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Micha W.

Botho Strauß: Rumor

Geschichte eines Verfalls


Botho Strauß: Rumor
Genre: Literatur
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum:
1985 (Erstausgabe 1980)
Medium: Buch
Preis: ~8,00 €
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Bekker ist ein Intellektueller in der Midlifecrisis. Nachdem er nach einem Versuch, jenseits seines gewohnten Umfeldes Fuß zu fassen, reumütig in den Schoß seines alten Arbeitgebers zurückkehrt ist, trifft er wieder auf Grit, seine erwachsene Tochter, zu der er durch die Scheidung von seiner Frau seit gut einem Jahrzehnt keinen Kontakt mehr hatte. Kurzerhand zieht er bei ihr ein, zumal er auch noch keine Bleibe in seiner neuen alten Heimat besitzt. Schon bald merkt Grit, wie sehr ihr Vater gealtert ist. Geistig oft abwesend, fahrig wirkend und dem Alkohol stetig mehr zusprechend, entspricht er so gar nicht mehr dem Bild des so scharfsinnigen wie überlegenen Beobachters, das sie in Erinnerung hatte. Um Bekker wieder aufzubauen, fahren die beiden zusammen nach Österreich in einen ausgedehnten Urlaub. Kurzzeitig scheinen die Bemühungen auch zu fruchten, als der Aufenthalt wegen einer unaufschiebbaren Operation Grits abgebrochen werden muss, da sich Bekker doch nun in der Verantwortung sieht, seine Tochter zu pflegen, und die Möglichkeit hat, all die Vernachlässigung während der Dekade der Trennung zu kompensieren. Doch insgeheim sehnt er sich nach mehr: Schon vor dem Krankenhausaufenthalt Grits malte er sich in Gedanken eine Affäre mit seiner Tochter aus...

"Rumor" ist der Roman eines verfallenden Mannes, und zwar in beiden Bedeutungen des Wortes: Bekker verfällt physisch und psychisch so, wie er seiner Tochter verfällt, wobei es gerade die Hingebung an sie ist, die ihn - wenigstens zeitweise - davor bewahrt, vorzeitig zum Greis zu werden und sich gänzlich zu isolieren.

Auch wenn es eine grobe Rahmenhandlung gibt, stellen Bekkers (teils gedankliche) Ausführungen und Erinnerungen einen nicht unwesentlichen Teil des Romans dar und lassen das eigentliche Geschehen immer wieder in den Hintergrund treten. In ihnen spiegelt sich die äußere Handlung dahingehend, dass sie eine Weltsicht offenbaren, deren Bestätigung sich im Leben von Vater und Tochter nachzeichnet: Die Erde ist ein trauriger, ein trostloser Ort, an dem die Menschen ziel- und orientierungslos umherirren, ein Ort, von dem sich jede höhere Instanz abgewandt hat, seien es wie auch immer geartete göttliche Entitäten, sei es ein Schicksal, das allem Willkürlichen und Beliebigen einen höheren Zweck verleiht, oder seien es Ideale, deren Erfüllung zu einem guten und zufriedenen Leben führten. Teilweise gleiten diese Gedankengänge Bekkers geradezu in einen Bewusstseinsstrom hinein, Bekker springt im Geiste, seine Ausführungen werden assoziativ, und immer schwerer wird es, ihnen zu folgen, bis sie schließlich jeden Sinn zu entbehren scheinen.

Als ungetrübtes Lesevergnügen ist das nicht zu bezeichnen, zumindest nicht, wenn man eine konventionell erzählte Geschichte erwartet, die zudem noch unterhalten soll. Keine Frage, man muss sich auf "Rumor" einlassen, muss von der eigenen Leseerwartung Abstand nehmen, doch hat man dies erst einmal vollbracht, belohnt Botho Strauß den Leser mit seiner beklemmenden Vision der (Post-)Moderne, die ihren Bewohnern keine andere Option als ein gleichermaßen bedeutungs- und per se auswegloses Leben bietet. Die Hölle, das ist die Tristesse, das ist die Welt: "Aber auch jener Tag wird kommen, da sie allein darniederhockt, alleingeblieben an diesem Totenort, in dieser Kachelwüste, und dann sehen wir sie wildgeworden mit den Fingernägeln an der verschlossenen Erde kratzen. Aber hier ist Tartarien. Hier kann man weder Grab noch Nahrung ausbuddeln. Tiefer geht es nicht runter als die zugekachelte Erde ist."


 
Micha W. für nonpop.de



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Zusammenfassung
"Rumor" ist ein Roman von außergewöhnlicher Sogkraft, der sich der Leser nur schwer zu entziehen vermag, wenn er seine Scheuklappen in Form konventioneller Lesehaltungen erst einmal abgelegt hat.

Inhalt
Botho Strauß: Rumor. Roman. 231 Seiten.
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