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Michael We.

Klein, alt, sexy. Das TRIKONT-Interview

Ein Gespräch mit EVA MAIR-HOLMES über das Münchner Label


Klein, alt, sexy. Das TRIKONT-Interview
Kategorie: Spezial
Wörter: 983
Erstellt: 18.08.2012
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Eure Sampler hast Du schon angesprochen. Ihr bietet eine unendliche Bandbreite von der "La Paloma"-Serie über Afroamerikanische Gefängnismusik bis hin zur Bayern-Anthologie. Gibt es eine gemeinsame Linie, gemeinsame Werte für Compilations auf TRIKONT?

Es gibt ja den einen Strang, das sind diese historischen Sachen, die wir machen. Wir hatten eine Serie, die hieß "Rare Schellacks", das waren praktisch Aufnahmen von Schellacks, bayerische, österreichische, aber auch Berlin, die einfach nicht mehr zu kriegen waren, die's nicht mehr gab. Und da haben wir mit Sammlern gearbeitet und haben gesagt: Das ist eine musikalische Kultur, die muss da sein, die darf nicht einfach verschwinden. Das ist das eine, da haben wir auch zum Beispiel eine wunderschöne Serie, die heißt "Stranded". Das ist Musik der Einwanderer nach Amerika. Das sind ihre Heimatmusiken, aber schon in ihrem neuen Land. Mit all den Sorgen, die Du dann hast. Mit Trauer, mit Freude, also die finde ich zum Beispiel wunderschön, weil die sehr schön auch beschreibt, was uns dann wichtig ist. Du richtest den Spot auf ein Thema und beleuchtest es. Und kuckst einfach, was für Facetten es da drin gibt, und zwar musikalisch.
Aber es ist schon so, dass wir irgendwann mal festgestellt haben, dass es fast Radio ist, was wir da machen, beziehungsweise Radioersatz. Du kannst Dich bei uns eine Stunde auf ein Thema konzentrieren, hast ein Booklet dabei, was bei uns immer dabei ist, mit gut recherchierten Texten.

Geht es Euch hier also ums Bewahren, ums Festhalten?

Nicht nur. Das ist eben ein Strang. Es gibt Dinge, da wollen wir nicht, dass die untergehen. Unsere KARL VALENTIN-Box, das ist das umfangreichste Gesamtwerk KARL VALENTINs, das es überhaupt gibt! Weil wir einfach gesehen haben: Hey, es kann doch nicht sein, dass so ein Genie so unter Wert auftaucht. Die Bayern haben nicht mal das Archiv gekauft! Das lagert in Köln. Das Archiv von KARL VALENTIN! Das hat damals die Stadt München nicht gekauft, war ihnen zu teuer. Da sagen wir dann: Leute, so geht's nicht. Das waren acht CDs, ein Buch dabei, das war für uns ein großes Risiko, weil das eine hohe Investition war. Und dann merkst Du aber plötzlich, wie viel Interesse die Menschen dran haben.
Das andere sind Sachen, gerade so in dieser Americana-Ecke, oder Black Music, was wir viel mit JONATHAN FISCHER machen, der Journalist ist, da machen wir auch ganz aktuelle Sachen. Aber es hat halt immer ein Thema.

Wer kümmert sich denn um diese zahllosen Sampler, bei vier Leuten plus Praktikant?

Bei den Samplern gibt es das sogenannte Herausgeber-Prinzip. Das heißt, wenn  zu uns jemand kommt mit einer Idee, in einem Bereich, in dem er sich musikalisch auskennt, wo die Idee überzeugend ist, wenn es uns auch interessiert, dann bist Du als Herausgeber der, der die Informationen dazu sammelt. Also wenn jetzt einer käme und nur die Musik hat, das ist zu wenig. Wir unterstützen das in Teilen, es gibt Leute, die können besser schreiben, manche weniger gut, dann macht man das miteinander. Aber jetzt so ein JONATHAN FISCHER, der ein brillanter Journalist ist, der schreibt die Booklets natürlich alle selber. Bei den "Stimmen Bayerns" ist es anders, da sind der ACHIM, ich und ANDREAS KOLL, der auch den VALENTIN rausgebracht hat mit uns, das ist eine Produktion, da machen wir alles selber. Es ist immer so eine Mischung.

ZWIRBELDIRN: A Bier Will I Ham (aus "Stimmen Bayerns - Der Rausch")

Jetzt hast Du mit den "Stimmen Bayerns" aufgehört, was gut zur nächsten Frage passt: Ihr produziert viel Bayerisches. Wie erklärt Ihr Euch den Erfolg? Dialektbehaftete Musik verkauft sich über das entsprechende Bundesland hinaus normalerweise kaum ...

Bairisch ist ein Dialekt, den mögen die meisten Menschen. Mit Bairisch verbindet auch ein Norddeutscher Ferien am Starnberger See, ums mal ganz platt zu sagen. Mit der bairischen Sprache kannst Du wahnsinnig viele Assoziationen erzeugen. Weil Bairisch auch ein sehr soulfuller Dialekt ist. Das andere ist: Es muss schon immer beides sein. Wenn Du sagen würdest, es ist nur der Dialekt, und die Musik ist scheiße, dann geht's natürlich nicht. Aber wenn das zusammentrifft, wenn sich das verbindet, dann glaube ich kann es überall funktionieren.
Bei LABRASSBANDA funktioniert es ja sogar im Ausland. Die spielen in London, die spielen auf dem ROSKILDE, da haben die gedacht, es kommen so 1.000 bis 2.000 Leute. Am Ende mussten sie das Zelt öffnen, und es waren 10.000. Da ist was drin, wo es schon fast wurscht ist, ob Du es verstehst oder nicht. Weil es sich einfach über die Musik transportiert. Die haben in Afrika gespielt, das war ein voller Erfolg.

Bekommt Ihr Rückfragen aus dem Ausland, was den Inhalt angeht?

Den meisten ist es wurscht. Vor allem im Ausland. Da bringst Du die Energie rüber. Umgekehrt ist es ja auch so bei einem richtig knallharten New Yorker Rapper, da ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du alles verstehst, was der sagt, sehr gering.

LABRASSBANDA: Koned (live)

Noch eine Frage zu Dir: In einem Interview habe ich gelesen, dass Du eine New Wave-Vergangenheit hast – wie passt das denn zur Musik von TRIKONT?


Natürlich war das meine Zeit, das war meine Musik, die mich am meisten elektrisiert hat. Trotzdem habe ich ja auch andere Sachen gehört. TALKING HEADS, B-52'S, PATTI SMITH, das waren meine Heroes. Trotzdem war's immer schon so, dass mich am meisten die Musik interessiert hat, die eigen war. Die erste TALKING HEADS-Platte zum Beispiel, die war ja erst mal per se nicht erfolgreich. Aber die hatte was, was mich elektrisiert hat. Insofern passt das. Charts oder so was hat mich nie interessiert.

EVA, vielen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin viel Erfolg und vor allem Spaß mit TRIKONT!


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» TRIKONT-Homepage
» TRIKONT-Shop
» TRIKONT @ Wiki
» TRIKONT @ myspace


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