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Michael We.

BOHREN im "Beileid"- Interview

BOHREN & DER CLUB OF GORE über Langsamkeit und die neue EP


BOHREN im
Kategorie: Spezial
Wörter: 1003
Erstellt: 03.04.2011
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Um mit dem letzten der drei neuen Stücke anzufangen: Kaum zu glauben, dass der Titeltrack "Beileid" aus den "Dolores"-Aufnahmen stammt. Fast eine Viertelstunde lang dronige Düsternis und nur ganz wenige Töne. So schwarz und langsam habe ich BOHREN lange nicht mehr gehört. War Euch "Dolores" am Ende zu fröhlich, und Ihr musstet das irgendwie kompensieren?

BOHREN: Dir ist also auch aufgefallen, dass "Beileid" vom Stil her nicht auf "Dolores" gepasst hätte. Wir sind ja immer sehr bemüht, unsere Alben wie aus einem Guss klingen zu lassen. Das heißt dann auch: Wenig Abwechslung und nicht vom eingeschlagenen Pfad abweichen. Wir finden aber nicht, dass "Orgelblut" oder "Schwarze Biene" flotter sind, sie haben aber einen richtigen Refrain und sind nicht so monoton. Ein zweiter Grund, warum "Bleileid" nicht auf "Dolores" gelandet ist, war, dass wir nach etlichem Durchhören mit dem Mix von "Beileid" nicht glücklich waren. Der war wirklich sehr hart ausgefallen. Schlagzeug und Rhodes hatten wie mit Hämmern gespielt geklungen. Irgendwie total überzogen. Wir haben das Lied mit zwei Jahren Abstand also noch mal ganz neu gemischt. Jetzt klingt es so, wie wir es uns vorgestellt hatten: sanft und niederschmetternd.

Zu "Catch My Heart", einem WARLOCK-Cover aus den 1980er-Jahren und dem ersten BOHREN-Stück mit Gesang: Weshalb WARLOCK und nicht DANZIG oder eine andere Band aus Eurer eigenen Metal-Vergangenheit? Wart Ihr früher alle in DORO verliebt? Oder passt das Original, eine recht langsame und traurige Ballade, einfach gut zu Euch?

BOHREN: Zunächst mal haben wir seit 1985 tatsächlich das "Hellbound"-Album von WARLOCK und finden es bis heute fantastisch. Dann wollten wir auch gerne eine deutsche Band covern. WARLOCK kamen aus Düsseldorf. Das liegt genau zwischen Mülheim und Köln. Die ganzen Thrashmetal-Bands aus unserer Gegend fielen leider flach, weil es – mit unserem Tempo gespielt – überhaupt nicht mehr nachvollziehbar wäre, dass es sich um eine Coverversion handelt. Das Ganze sollte ja auch kein Gag oder so sein, sondern eine echte, ernstgemeinte Verbeugung.

Der Promo-Info kann ich entnehmen, dass Ihr Gastsänger MIKE PATTON offenbar schon länger kennt. Woher? Und wie kam es schlussendlich zur Zusammenarbeit, wer hatte die Idee? Wart Ihr zusammen im Studio, oder hat er seine Stimme separat eingesungen?

BOHREN: MIKE PATTON kennen wir jetzt seit circa 10 Jahren. Nach unserem Album "Sunset Mission" von 2000 wollte er uns für sein Plattenlabel IPECAC haben. Da wir aber schon einen Vertag hatten, bringt IPECAC unsere Platten jetzt in Nordamerika und Kanada raus. Alle Jubeljahre sehen wir uns, und er hat uns immer seine Hilfe angeboten. Für "Catch My Heart" hatten wir ihn auch zuerst nicht auf den Schirm. Aber als die Nummer immer langsamer und langsamer wurde, schwanden auch unsere Wunschkandidaten, die so was noch ohne Nervenzusammenbruch hätten einsingen können. Es kam uns auch sehr entgegen, dass er in der Lage war, das Ganze allein bei sich Zuhause einzusingen. Mit AMANDA LEAR wäre das alles sicher sehr, sehr schwierig geworden. Wir sind PATTON unheimlich dankbar und seine Stimme ist einfach wie geschaffen für solche Schnulzen.


BOHREN: Prowler (aus "Sunset Mission")


Ist es von Eurer Arbeitsweise her ein Unterschied, ob Ihr ein Stück mit oder ohne Gesang komponiert und aufnehmt? Was macht den Unterschied aus, oder andernfalls: Wie geht Ihr überhaupt an neue Stücke ran, wie entsteht ein 15-Minüter?

BOHREN: "Catch My Heart" mussten wir nicht komponieren, haben wir bearbeitet, nach- und dann umgebaut, dabei Struktur und Gesangslinie übernommen. Es war viel Arbeit, das für unseren Stil überzeugend umzuarbeiten, etwas Neues heraus zu kitzeln und das gute Original dabei noch durchschauen zu lassen – das ist ja das Schwierige und Wichtige bei einer Coverversion. Ansonsten ist ein Gesangsstück zu schreiben nicht so anders als ein instrumentales – zum Beispiel würde der Sänger einfach die Saxofon- oder Pianomelodie singen, so was gibt unsere Musik ja alles her.
Bei dem Tempo, in dem wir spielen, sind 15 Minuten eigentlich normal. Das passiert schnell, wenn man nicht aufpasst. Es ist viel schwieriger, in vier Minuten so ein Lied hinzubekommen, das dann auch noch eine richtige Popsong-Struktur hat und nicht nur wie ein Intro klingt.

Stimmt es, dass drei von Euch immer noch keine Noten lesen können?

BOHREN: Ja.

Werden die Vocals eine Ausnahme bleiben, oder folgen weitere Stücke mit Sängern / Sängerinnen?

BOHREN: Keine Ahnung. Es muss einfach auch Sinn machen.

Hat denn keiner von Euch schon mal Lust gehabt, selbst zu singen? Nicht mal heimlich im Probenraum?

BOHREN: Auf unserm Demo "Luder, Samba und Tavernen" singt Gaß (MORTEN GASS) bei einem Stück und auch bei "Beileid" und auf "Dolores" hat er für die Chöre einen Vocoder benutzt.

Das Auftaktstück "Zombies Never Die (Blues)" ist wieder ganz anders, geisterhaft durch die Synthie-Drones im Hintergrund und monolithisch vor allem durch die Pauke. Nach der Zukunft von Gesang habe ich ja schon gefragt; habt Ihr generell eine Idee, in welche Richtung das nächste Album gehen könnte, sowohl klanglich als auch was die Länge der Stücke angeht?

BOHREN: Wir arbeiten uns bereits langsam an das nächste Album heran. Es wird klingen wie in Zwitter aus "Sunset Mission" und "Geisterfaust", aufgenommen im Jahre 1969, ganz ruhig und unaufdringlich.

Eure Verweise auf Metalmusik oder -bands sind dieses Mal besonders zahlreich, denn auch das Cover ist ein (haha) Cover, und zwar geht die Gestaltung zurück auf "Fun At The Funeral" der kalifornischen Metalband JESTERS OF DESTINY (1986). Eure Links-Sektion auf der Homepage verweist auf jede Menge Metalbands. Juckt es Euch etwa doch in den Fingern, mal wieder schneller (und härter) zu spielen?

BOHREN: Nein, man genießt eine Metal-Platte auch viel mehr, wenn man sich nicht ständig ärgern muss, dass einem solch ein toller Gitarrenlauf nicht selber eingefallen ist.

Vielen Dank und weiterhin viel Spaß beim langsamen Fahren (teilweise) und Spielen!


Originalcover "Fun At The Funeral"




 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» BOHREN @ myspace
» BOHREN @ Wiki
» BOHREN @ youtube

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