunmehr schon sechs (oder 16) Jahren, "Racially Yours" ans Herz gelegt.
P.S. So richtig zum totlachen witzig kann man solche Alben allerdings nur finden, wenn man ein bisschen balla ist oder dank elterlicher, strenger P.C. Erziehung ein Knacks fürs Leben weghat (solche Leute sind entschuldigt). Interessant sind bei solchen Alben jedoch vor allem die Reaktionen der Presse bzw. der Konsumenten. Gerade zu "Racially Yours" werden seitenweise Rezis verfasst, oft verbunden mit langen Ausführungen zum Begriff der Ironie oder mit spitzfindigen Beweisführungen, warum dieses Album für den multikulturellen Frieden heilsam bzw. schädlich ist. Viele Rezensionen gibt es im Netz, diese hier ist z.B. gut, während dieser Rezensent geradezu köstlich Angst um sein Seelenheil hat.
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Zusammenfassung
Low-Fi Pop Folk
1. Truth
2. Holidays 4 King
3. Sorry I'm White
4. White Guy
5. 400 Years
6. Racially Yours
7. Now You Know You're Black
8. White Like Me
9. My Slave
10. Freedom
11. Whitefully Dead
12....
Inhalt
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