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Michael We.
Platz da! FEHLFARBEN zum neuen Album
Ein Interview mit FRANK FENSTERMACHER und KURT DAHLKE
Kategorie: Spezial
Wörter: 959
Erstellt:
05.05.2012
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von links nach rechts: Uwe Jahnke, FRANK FENSTERMACHER, Michael Kemner, Peter Hein, KURT DAHLKE, Saskia von Klitzing
Hallo Herr FENSTERMACHER (FF). Hallo Herr DAHLKE (KD). Glückwunsch zum neuen Album! Das ist ja unglaublich druckvoll, so viel Energie... Woher kommt die ganze Power? Sind Sie alle einfach 'gut drauf' zurzeit?KD: Tatsächlich waren wir bei unseren Aufnahmen in Berlin hoch motiviert und voller positiver Spannung. FF: Die fünf Aufnahmetage im HANSA-Studio im November 2011 zusammen mit MOSES SCHNEIDER und PHILIPP HOPPEN sowie die Vorbereitungen dafür standen unter guten Sternen. Gute-Laune-Musik gelingt uns aber trotzdem noch nicht wirklich! Was mir ganz besonders auffiel: PETER HEIN war und ist ein dringlicher, aufrüttelnder Sänger. Aber er klingt oft nicht mehr so - wie sage ich das jetzt - knödelig? Viel befreiter, entspannter, etwa in "Glauberei", "Richtig In Falsch" oder "Hygieneporzellan". Was haben Sie mit ihm gemacht?FF: PETERs Gesang ist emphatisch und hat viele Facetten. Er besitzt, übrigens schon auf "Monarchie Und Alltag", die Fähigkeit, die Stimme der Musik anzupassen. Ich würde eher sagen, dass die Stücke auf "Xenophonie" vielseitiger sind. KD: Auch PETER war zur Abwechslung mal wirklich gut vorbereitet und hatte den größten Teil seiner Texte bereits fertig geschrieben, so dass er die Stücke mitsingen konnte und keine Overdubs machen brauchte, das hat sehr zur Stimmung auf dem Album beigetragen. Was ist übrigens Hygieneporzellan? (Mir fällt da nur ein Nachttopf ein...)FF: Hygieneporzellan ist die Sammelbezeichnung für Sanitärkeramik. Somit auch für die Toilette, dem Ort, wo die bunte Vielfalt des Essens sich zum monotonen Braun mischt. KD: Das ist tatsächlich der etwas werbetechnisch verbrämte Ausdruck für 'Toilettenschüssel'.
Textlich scheint alles beim Alten geblieben zu sein: ein Rundumschlag, jeder kriegt sein Fett ab. Kulturbetrieb, religiöser Wahn, Eurokrise, Analysten, Anarchisten, Unterschichtenfernsehen, Weihnachtsmärkte, selbst der Ex-Arbeitgeber von Ihrem Sänger, wenn ich das richtig deute ("Ich hab doch lang genug gelebt vom Kopieren"). Bleibt da noch wer (oder was) übrig, den (oder das) Sie gerne mögen?KD: Aber sicher, da bleibt noch eine Menge Lebensqualität übrig - aber einer muss es ja sagen, oder? FF: Wir sind nie eine Band gewesen, die reine Liebeslieder macht. Es gibt so viele andere, die das besser können. Zu diesem Thema wurde bereits so viel gesagt, dass es schwer ist, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Außerdem überwältigt uns vermutlich das Thema 'Liebe' nicht mehr so wie in noch jüngeren Jahren. Wie läuft das mit den Texten? PETER HEIN schilderte vor Jahren mal, dass zwar alle Musiker immer Texte mitbringen zu den Aufnahmen, er diese dann aber ablehnt, umändert oder ausschlachtet, also quasi die Hoheit hat...KD: Diesmal war es tatsächlich etwas anders, denn PETER hatte, wie gesagt, fast alle Texte schon dabei und brauchte keinen Input der Anderen mehr. Die Texthoheit hat er sowieso, er muss es ja singen. Ein völlig neues Gefühl war das diesmal, denn sonst hat man bis zum Schluss um jede Textzeile gerungen. FF: PETER hat die Texthoheit. Aber nicht alle Texte von THOMAS SCHWEBEL früher oder mir heute werden abgelehnt. PETER muss sich seinen Gesangstext anziehen können. Er ist kein Heuchler. Einen Großteil der Texte hat er diesmal allein geschrieben. Insofern ist "Xenophonie" ein sehr persönliches Album geworden. Helfen Sie mir auf die Sprünge: "The Flag Drops", ist das tatsächlich der erste englischsprachige Song der FEHLFARBEN? Sind Sie der Meinung, dass die Band internationaler werden muss?FF: Nein, denn ich glaube nicht, dass die Vielschichtigkeit der deutschen Texte PETERs ins Englische übertragbar ist. "Flag Drops" ist einerseits eine Reminiszenz an die englischsprachige Punkmusik. Andererseits passt Englisch eher zum Thema 'Occupy' – vermutlich soll es inhaltlich eher englischsprachige Menschen ansprechen. KD: Das war für uns auch eine Überraschung, dass Peter plötzlich in Englisch singt, aber warum, das weiß bis heute so richtig niemand.... Internationaler? Ich glaube nicht, dass es daran liegt. Unbedingt sprechen müssen wir noch über "Herbstwind", knapp zehn Minuten lang, das letzte Stück. Eine Mischung aus DOORS, PINK FLOYD und EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, sehr luftig, proggig und am Ende eine mächtige Instrumentalpassage. Ein gewollter Ausrutscher, oder zukunftsträchtig?FF: Das Stück basiert auf einem mit meinem ' Hang' gespielten Pattern und ich fand, dass sich das Stück für uns eignet. Der Band gefiel es. Vermutlich bleibt es eine Ausnahme. KD: Das hat sich tatsächlich im Studio so ergeben. Ursprünglich war der Titel etwa 3:30, aber wir haben ihn mit allergrößter Freude bis auf elf Minuten ausgedehnt. Eine etwas kürzere Version ist dann aufs Album gekommen, ich hoffe, man hört die Spielfreude, die wir dabei hatten. Das neue Album spielten Sie, wie schon erwähnt, in den HANSA TONSTUDIOS in Berlin ein, wo schon DEPECHE MODE, DAVID BYRNE, DAVID BOWIE und tausend andere Größen produziert haben. Hatte das einen Einfluss auf Ihre Musik, oder ist die Geschichte vom Flair eines Studios ein Mythos? KD: Nein, es ist genau so. Der Geist und der Mythos scheinen uns völlig weggetragen zu haben. Spaß beiseite, es ist ein Studio, in dem einfach das Arbeiten durch viele Annehmlichkeiten Spaß macht, so hatte jeder Musiker seinen eigenen Raum, in dem er sich ausbreiten und Sounds machen konnte, ohne den Anderen auf die Nerven zu fallen. Und jeder konnte seinen eigenen Kopfhörermix selber mixen, was die Hörsituation angenehm macht. FF: Wir haben diesmal alle Stücke, größtenteils mit Gesang, live eingespielt. Jedes Instrument hatte einen eigenen Aufnahmeraum. Das ist ein großer Luxus. Es gibt nicht mehr viele Studios mit so vielen verschiedenen Raumakustiken.
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