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Michael We.

Wenn ich ein Drone wäre...

Interview mit STEFAN KNAPPE über das Wesen der Drones


Wenn ich ein Drone wäre...
Kategorie: Spezial
Wörter: 971
Erstellt: 28.02.2012
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Drone-Musik sei ein Versuch, die Welt wahrzunehmen und zu verstehen, so steht es im Booklet zu "Drone-Mind // Mind-Drone". Inwiefern kann ich mit oder durch Drone-Musik die Welt verstehen?

Aus einer 'Drone'-Perspektive besteht alles Existierende letztlich aus miteinander verbundenem Klang. Wer die Welt so wahrnimmt, kann ein ewig fortbestehendes, immer wieder überraschendes und faszinierendes universales Orchester erleben, es ist eine globale Perspektive von 'Sein', in der man selbst quasi verschwindet, oder aufgeht.
Ich weiss, es klingt vielleicht wie ein esoterisches Klischee, aber die vollständige und achtsame Wahrnehmung von 'Klang an sich' kann glücklich machen. Die Verbundenheit mit allen existierenden Wesen und selbst Dingen spüren, die von derselben Energie durchflossen werden. Es geht dabei auch um die Fähigkeit, ganz im Augenblick, im 'Hier und Jetzt' zu sein. Wer wie in der Meditation sämtliche Sinneswahrnehmungen erfassen kann, erlebt den 'ewigen Augenblick'. Man braucht dann gar nicht SEIN.
Das ist für mich eine Art, die Welt zu begreifen und zu verstehen, eine Wahrnehmungsweise auch, die keine politische Ideologie oder sonstigen intellektuellen Voraussetzungen braucht. Denn es geht ja gerade nicht ums Denken. Sondern um tiefe, existenzielle Erfahrungen.

Sind Drones religiös? Viele Erklärungen, was Drones sind und bewirken, klingen so... Also nach Naturreligion, Schamanismus, Spiritualität...


Also wenn man sich meine Antwort zur letzten Frage so anschaut, dann kann man das schon als quasi-religiöse Haltung verstehen. Aber eher eine Haltung ähnlich der mystischen Traditionen der grossen Religionen, ohne dass von Gott die Rede sein muss. Erst einmal geht es um 'Wachstum' und 'Verbunden-Sein', das was jedes Lebewesen implizit anstrebt.
Ich würde es noch nicht wirklich 'religiös' nennen, es geht eher um eine bewusste Wahrnehmungsverfeinerung der Welt, bei der dann das mystisch-spirituelle Element quasi durch die Hintertür eintritt (auch wenn man das womöglich nie wollte!). Also nicht: Ich such mir 'ne Religion aus, die mir gefällt, und werd' dann mal religiös, weil es sich gut anfühlt (überspitzt formuliert), sondern: Über Klang als Zugang zur Welt und die inneren 'Geschehnisse' beim Wahrnehmen von Klang ergibt sich praktisch von selbst ein Mysterium, eine ideologiefreie Spiritualität.

Besitzen Drones Deiner Meinung nach irgendeine Art von Intelligenz?

Natürlich nicht, wenn man von der psychologischen Definition menschlicher Intelligenz (IQ-Tests etc.) ausgeht. Wenn ich aber das ganze Universum als beseelte Energieform betrachte, sind Drones so etwas wie Informationsträger des Universums. So ähnlich wie zum Beispiel der Naturphilosoph ANDREAS WEBER die Tiere und Pflanzen als 'Gedanken der Natur' ansieht.
Auf einer anderen Betrachungsebene steckt in 'menschengemachten' Drones (also Musik) die Intelligenz (und Emotion) der Erschaffer. Ein INADE-Drone ist also anders intelligent als ein VOICE OF EYE-Drone. So ist aber auch ein Trafobrummen-Drone 'beseelt' von dem, was ihn erschuf - bin hin zur Ur-Energie, zum Ur-Knall oder was auch immer da passiert ist...

Könnten Drones auch als Waffe eingesetzt werden?

Das werden sie! Ich bin da jetzt kein Spezialist, und da die meist militärische Forschung darüber im Geheimen abläuft, ist die Datenlage ziemlich unklar. Aber es gibt ja bereits im Bereich der 'Non-Lethal Weapons' Geräte, sogenannte Schallkanonen, die sehr gezielt sehr laute Frequenzen bündeln können, mit Reichweiten bis zu 500 Metern. Eine solch hohe Lautstärke kann sehr schmerzhaft sein, das Trommelfell zerschlagen, zu inneren Blutungen führen etc.
Darüber hinaus wird auch immer wieder von Versuchen mit speziellen Brummtönen sowie nicht hörbarem Infra- und Ultraschall berichtet, die einen eher psychisch treffen oder manipulieren (Stichwort Mind Control, HAARP etc.). Aber wie weit die Forschung da bereits ist und was davon eher im Bereich von Verschwörungstheorien anzusiedeln ist, kann man schlecht einschätzen.
Viel besser gefällt mir aber der Gedanke, dass Drones auch eine Art psychische 'Schutzwaffe' sein können. Eine aurale Schutzhülle, die, solange sie ertönt, schädigende Reize abwehrt. Vielleicht eine Art psychisches Proto-Selbst bildend.

Bitte vervollständige den folgenden Satz: Wenn ich ein Drone wäre, dann...

... dazu ein kleiner selbstgedichteter Vers (man summe dazu die Melodie von "Ich wollt' ich wär ein Huhn") (lacht):

Ich wollt' ich wär' ein DRONE
würd nirgends fest mehr WOHN'
ganz körperloses SEIN
- ohne den falschen SCHEIN

STEFAN, Du hast Talent! Wir haben jetzt viel über Drones philosophiert, aber wie gehst Du geschäftlich mit dem Begriff um? Also welche musikalischen Projekte sind Drone genug, um bei Dir veröffentlicht zu werden, welche nicht?

Da verweise ich wieder auf den Anfang des Interviews (Defintion). Ich bin da kein Purist, es sollten Drone-Elemente vorhanden sein, aber vor allem sollte ein eigenständiges klangliches Universum erschaffen werden, eine eigene aurale Welt, die in den Bann zieht. Ich mag eine gewisse Komplexität, das Übereinanderliegen von Klangereignissen, die 'intelligent' (sic!) angeordnet werden. Also eher Komposition als Improvisation.

Mit Deinem Duo TROUM machst Du selbst, wie Ihr es unter anderem nennt, 'Tiefenmusik'. Ist das exakt Deine Vorstellung von Drones, die wir dann auf Euren Alben hören können?

Nein, auch mit TROUM machen wir keine reine Drone-Musik, auch wenn Drones oft auftauchen. Wir bezeichnen das eher manchmal als 'experimentellste Form von Rock oder Folk'. Drone-Folk.
Bei uns spielen sowohl klassische Harmonien beziehungsweise harmonikale Wechsel als auch Geräuschhaftes eine Rolle, beides läuft eher abseits von klassischer Drone-Musik. Natürlich gibt es aber auch einige Stücke von uns, die sehr Drone-haft sind und den fast perfekten Drone enthalten. Zum Beispiel einiges auf "Tjukurrpa 2" oder "SIGQAN".
Für mich perfekte Drones, die ich als 'reine Drones' bezeichnen würde, gab es eine Weile von HAFLER TRIO und gibt es auch weiterhin von DANIEL MENCHE. Hier scheint sich Energie direkt in Drones verwandelt zu haben. Aber ich muss auch sagen, eine 'exakte Vorstellung', wie ein Drone zu sein hat, habe ich nie gehabt. Klang ist so vielfältig und wandelbar, und vermag immer wieder neu zu faszinieren...

STEFAN, vielen Dank für diesen Einblick in die Welt der Drones.




 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» DRONE RECORDS
» TROUM

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