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Michael We.
Angespielt: PETER EÖTVÖS, POEMSS
Aktuelle Reviews in Kürze
Kategorie: Spezial
Wörter: 647
Erstellt:
16.02.2014
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PETER EÖTVÖS: Kosmos WERGO, Januar 2014, CD
Als "Uraufführungsmaschine" hat ihn die FAZ mal bezeichnet. Allein mit dem ENSEMBLE INTERCONTEMPORAIN lieferte der ungarische Komponist und Dirigent PETER EÖTVÖS zwischen 1978 und 1991 mehr als 200 Werke ab. Zahllose Preise hat er abgeräumt, zuletzt den Goldenen Löwen der BIENNALE DI VENEZIA, und gilt damit als einer der wichtigsten aktiven Komponisten unsrerer Zeit. Zu seinem 70sten Geburtstag im vergangenen Januar veröffentlichte WERGO mit "Kosmos" eine CD mit drei neu eingespielten Kammermusikwerken. Höhepunkt ist mit der "Sonata Per Sei" (2006, für zwei Klaviere, drei Percussionisten und ein Sampler-Keyboard) der Opener. Spannungsgeladene, energetische Klavier- und Synthesizerläufe wetteifern in einem Dialog, es mischen sich Klassik - impressionistische Klavierperlenschnüre - mit Progressive- und / oder Jazz-Anklängen. Die drei Schlagzeuge bleiben nie bloße Begleitinstrumente, sondern geben Rhythmus- und Tempowechsel vor. Für mich klingt die Sonate wie ein Meer mit Wellen, Strudeln, Sturm und Untiefen, sehr dicht. Vor allem die Schlagzeuge rufen Unmengen an verschiedenen Sounds ab, weben ein Netz, das den Hörer einfängt. Ein Klangerlebnis! (Auf Seite 2 könnt Ihr die "Sonata" in einer mitgeschnittenen Livefassung von 2006 sehen!) FRANK ZAPPA, den EÖTVOS sehr bewunderte, ist "Psalm 151" (1993) gewidmet. Vier Schlagzeuge sollen Trauer und Wut ausdrücken, die EÖTVOS damals nach dem Tod ZAPPAs empfand, was auch über die Länge von 19 Minuten gelingt. Es dominieren dumpfe, rollende Trommeln, die sich phasenweise immer wieder durch schnelle, stakkatoartige Schlägen verdichten. Das Titelstück "Kosmos" entstand in seiner Urfassung bereits 1961, als EÖTVÖS 17 Jahre alt war. Er schrieb es als Hommage an den von ihm verehrten BÉLA BARTÓK und dessen Klavierzyklus "Mikrokosmos". Außerdem soll ihn der bevorstehende Weltraumflug GAGARINs inspiriert haben. "Kosmos" wirkt deshalb auch sehr impressionistisch, mit fliegenden und flirrenden Staubteilchen, Tiefe und Weite, Urknall und Dunkelheit. Die beiden Pianos nutzen die komplette Klaviatur, schaffen zwischendurch auch die liebliche Atmosphäre eines eleganten Raumfluges. "Kosmos" belegt die Vielseitigkeit und den Ideenreichtum von PETER EÖTVÖS; das Album schlägt die Brücke zwischen Klassik und moderner Komposition, Neuer Musik. Eine fantastische Reise durch die Gehirnwindungen des Ungarn.
POEMSS: ~ PLANET MU, Februar 2014, CD/LP
Manchmal bringen Zufälle wunderbare Alben hervor. Zufällig haben sich JOANNE POLLOCK - eine kanadische Künstlerin und Producerin aus Toronto - und der ebenfalls aus Kanada stammende AARON FUNK - macht elektronische Musik unter dem Pseudonym VENETIAN SNARES - in Europa getroffen. Wieder zuhause, spielte JOANNE ihrer neuen Bekannschaft ein paar Takte Musik vor, und die beiden verstanden sich so gut, dass sie sich regelmäßig zwischen Januar und März 2013 in AARONs Haus in Winnipeg trafen und dort als POEMSS ihr gleichnamiges Debüt aufnahmen. Wer VENETIAN SNARES kennt, wird in eine falsche Richtung gelenkt, denn das gemeinsame Album hat nichts mit harter Elektronik zu tun, sondern besticht durch wunderschönen, avantgardistischen Dreampop. Die ersten beiden Stücke geben einen guten Überblick: "Ancient Pony" (01) schimmert warm und weich, mischt digitales Zwitschern mit schönen Synthietönen und -melodien, die oft nach progressiver Musik der 1970er-Jahre klingen. Der weibliche Silbengesang erinnert an KAMMERFLIMMER KOLLEKTIEF, die umwerfend sonore Männerstimme - keine Ahnung, ob sie bearbeitet wurde - liefert einen äußerst lyrischen Vortrag dazu. "Heads On Heads" (02) beginnt mit PC-ähnlichen Sounds, aufsteigenden Blasen einer Traumwelt. Hier singen JOANNE und AARON zunächst im Duett, das Stück klingt nach Wave der 1980er, und Vergleiche mit AND ALSO THE TREES, BLACK TAPE FOR A BLUE GIRL oder TRISOMIE 21 ziehen sich auch durch das gesamte Album, allerdings in ein modernes Soundgewand mit vielen Spielereien gepackt. Im weiteren Verlauf wechseln sich lange, zirpende und plingende Instrumentalpassagen (oft untermalt durch gesampeltes Schlagzeug) mit kürzeren Vocal-Passagen und Stücken mit nur ganz dezenter, tupfenartiger Untermalung plus Gesangs- oder Sprechstrecken ab. Ein Kunstprodukt im besten Sinne, welches Elemente von Neuer Musik, Poesie, Wave und großartige Stimmen vereint und dabei stets rhythmisch bleibt. Schwebende Wattebäusche zum Hören, toll!
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Verweise zum Artikel:
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