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Tony F.

4. Neon-Welt-Festival

TWILIGHT RITUAL, ECHO WEST, etc.


4. Neon-Welt-Festival
Kategorie: Vorschau
Wörter: 815
Erstellt: 10.10.2006
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Neben der Möglichkeit, an diesem Wochenende das MASCHINENWELT-Festival zu besuchen, gab es noch die Gelegenheit, das 4. Neon-Welt-Festival im Bochumer ZWISCHENFALL aufzusuchen, welches diesmal über zwei Tage verteilt stattfand. Besonderer Anlaß für diese größere Veranstaltung war die Veröffentlichung des WIERD-Samplers vom gleichnamigen in Brooklyn (USA) beheimateten Label, auf dem einige Bands des Festivals vertreten sind. Aus diesem Grund war das Line-up international mit zeitgenössischen Bands besetzt. Zudem hatte man abermals eine Kult-Formation der Minimalelektronik gewinnen können: TWILIGHT RITUAL aus Belgien. 


Der Freitag ging mit der aus Miami stammenden Band STACCATO DU MAL auf einem eher überschaubaren Niveau los, da eigentlich relativ gewöhnlicher Retro-Minimalelektro geboten wurde. Allerdings konnte man einige Zeit damit verbringen zu erraten, welche Sprache der Sänger denn nun benutzte, bis wir uns endlich auf das auch naheliegende Spanisch geeinigt hatten. Danach zog es uns in das eine Etage tiefer liegende Cafe, in dem wir uns nett verquatschten, so daß ich von der nachfolgenden Band nur nebenher etwas mitbekommen habe. 


Als Headliner für den Freitag waren ECHO WEST gebucht, die in ihrer üblichen Besetzung als Duo den Auftritt absolvierten. Der Bühnenaufbau wurde stimmungsvoll durch einen Tisch mit Kerzen ergänzt und am Bühnenrand wurden bewegte Bilder an die Wand projeziert. Die Setlist des Abends wies im Vergleich zum letzten von mir besuchten Auftritt der Band in Leipzig einige Änderungen auf. Allerdings wurde auch an diesem Abend der Schwerpunkt auf die neue Veröffentlichung "In Pop we trust" gelegt. So wurden "In Pop we trust", "So kalt", das mitreißende und grandios poppige "Hitchhike to Biscuitland" aber auch das krachige "Daring a new pain" sowie das auch schon in Leipzig eher am Schluß zu findende Instrumental "Neonsalem" mit DIRK am Baß gespielt. Allerdings wurden auch ältere Stücke wie "Time of brokened ties" von der "Echoes of the west" oder das beeindruckende "Menschen der Stadt" von der "Some thought us dead" berücksichtigt. Insgesamt absolvierten ECHO WEST einen sehr professionellen und launigen Auftritt, bei dem dann auch erstmals richtig Bewegung ins Publikum kam. Als dann noch als Zugabe mein Lieblingsstück der Band "You want to be afraid" gespielt wurde, waren meine Erwartungen an diesen Auftritt mehr als erfüllt. 


Nach einer irgendwie zu kurzen Nacht fand man sich am nächsten Abend an gleicher Stelle ein, um den aus meiner Sicht insgesamt besseren Teil des Festivals zu erleben. Los ging es mit dem schwedischen Trio AGENT SIDE GRINDER. Die zunächst mit einem atmosphärischen, monoton-hypnotischen Intro begannen, welches demonstrativ von einer alten Bandmaschine abgespielt wurde. Anschließend bot man dem Publikum eine Mischung aus Minimalelektronik und durchaus auch moderner, tanzbarer Elektronik. Gerade der Sänger machte den Auftritt mit seinen teilweise gebotenen, extravaganten und extrovertierten Tanzeinlagen bei den schnelleren Stücken zu einer druckvollen Angelegenheit, die insgesamt überzeugen konnte. 


Anschließend machte sich das Ein-Mann-Projekt MARTIAL CANTEREL daran, das Publikum mitzureißen. Das amerikanische Projekt ist ein Vertreter des konservativen Retro-Minimalelektro, welches schon mit Platten wie "Confusing outsides" überzeugen konnte. Der Bandname bezieht sich übrigens in dem Sinne nicht auf den Begriff "Martial". Martial Canterel ist eine Romanfigur aus RAYMOND ROUSSELs "Locus Solus" - ein Erfinder seltsamer Geräte und Traummaschinen. Das eigentlich beeindruckende an dem Auftritt war, daß die gesamte Musik inklusive Gesang live von einer Person erzeugt wurde. Gerade für Minimalpuristen war es interessant zu hören und zu sehen, wenn die Drumcomputer und Hardware-Sequencer zu Beginn der Stücke in der Geschwindigkeit justiert werden mußten oder Sounds regelrecht zugeschaltet wurden. Diese Live-Darbietung gepaart mit den tanzbaren Songs ließ deshalb kaum jemanden kalt. 


Als Headliner des Samstags und des Festivals hatte man es wieder einmal geschafft, eine echte 80er Kult-Band nach Bochum zu holen. TWILIGHT RITUAL sind ein belgisches Elektro-Duo, welches zunächst Anfang der 80er Jahre tätig war. PETER BONNE war dann 1985 Gründungsmitglied von A SPLIT SECOND, die im damals aufkeimenden ElectronicBodyMusic-Sektor für Furore sorgten und auf deren Konto einige echte Club-Hits gehen. Nach dem Ende von A SPLIT SECOND wurden TWILIGHT RITUAL 1993 noch einmal reaktiviert, wobei man sich dann mehr dem Ambient zuwandte. Bei ihrem Auftritt im ZWISCHENFALL legte man den Schwerpunkt natürlich auf die Frühphase der Band. Begleitet von projezierten Clips bot die Band einen sehr überzeugenden Auftritt. Der Sänger, GEERT COPPENS, wirkte zunächst noch etwas nervös, fand aber nach dem spürbaren Wohlwollen des Publikums immer mehr in die Songs, so daß seine Performance später etwas Manisches oder auch Verzweifeltes hatte, was gerade auf das hervorragende und live sehr beeindruckende "I never called you a dream" zutraf. Ein weiterer Höhepunkt war sicherlich auch "Amorphous Materials", das mit Projektionen von Kriegsbildern aufwartete, was aber aufgrund der zurückhaltenden Gesamtperformance nicht klischeehaft wirkte und auch nicht in das gewollt-provokative Fach abdriftete. Natürlich durfte auch der melancholische Hit "Closed circuit" nicht fehlen. Nach diesem hervorragenden und eindrucksvollen Auftritt der sympathisch und geerdet wirkenden Band endete schließlich der zweite Tag des Festivals. Nach diesem nun vierten Teil der Festival-Reihe kann man eigentlich nur hoffen, daß diese Veranstaltung ähnlich gehaltvoll weitergeht.


 
Tony F. für nonpop.de


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