Autor: Christian Kapke
Dieses Interview mit Axel Frank von WERKRAUM erschien in gekürzter Fassung im italienischen RITUAL Magazin (12/04) im Rahmen eines Cold Spring Spezials. Die englische Version des Interviews gibt's hier. Axel Frank wird übrigens auf dem kommenden Flammenzauber als Musiker bei der Formation STURMPERCHT in Erscheinung treten. INTERVIEW mit WERKRAUM für Ritual/Italien. Autor: Gianfranco Santoro 1) Werkraum ist ja mittlerweile gut bekannt durch die interessante "Unsere Feuer brennen! "auf Cold Spring. Kann man das nun als ein "Debut Album" bezeichnen? Wir glauben nämlich, Werkraum ist gar kein Newcomer mehr � "Unsere Feuer brennen !" ist schon ein Beginn, ein Einstand und Debutauftritt. Die eigentliche Gründung Werkraum's liegt jetzt beinahe 7 Jahre zurück und was zu diesen Zeiten geschah, Konzerte, Projekte und Aufnahmen sind Perioden, die ich hinter mir habe, die nichtsdestoweniger aber notwendig waren. Es ist also nichts verloren und alle Veränderungen, personell wie musikalisch-stilistisch waren gewollt und gut so. Frühere Veröffentlichungen und eine Reihe Samplerbeiträge gab es natürlich, so dass es nicht das erste ist, was vielleicht der ein oder andere von mir zu hören bekommen hat. Aber etwas hat seine Spuren hinterlassen müssen und schlussendlich offiziell: "Ja, bitte sehr. Es ist uns eine Ehre. Dies ist unser Debut!" 2) Wenn du bereits vor der "UFB" aktiv gewesen bist, warum wird Dein Name nur selten mit anderen deutschen, nennen wir sie Neofolk Bands, wie Forseti, Dies Natalis, Orplid, Sonne Hagal oder Darkwood assoziiert, um nur einige zu nennen. Ich finde, es scheint eher, dass Du gar nicht unbedingt Teil einer "deutschen Szene" zu sein brauchst, wenn ich da nicht falsch liege ... Die Bezeichnung "Szene" an sich ist schon etwas ziemlich Seltsames. Persönlich halte ich nicht sehr viel von ebensolchen Gruppenzugehörigkeiten. Einem freien Denken nicht nur in musikalischer Hinsicht sind sie nicht sehr förderlich. In Verbindung mit oben genannten Gruppen gebracht zu werden ist natürlich schmeichelhaft und wäre ehrenvoll. Ich bin mir aber nicht sicher, wie oft oder ob das in meinem Fall überhaupt bisher geschehen ist. Aber wir kennen uns z.T. und ich habe große Achtung für ihrer künstlerischen Arbeit. Mir ist es letztlich egal, wozu man am Ende gezählt wird. Wenn ich irgendwie dazu gehören sollte, dann ist das ok, wenn nicht, dann kann ich auch sehr gut damit leben. Die Musik entsteht ganz unabhängig von solchen Dingen. Die anderen Gruppen fühlen sicher ähnliches. Und es bedarf eigentlich nirgendwo eines "Teil von etwas sein". Zumal die jeweiligen Interessen und persönlichen Einflüsse vieler Gruppen sicherlich so vielfältig sind, wie man es sich kaum vorstellen kann. Etwas gar Einheitliches als musikalischen oder gar philosophischen Hintergrund kann man daher vielleicht von vorn herein in Frage stellen. Aber es ist nur eine Vermutung meinerseits ... 3) Der Titel deines Albums klingt nach einer Art Statement. Kannst Du es näher erläutern? "Schlaf in Frieden, Alter. - Unsere Feuer brennen !" Mile Budak's "Herdfeuer". Diese Verse waren zuerst als Beilage zur "Za Dom Spremni" Compilation zu finden und wurden später von mir mit Von Thronstahl nocheinmal vertont. Es ist ein sehr altes, kroatisches Volkslied. Irgendwann habe ich dann lieber noch eine eigene Fassung gemacht, die als titelgebendes Stück auf dem Album allerdings wegfiel. So kam es, dass nur noch die Metapher übrigblieb. Ja, Du kannst es als eine Art spirituelle Bekräftigung deines Selbst auffassen. Nicht im völkisch-bündischen "Lagerfeuer"- oder gar politischen -Sinne, wie es der Bezug zu Kroatien nahe legen kann, aber auch einige Kritiker des Albums aufgefasst haben wollen. Es ist ein Album, dass von Feuern erzählt, von Babylon, Kriegen und Türmen ... 4) Einige sehr schöne akkustische Lieder wechseln sich mit einigen obskuren orchestralen Stücken ab. Ist dies eine natürliche Entwicklung innerhalb des Albums oder war es eine besondere Entscheidung, "UFB" in verschiedene Konzeptabschnitte zu unterteilen? Das ist eine gute Frage. Ich habe darüber selbst schon nachgedacht. Ob eine bestimmte, bewusste Absicht von Anfang an verfolgt wurde, lässt sich schwer sagen, da viel Intuition dabei war. Der aufmerksame Hörer wird jedoch eine Verwandtschaft feststellen können zwischen ganz bestimmten Liedern. Wenn ich jetzt von allem den Schleier lüfte ... Nein, das werde ich lieber nicht. Es gibt überdies etwas, sagen wir, Verbindendes, Orthodoxes, eher als Geist in den ganzen 11 Liedern. Nick von Lady Morphia meinte, durch die choralen oder auch orchestralen Elemente bekäme das Ganze beinahe etwas "Kaiserliches". Bleibt nun offen, ob es sich um einen weltlichen oder einen heimlichen, metaphorischen Kaiser handelt, gar einen antiken oder was auch immer. Etwas Erhabenenes? Einen Augustus? Wirklich, nicht schlecht, die Formulierung ... 5) Wie hat die Zusammenarbeit mit Lady Morphia und Harvest Rain eigentlich begonnen? Beide scheinen doch (musikalisch zumindest) etwas unterschiedlich zu Werkraum zu sein. Nick ist ein sehr guter Freund. Unabhängig davon, dass ich ihm und seinem musikalischen Schaffen großen Respekt zolle, verbindet uns sehr viel. Erst vor Kurzem haben wir wieder hier in Berlin eine sehr gute Zeit zusammen verlebt. Wir haben viele gemeinsame kulturelle und geschichtliche Interessen ... Wie hat es angefangen? Eines Tages hat er mir, glaube ich, geschrieben, weil er etwas von Werkraum gehört hatte, was ihm wohl gut zu gefallen schien ... Wir haben schnell unsere gemeinsamen Vorlieben hinsichtlich des künstlerischen "Weimars" entdeckt, wobei ich zugeben muss, dass mein Interesse daran eher diffus ist und sich hauptsächlich auf das Metaphysische von Lyrik usw. erstreckt. Was das Historische betrifft ist Nick vielmehr der absolute Kenner. Ich weiß nicht, es war auch etwas ganz natürliches, irgendwann gemeinsam mit der Musik anzufangen. Ähnlich verhält es sich mit Jason Thompkins. Ich beneide Jason um die Abgeschiedenheit, in den Wäldern South Carolinas, in denen er lebt. Und die Inspiration, die Harvest Rain daraus schöpfen kann, ist etwas sehr spezielles. Genau dieses wünschte ich mir auch für das Album. Ich betrachte die Zusammenarbeit als eine große Bereicherung und ich meine eigentlich nicht, dass Lady Morphia und Harvest Rain so sehr unterschiedlich zu Werkraum sind, was das Musikalische an sich angeht. Natürlich ist jeder für sich etwas Eigenes und die stilistische Eigenheit beider Gruppen kann ich hier nur unterstreichen. Aber wiederum ist da vielleicht ein gemeinsamer Geist, eine Leidenschaft, was alle 3 zu verbinden scheint und seine Früchte trägt. So, als ob ein jeder von sich etwas in den großen Kelch wirft ... 6) Hattest Du auch Kontakt zu anderen Labels vor Cold Spring? Wenn ja, wie waren die Reaktionen? Ja, es gab auch Kontakte zu anderen Labels im Vorfeld. Schließlich bin ich dann aber bei Cold Spring gelandet. Ich verdanke ihnen viel. Sie arbeiten sehr professionell und ich bin sehr zufrieden mit unserer Zusammenarbeit. Wirklich! Außerdem glaube ich, sind Justin und ich auf einer gewissen gleichen Wellenlänge in mehrfacher Hinsicht, abgesehen vom Bier ...... ! Es ist sehr angenehm, entspannt und kameradschaftlich, was mir sehr wichtig ist. Ich richte hiermit meinen aufrechten Gruß aus! Zum Wohl, Justin! 7) Mythologie, Krieg, Natur ... welches sind die nicht-musikalischen Einflüsse (und möglicherweise eine Philosophie) von Werkraum? Eine Philosophie als solches? Das kann ich nur schwer in Worte fassen. Nach vier Gläsern Wein laufe ich außerdem Gefahr, Dir einen Haufen Bären aufzubinden ... Nun, die Zeiten ändern sich und es finden sich vielerlei Dinge, für die es sich lohnt, Begeisterung aufzubringen. Jacob De Vitriaco in Gustav Meyrinks "Leonhard" ist eine Gestalt, über die ich oft nachdenken muss. Vielleicht sollte man mal etwas dazu machen ... Ansonsten ist die inspirierende Natur hier im Herzen des Molochs Berlin recht eingeschränkt in ihrer Entfaltung. Aber ich habe mir einen seltenen Edelweiß aus den Bergen im Süden mitgebracht. Hoffentlich hält er durch ... 8) Wie wird man heutzutage am besten NICHT zur klassischen Neofolkkapelle, die ja mitunter eher für ihre vom Hörer vermuteten Hintergrunde als nach ihrem musikalischen Talent beurteilt werden? Ich weiß nicht genau, wie andere urteilen. Da spielt sicher auch eine gewisse Erwartungshaltung beim Hörer die Rolle. Aber würde man von mir jetzt eine Art Empfehlung oder dergleichen erwarten, wie man sich entwickeln sollte? Für mich gilt die Frage: wer weiß schon, was morgen ist? Wenn es notwendig ist, dann wird aus der ganzen Sache etwas völlig anderes. Natürlich passt man insgeheim vielleicht ein wenig auf, eben nicht in ein paar Klischees zu verfallen, die viele erwarten und ebenso viele am Ende verabscheuen würden. Nicht, dass Werkraum im Moment nicht auch das ein oder andere Klischee bedient hätte, davon will ich mich gar nicht freisprechen. Aber hinsichtlich zukünftiger Dinge werde ich vorsichtig sein, etwas ganz grundsätzliches verlauten zu lassen oder zu versichern, was ich am Ende nicht erfüllen kann. Aber das nächste Album ist seit ca. zwei Monaten in Arbeit, passende Gäste für dieses Vorhaben sind bereits gewonnen. "Schlaf in Frieden, Alter!", das Motto ist erst mal vorbei ...
Archivar für nonpop.de
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
|