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Roy L.

Ô Paradis

...to live is to feel and not to be born. To die is to forget and not to...


Ô Paradis
Kategorie: Rezension
Wörter: 2980
Erstellt: 10.12.2005
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Als ich mir vor einiger Zeit ein junges katalanisches Projekt namens Ô PARADIS zum ersten Mal zu Gemüte führte, hätte ich nicht zu glauben gewagt, dass meine unmittelbare Begeisterung für diese wundervolle Musik irgendwann in ein Interview münden könnte. Bekannt durch seine Kollaborationen mit ALLERSEELEN und NOVÝ SVET ist Demian längst zu einem vertrauten Gesicht in der Szene geworden. Über mehrere Wochen hinweg haben wir uns in zahlreichen E-Mails ausgetauscht und Stück für Stück ein Interview montiert. Dabei ist mir klar geworden, dass Demian mit ganzer Seele in Ô PARADIS steckt und Ô PARADIS wiederum mit dem ganzen schwer kategorisierbaren Eigensinn dieser Musik in ihm verbogen ist. Über Glaube und Leidenschaft, Mond- und Sonnenschlangen, Himmel und Hölle wird in den folgenden Zeilen zu lesen sein...


Hallo Demian, nur kurz ein paar einleitende Worte:
Mit Ô PARADIS hast Du ein sehr eigensinniges und innovatives Projekt ins Leben gerufen, das, aus welchen Gründen auch immer, oft als "Folklore magico" bezeichnet wird, einen starken mediterranen Einfluss besitzt, aber auch post-industrielle Elemente beinhaltet. Wo siehst Du Dich selbst in dieser Neofolk/Industrial Subkultur angesiedelt? Wie würdest Du beschreiben, was Du mit Ô PARADIS kreierst?


Ich denke, dass man in einer Subkultur nicht einfach ein paar Bands unter einem einzigen Namen zusammenfassen kann, das ist auch nur Mode. Letztendlich bleiben dabei nur eine ganze Menge Webseiten übrig, die wiederum eine ganze Menge neuer Bands ankündigen, nur um damit Geld zu machen. Ich kann mir nichts kulturelleres vorstellen (im Sinne eines Gegensatzes zu sub-kulturell, Anm. d. Redaktion). Aus diesem Grund glaube ich nicht an die Genrebezeichnung "Post-Industrial", sondern nur an große Werke. In dem Moment, da man für eine Bewegung eine Bezeichnung findet, können wir von einem Anfang vom Ende eines Subkulturkonzeptes sprechen, aber das ist meiner Meinung nach auch nicht so übel. Ich kann von einer Subkultur nur dann sprechen, wenn ich etwas über die Einstellung und das Leben des für sich allein gesehenen Künstlers weiß.
Ô PARADIS haben sehr viele Einflüsse, ich liebe Musik aus den 80ern und auch einige neuere Projekte von Industrial über Pop, Folk, Elektroakustik bis hin zu Schlafliedern. Aber das alles wird eingehüllt davon, dass ich meine Texte und Melodien erschaffe, um mich selbst, Gott und die Frauen besser verstehen zu können.


Deine Musik und speziell Dein Gesang erscheint oft sehr melancholisch, sinnlich und bewegend, manchmal aber auch heiter oder aggressiv. Würdest Du diese Gefühlsambivalenz als etwas typisch Spanisches betrachten oder eher als etwas, das typisch für Dich selbst ist?

Das ist einfach zu beantworten. Manchmal bin ich wütend und manchmal fühle ich Zärtlichkeit für jeden von uns. Ich nehme an, dass jedes Lied einer anderen Intention bedarf. Die Leute in Spanien schreien sehr oft, das hasse ich. Ich mag Menschen, die sanft sprechen und ihre Musik bei hoher Lautstärke hören.


Deine neue 7" "El Juego Negro" wurde mit den Worten angekündigt, ebenso mit dieser Ambivalenz zu experimentieren, wobei jede Seite ein eher lustiges und ein trauriges Lied enthält. Tatsächlich zeigt dies, wie sehr diese beide Gefühle ineinander verschlungen und verschmolzen sind. Es heißt auch, dass Heiterkeit und Traurigkeit nur zwei Gesichter des selben Wesens seien, geradeso wie sich alle Kontraste in einer Essenz vereinigten. Was hältst Du davon?

Ja, Traurigkeit und Heiterkeit sind dasselbe, genau wie heiß und kalt. Wenn du ein Thermometer zur Hand nimmst, kannst du sehen, wie die Temperatur herauf und herunter geht, aber diese beiden Konzepte sind nicht entgegengesetzt, es sind nur die verschiedenen Stufen einer Treppe. Das gleiche gilt für Liebe und Hass. Wenn man jemandem gleichgültig gegenüber gesinnt ist, befindet man sich gerade in der Mitte dieser Balance, was bedeutet, dass man diesen Menschen weder liebt noch hasst. Die äußersten Gefühle dagegen liegen so nahe beieinander. Das ist ganz einfach der Grundgedanke der hermetischen Weisheit. Durch den Willen kann man gewöhnliches Metall in Gold verwandeln und etwas zur Hitze bringen, das vorher kalt war.


Dein neues Album "La Boca del Infierno" fühlt sich wie ein dunkler und schräger Höllentrip an. Die Stücke sind weniger eingängig und weisen mit einigen harschen Klängen teilweise einen aggressiveren Unterton auf. Das war doch nicht nur ein Experiment? Eine Art innerer Drang, den Du entladen musstest? Oder wirst Du in diesem Stil fortfahren?

Oh! Du besitzt sehr viel Intuition. Das Album ist nicht einfach nur ein Experiment, sondern auch die Antwort auf eine Notwendigkeit aus persönlichen Erfahrungen. Ich habe das Album sehr schnell aufgenommen, aber ich bin glücklich mit dem Resultat. Ich fühlte mich damals, als würde ich ein Monster ausspeien, das nicht mein eigenes war, ein wenig schmerzvoll, aber nun liebe ich es. Mein Plan für die Zukunft ist, all die Lieder zusammenzustellen, die bei allen Veröffentlichungen übriggeblieben sind, alte wie neue Stücke und ich denke, dass man in dieser Anthologie die komplette Kosmologie von Ô PARADIS vorfinden wird... verschiedene Stimmungen, Persönlichkeiten und stilistische Referenzen. Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, wird diese Sammlung aus 32 Titeln bestehen. Danach muss ich mich erst einmal ausruhen und mir mehr Zeit lassen um neues Material aufzunehmen. Aber das wird wieder sehr überraschend werden... für mich auch, weil ich nie die Kontrolle über meine musikalische Richtung habe.


Die Gestaltung des Albums zeigt die entblößten Geschlechtsteile einer Frau, die als Eingang zur Hölle tituliert werden. Das scheint alles, als hättest Du ein Konzept ausgearbeitet, das sich sehr tief ins Innerste des Menschen und speziell des weiblichen Aspektes hineingräbt. Haben wir etwa dort die Hölle zu suchen? Welche Vorstellung hast Du von der "Hölle"? Und, im äußersten Kontrast dazu, was bedeutet das "Paradies", also "Ô Paradis", für Dich?

Himmel und Hölle sind dieselbe Träne. Wir haben darüber schon bei einer anderen Frage gesprochen. Ich glaube nicht an schlechte oder gute Dinge, ich glaube daran, nah oder fern vom Verständnis zu sein. Die Distanz zwischen Weisheit und Unwissenheit. In meinem Geist habe ich Erinnerungen von himmlischen Erfahrungen und Erfahrungen, die ich mir wie die Hölle zurückrufe, aber das ist eben nur meine verzerrte Sicht der Welt. Ich bin wie ein Kind, aber ich würde liebend gern mit dem Herzen verstehen, wie wir unsere Höllen in ein gemütliches Zuhause verwandeln können. Dieser alchemistische Prozess ist wirklich komplex. Wir sprechen hierbei über "Serpiente de Luna, Serpiente de Sol", die zwei Kräfte, die uns Leid zufügen, denn die beiden Schlangen befinden sich in einem ewigen Kampf untereinander. Aber sie helfen uns auch erwachsen zu werden. Es sind definitiv diese beiden Kräfte, die uns zum Leben antreiben.
Ich habe die weiblichen Geschlechtsteile dafür hergenommen, weil dieses Bild perfekt zum Album passt. Es ist kein sexuelles Album, wahrscheinlich sogar das am wenigsten sexuell motivierteste Album von Ô PARADIS, aber das Cover hat zwei Bedeutungen: es ist die Tür, durch die wir in die Welt hinaustreten oder durch die wir in die Hölle hineingeboren werden. Es kommt ganz auf die Perspektive an. Und natürlich ist es auch eine Erinnerung an eine schwierige, persönliche Beziehung...


Im Innenteil des DigiPaks zitierst Du eine Zeile des spanischen (?) düsterromantischen Dichters Tilo Nurmi. Nun, kannst Du uns ein wenig über ihn erzählen, und was hat er wohl mit der deutschen Gothic/Darkwave Band LACRIMOSA (deren Protagonisten Tilo Wolf und Anne Nurmi heißen...) zu schaffen? Das Zitat funktioniert für das Konzept recht gut, da der Accent auf dem "ó" in "corazón" (dt. "Herz") ja auch eine Art Eingang symbolisiert. Hast Du es mit dieser Intention verwendet?

Tilo Nurmi ist ein Dichter aus Chile. Er hat mir in der Vergangenheit einmal geschrieben, um ein paar Veröffentlichungen von Ô PARADIS zu kaufen, aber letztendlich habe ich ihm meine Alben zugesendet und er mir seine Gedichtbände. Das ist sehr viel besser, weil wir auf diese Weise erst gar nicht mit Geld in Berührung gekommen sind. Ich weiß nicht, ob sein Name in irgendeiner Beziehung zu LACRIMOSA steht, ich hoffe nicht, haha. Diese Worte habe ich in der Gestaltung von "La Boca del Infierno" benutzt, weil ich es mag, die Kunst von Leuten zu verwenden, für die ich Sympathie empfinde und weil ich denke, dass er recht gut schreibt, eine Mischung aus bizarren und romantischen Gedichten. Die Bedeutung dieser Zeile ist eine kleine zynische Spielerei mit dem Wort "corazón".


Bevor Ô PARADIS existierte, hieß Dein Projekt "Dakshineswar" nach dem Namen eines indischen Tempels. Lieder wie "Felicidad" und "El Bhagavan" haben diese asiatischen und insbesondere hinduistischen Einflüsse weitergeführt. Auch auf dem neuen Album ist wieder ein leicht orientalischer Einschlag in einigen Klängen und Samples zu vernehmen ("De Espaldas", "El Sangre"...). Erzähle uns doch bitte etwas über dieses geheimnisvoll exotische "fernöstliche Gesicht" von Ô PARADIS...

Die fernöstlichen Samples, die ich für dieses Album benutzt habe, stammen aus Japan. Das kommt daher, weil Tairy, Jürgen und Ulla, die Leute von LUFTWAFFE und ich sieben Tage in Tokio verbracht haben, und ich war wirklich glücklich über dieses Abenteuer... Ich habe ein Land gesehen, dass ich liebe und ich habe in Tairy von AIT! einen wunderbaren Menschen kennen gelernt. Ganz ernsthaft, Tairy ist ein Freund meiner Freunde und ohne Zweifel ein großartiger Künstler und Dichter.
Aber es stimmt, dass ich in anderen Werken den Hinduismus gebraucht habe, um über spirituelle Gedanken zu sprechen, weil ich die Worte eines indischen Gurus sehr liebe, der eine ganz poetische Vorstellung von Gott hat.


Ach ja, richtig, in Tokio warst Du Teil des NOVÝ SVET Auftritts. Und für September war ja eigentlich ein Ô PARADIS Konzert in einer kleinen Kapelle in Toulouse geplant, das jedoch bedauerlicherweise vom Veranstalter abgesagt wurde. Also, wann werden wir hier in Mitteleuropa Dein erstes Konzert erleben dürfen? Und wie würde eine Ô PARADIS Performance aussehen? Hast Du Gastmusiker für die Bühne?

Wir haben bisher fünf Konzerte gespielt, aber immer in Spanien. Ich denke, die Leute in Spanien sind meiner inzwischen ein wenig müde geworden, haha. Zurzeit besteht die Möglichkeit in Russland zu spielen, aber es ist noch nichts sicher. Ich würde sehr gern nach Mitteleuropa kommen wollen, aber im Moment habe ich noch keinen ernsthaften Veranstalter gefunden. Auf der Bühne sind wir drei Leute. Ich muss mich an dieser Stelle bei Raul bedanken, der den Synthesizer bedient und mich mit seiner ruhigen Sicherheit auf der Bühne inspiriert. Die Performance ist jedes Mal verschieden, es hängt ganz vom Augenblick ab. Ich hoffe, dass wir eines Tages bei Dir in der Nähe spielen werden.


Stimmt es, dass Du früher in der recht bekannten spanischen Pop-Rock Band FANG involviert warst, dem Projekt von Jaume Garcia, der all Deine Platten produziert hat?
Von Gerhard (ALLERSEELEN) weiß ich, dass Du eine Art Nebenprojekt namens ARNICA hast. Kannst Du uns bitte mehr darüber erzählen...


Jaume von FANG ist ein guter Freund von mir. Bei seinen Auftritten habe ich Bass gespielt und er masterte alle meine älteren Veröffentlichungen. ARNICA ist das Projekt eines anderen Freundes, ich spiele dort kein Instrument, aber ich singe auf einem ihrer Lieder. Immer, wenn ich mit jemanden zusammengearbeitet habe, war es, weil wir eine gute Beziehung zueinander hatten. Es ist interessant, aus der eigenen Perspektive herauszutreten und die Welt mit anderen Augen zu sehen.


Auf diese Weise scheinst Du ja auch ein ganz inniges Verhältnis zu Jürgen und Ulla von NOVÝ SVET zu haben. Was gäbe es denn über den Aufnahmeprozess Eurer beiden Kollaborationsalben zu sagen? Wie habt Ihr die Distanz überbrücken können, als die beiden damals noch in Wien lebten?

Am Anfang haben wir das erste Album aus der Entfernung aufgenommen, und unsere Beziehung wuchs mit jeder E-Mail. Später haben wir eine Zeit lang zusammengewohnt und jetzt leben sie im gleichen Land wie ich. Ich muss sagen, das Jürgen mein Retter gewesen ist, weil er meine Einstellung zum Musikmachen völlig verändert hat. In diesem Moment ist unsere Beziehung mehr eine Freundschaft als eine musikalische Zusammenarbeit. Über die Zukunft kann ich noch nichts sagen, weil ich noch nichts darüber weiß. Von hier aus möchte ich einen Kuss an Jürgen und Ulla senden.


Du und Jürgen, Ihr habt vor einiger Zeit mit diesem seltsamen Hoodoozauber angefangen (natürlich nicht zu verwechseln mit Voodoo...). Kannst Du uns ein wenig über dieses mysteriöse Ritual aufklären?

Der große HooDoo ist ein Gott, der niemals antwortet. Das ist ein Spiel unter Freunden. Der seltsame Meister, dem wir niemals folgen werden und es gab da auch ein seltsames Gesetz, das wir eines Tages aufgeschrieben haben, aber letzten Endes hat sich diese Idee noch nicht gänzlich offenbart.


Ein anderes Motiv, das viele Deiner Lieder durchzieht, ist das Gefühl von Einsamkeit, "soldedad", wie es im Spanischen heißt. In einigen vergangenen Interviews hast Du gesagt, Du wärest auf einer ständigen Suche, eine Art spirituelle Reise in Dein Inneres. Ist es das Schicksal des "Suchers", immer auf sich allein gestellt zu sein, die salzig-süße Einsamkeit auskostend? Hilft Dir die Musik auf diesem persönlichen Weg?

Ich glaube nicht daran, meine spirituellen Erfahrungen mit anderen Leuten teilen zu können, weil jeder Mensch Gott auf eine andere Weise erlebt. Das verwandelt meinen Pfad in eine einsame Reise. Dann glaube ich auch, dass all diese verschiedenen Sekten eine Lüge sind, weil es unmöglich ist, dass mehrere Leute dasselbe fühlen. Das wäre Suggestion und für mich ist eine kollektive Suggestion keine echte Erfahrung. Ich muss dazu sagen, dass dies einfach nur meine Meinung ist. Ich liebe Christus, weil ich weiß, dass sein Leidensweg viele Male auf dieser Erde durchlebt wurde und es spielt überhaupt keine Rolle, ob Jesus nur eine Legende oder eine realexistierende Person ist, seine Worte sind völlig wahrhaftig und schön. Ich möchte sagen wollen, dass die Menschen an Dinge glauben müssen, die sie berühren oder bezeichnen können, aber normalerweise, sind die Dinge, die wirklich unser Leben verändern, unsichtbar und abstrakt.


Auch weil Du einen solch persönlichen, individuellen Glauben lebst, scheint man in Deinen Texten und Aussagen ein gewisse Nähe zu Hermann Hesse herauslesen zu können. Für das Intro von "Sepiente de Luna, Serpiente de Sol" zitierst Du darüber hinaus einige Zeilen des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa. Wie sehr beeinflusst Literatur Deine Arbeit als Musiker und Dich als Menschen?

Meine Name ist Demian weil meine Eltern Hermann Hesse lieben. Ehrlich gesagt habe ich von Hesse bisher nur "Demian", "Bajo las ruedas" ("Unterm Rad") und El lobo estepario" ("Der Steppenwolf") gelesen, aber seine Bücher besitzen einen Glauben, der mein Herz tief berührt. Pessoa war wirklich großartig. Ich habe gelesen, dass Pessoa und Crowley für eine Performance in Portugal zusammenarbeiteten, eine Art Magick Show. Ich mag es einfach über Dinge zu lesen, die mich interessieren. Zum Beispiel lese ich gerade ein japanisches Buch, weil ich in Tokio war und ich mich in diese Stadt ganz verliebt habe. "Das Kybalion" ist sicher ein gutes Buch um verborgene Antworten zu verstehen, aber man kann einen großen spirituellen Führer und Freund beispielsweise auch in Ramakrishna finden. Ich denke gerade, dass ich Deine Frage gar nicht beantworte... nun... natürlich, alles, was man liest, hört, berührt, schmeckt, usw. hat einen Einfluss auf die Arbeit und manchmal können einen die Geschichten, die in den Worten eines Buches versteckt sind, inspirieren. Ich denke, dass gerade Pessoa perfekt zum Konzept von "Serpient de Luna, Serpiente de Sol" passte.


Lass mich bitte noch auf einen Deiner älteren Texte zurückkommen. "La Sagrada Escritura" spricht mit sehr starken Gefühlen und Bildern von einer "heiligen Weisheit" in jeder Zelle der Natur, reflektierend, dass die Schöpfung ein permanenter, lebendiger und aktiver Prozess ist. Fühlst Du Dich selbst als "Schöpfer", wenn Du Musik machst? Würdest Du Deine Musik als etwas Heiliges, Religiöses betrachten?

Ehrlich, ich bin immer überrascht, wenn ich mir meine Texte noch einmal durchlese. Am Anfang schreibe ich aus meinen Zweifeln, meinen Gefühlen und Leidenschaften heraus... aber später verstehe ich die wahre Bedeutung dieser Lieder. Es ist, wie wenn man sich am Morgen an einen Traum erinnert, letztlich weiß man dann, warum man von diesen seltsamen Dingen geträumt hat. Ich bin mir sicher, dass wir nicht die Autoren unserer Werke sind, wir selbst geben nur den Willen und unsere Erfahrungen hinzu. Mit anderen Worten, kein ernsthafter Künstler kann sich die Form seines Dämons auswählen. Natürlich glaube ich, dass jeder kreative und destruktive Prozess ein magischer Prozess ist, denn Gott spricht durch unsere besten und schlechtesten Taten.


Das ist wahr. "God is in our actions." - ich kann mich daran erinnern, dies auf dem Cover Deiner "Desterrado" 7" gelesen zu haben. Jedoch, - wenn Du mir eine so persönliche Frage erlaubst - kennst Du nicht auch diese trostlosen Momente, in denen man all dieses Glaubens und dieser inneren Magie ermangelt. Wenn da nur ein Gefühl der Leere ist, das durch nichts ersetzt werden kann. Ich denke, dass dies jedem einmal im Leben widerfährt. Was ist es dann, dass Dich in solchen Momenten an Deinem Glauben festhalten lässt?

Dies wird das letzte Ô PARADIS Interview für einige Zeit sein und ich möchte versuchen, Deine wundervollen Fragen so ehrlich wie möglich zu beantworten. Ich stelle mir gerade Dich und mich vor, wie wir uns nicht über E-Mails austauschen, sondern auf einem Schiff über dem ruhigen Ozean sitzen und dabei plaudern. Dann fragst Du mich über die Leere jener Menschen, die "suchen" und ich verstehe, dass ich Deine Fragen nur auf eine intellektuelle Art beantwortet habe, über Dinge sprach, die meinem Herzen fremd sind und ich fühle diese Leere gerade in mir. Aber manchmal sind die Zweifel wie der Wind, der unser Schiff vorantreibt und uns erlaubt, diese angenehme Unterhaltung zu führen. Ich bin mir sicher, dass wenn unsere Suche uns nicht zerstört, sie uns zu besseren Menschen macht. Nun trinken wir darauf und erfreuen uns unseres Zusammenseins, denn für einige Momente sind wir nicht allein und können die Leere hinter uns lassen.


Darauf trinken wir, herzlichen Dank für das Gespräch, Demian.


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Ô Paradis
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