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   Hallo MATTHIAS! Ich habe gelesen, dass zumindest einige von Euch ihre Kindheit und Jugend in ganz traditionellen Trachten- und Musikvereinen verbracht haben, dass Ihr dort auch auf der Bühne aufgetreten seid. Aus Euch hätte also auch eine Top-Platzierung der Volkstümlichen Hitparade werden können. Was ist passiert?
Grundsätzlich hat ein Trachten- oder Musikverein wenig mit dem volkstümlichen Metier zu tun. Es sind Einrichtungen, die das dörfliche Leben und die bayerische Kultur beleben, bereichern. Man stelle sich Prozessionen vor, Feste, Mitgestalten und vielen Menschen die Möglichkeit geben, in einer Gruppe Musik zu machen oder schöne gemeinsame Stunden zu verbringen. Also prinzipiell gut. Wobei ich / wir in manchen Punkten andere Ansätze vorschlagen würden. Was passiert ist: Junge pubertierende Menschen wollten aufbegehren beziehungsweise ausbrechen. So fand eine Entwicklung statt, die von der 'Kofelmusik', einer klassischen Stubenmusik, über diverse Rockband-Projekte und dann inspiriert vom Steirischen Geigentag, wieder hin zur frischen, wilden, unkonventionellen Volksmusik führte. Euch wird ja generell eine Punkattitüde zugeschrieben, wobei ich beim Hören Eurer Musik wenig Punkiges entdecken kann. Worin äußert sich der Punk? Ist es die Rebellion gegen Traditionelles, Standardisiertes wie Trachten? Allein dadurch, dass Ihr inzwischen anders ausseht? Wir rebellieren weder gegen Trachten noch gegen Traditionelles noch gegen Standardisiertes. Das wollen wir uns nicht anmaßen. Wir haben als Gruppe auch keinen konkreten Standpunkt. Sind nur vier Menschen, die ihre Eindrücke, Erfahrungen, Unsicherheiten und Fragen in musikalischer und textlicher Form veräußern. Wir wollen nicht die Welt erklären oder sagen, wer wie was gut oder schlecht macht. Die Punkattitüde kann ja viel meinen. Was ist Punk? Unser Aussehen ist Teil unserer Entwicklung. Man hat halt so einiges ausprobiert ... Welche Beziehung habt Ihr heute zu Trachten, zur klassischen (endlich ein Klischee) Lederhose zum Beispiel? Eine gespaltene. Zwischenzeitlich ist bei unseren Auftritten die Lederhose ein Tabu. Aber nicht, weil wir sie verachten. Ich glaube, unsere Musik braucht keine Lederhose, um ihren Ursprung deutlich zu machen. Privat trage ich / tragen wir gerne eine Lederhose oder einen Lodenanzug. Hat sich mit der Veränderung Eures Auftretens auch der Name geändert, von KOFELMUSIK (bis 2007) in KOFELGSCHROA? Die Umbenennung in KOFELGSCHROA wurde von Maxis Lehrmeister initiiert. Er hatte ja recht, dass wir eher ein Gschroa als saubere Musik machten, und der Name passte auch besser zu uns und unserer Musik. Wer schreit wen an? Ihr das Publikum? Oder empfinden die Traditionalisten Eure Musik als 'Gschroa'? Wir schreien das Publikum dann an, wenn es unser Singen als Gschroa empfindet, was schon mal vorkommen kann. Gewiss mag es auch dem einen oder anderen nicht gefallen, was wir machen. Traditionalist hin oder her. Nicht so schlimm, und kann man verstehen. Uns gefällt auch vieles nicht. Inwieweit ist das denn noch Volksmusik, die Ihr macht? Die Instrumente sind klassisch, und Elemente wie Jodeln (in "Jäh I Di") kommen auch vor ... Endlich DIE Frage! Darüber kann man, denk' ich, ausgiebig streiten. Kommt darauf an, wie man Volksmusik definiert. In Deutschland und Österreich verbindet man mit dem Begriff 'Volksmusik' fast ausschließlich die traditionelle Volksmusik. Betrachtet man die Sache so, machen wir keine Volksmusik. Was nicht heißt, dass wir traditionelle Volksmusik nicht mögen oder spielen. Im Gegenteil! Nur nicht als KOFELGSCHROA auf der Bühne. In unseren Kompositionen kommen natürlich auch Elemente der Volksmusik vor. Das ist Teil unseres Schaffens, unserer Entwicklung. Da kommen wir nicht aus. Eine Band Ihre eigene Musik beurteilen zu lassen, ist eigentlich blöd. Aber da zu Eurer Musik 3000 Umschreibungen existieren – von Volksmusik-Techno über Kraut-Blasmusik bis hin zu eben Punk –, könnt Ihr vielleicht doch mal helfen: Wie würdet Ihr selbst Eure Musik einsortieren? Ganz schlimm finden wir den Begriff VolXmusik. Was soll das bitte sein? Für was steht dieses X, das von vielen Firmen für ganz tolle Produkte und Erfindungen verwendet wird? Xtreme? Xciting? XXL? Xmas? Erstaunlich, was den Leuten alles einfällt. Wir können ein paar Worte liefern, die aus unserer Sicht auf uns zutreffen. Verträumt, melancholisch, repeat, Freude, Trauer, schön ... Den Rest muss man sich auf unseren Konzerten oder der Platte erarbeiten. In meiner Wahrnehmung sind Bayern und der bairische Dialekt auf dem Vormarsch, allein auf Eurem Label TRIKONT gibt es ja zahllose Beispiele, allen voran wohl LABRASSBANDA. Was, glaubt Ihr, mögen die Menschen am bairischen Dialekt, was gibt er ihnen? Das Gefühl irgendwo herzukommen und irgendwo hinzugehören. Das will jeder Mensch. Gibt es vielleicht eine Sehnsucht nach Einfachheit, nach Urtümlichkeit, die Ihr ja nicht nur mit dem erdigen Dialekt, sondern auch mit Euren Texten über Alltägliches ausdrückt? Der Wäsche auf der Leine beim Trocknen zuschauen – wer kann das heute schon? Die gibt es. In unserer technisch und sozial hochentwickelten und schnelllebigen Welt sehnen sich die Menschen nach Einfachheit. Und kaufen eine Menge Dinge und Dienstleistungen, die ihnen das Leben scheinbar einfacher machen. Wäre es nicht Zeit, diese bayerische Bewegung mal zu koordinieren und eine Bayerische Schule auszurufen, als neues Lebensgefühl, um die Hamburger oder ähnliche intellektuelle Schulen abzulösen mit was Handfestem? Lustiger Gedanke, aber schwierig. Und würde vielleicht auch gar nicht zu uns passen, da wir eher bescheiden und zurückhaltend sind. Und wer sollte dann Direktor werden? Hat Bayern vielleicht deshalb eine Sonderstellung, weil hier das Musizieren zum Leben gehört, von klein auf, im Familienverbund? So etwas gibt es meines Wissens in keinem anderen Bundesland ... Das spielt bestimmt eine Rolle. Ihr tourt momentan nur durch bayerische Städte – ist das Absicht, oder gab es noch keine Angebote aus Hamburg, Frankfurt und Leipzig? Nein, das ist keine Absicht. Wir spielen normalerweise auf Anfrage. Von diesen Städten hat uns noch keine gefragt. Aber Ende August ist eine Tour durch Deutschland geplant. Da werden wir dann in Hamburg, Berlin, Würzburg, Bochum ... zu sehen sein. Darauf freuen wir uns schon sehr, denn dann sehen wir, ob unsere Musik auch außerhalb von Bayern funktioniert. Was für ein Publikum besucht Eure Konzerte, junger Punk oder alter Traditionalist oder beides? Vom alten Punk über den intellektuellen Akademiker bis hin zum jungen Traditionalisten. KOFELGSCHROA im Wirtshaus oder im Club? Beides schön. Spielt Ihr noch auf der Straße, im U-Bahn-Schacht, aus Spaß, so wie früher? Wie reagieren die Leute? Oder habt Ihr aufgrund der zunehmenden Bekanntheit keine Zeit mehr? Ist leider seltener geworden, aber wenn sich die Möglichkeit bietet, ja. Die Leute freuen sich, wenn sie qualitative Straßenmusik zu hören bekommen. Wer sind Sofia und Luise? (zwei Titel aus dem Debüt..) Sofia ist die Hauptstadt von Bulgarien und Luise eine Frau. MATTHIAS, danke für das Interview und viel Erfolg auch außerhalb Bayerns! 
Michael We. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » Hörbeispiel "Eintagesseminar" » Hörbeispiel "Oropax" » Hörbeispiel "Wäsche" » Fernsehbeitrag im BR
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