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Michael We.

Nekrogeiger HERMANN KOPP im Interview

Stirb jung, bleib schön ...


Nekrogeiger HERMANN KOPP im Interview
Kategorie: Spezial
Wörter: 631
Erstellt: 26.02.2011
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Hallo HERMANN. Wenn sich ein Thema durch Deine musikalische Arbeit zieht, dann ist es der Verfall, die Nähe zum Tod. Bist Du so einer, der nachts über Friedhöfe schleicht und Knochen ausgräbt?

Du scheinst eine düster-romantische Vorstellung von mir zu haben, wenn ich deine Reviews lese: wallender Nebel, windschiefe Häuschen, morsche Baumstämme, zerfallene Friedhöfe, wo die Leichen noch toter sind als anderswo. Die Realität befindet sich vielleicht in einer anderen Dimension. Aber ich besuche gern Friedhöfe: die im Norden mit dem Geruch nach Moder und feuchter Erde, und die südländischen, mit den Zypressen und Eukalyptusbäumen und den Fotos der Verstorbenen auf den Gräbern.

Würdest Du Dich als morbide bezeichnen? Und wie äußert sich diese Todesnähe in Deinem Leben, abgesehen von der Musik?

Morbide bin ich auf jeden Fall, wenn auch nicht nekrophil. Ich fühle mich angezogen von Dekadenz, Senilität, von Menschen, die die Lebensmitte schon lange überschritten haben. Insofern konnte ich im "Nekromantik"-Stoff einige Affinitäten entdecken! Auch die Isolation und antisoziale Position der Protagonisten kenne ich sehr gut.

In den "Nekromantik"-Filmen geht es ja nicht nur um den Tod, sondern vor allem eben um Nekrophilie. Birgt der Tod für Dich eine erotische Komponente?

Orgasmus als 'der kleine Tod' oder der Tod als eine Art Orgasmus? Wenn auch gesagt wird, dass der Tod eine Tür aufstößt in eine ungeahnte, wunderbare Welt, denke ich, der Prozess selber ist für mich nicht erotisch.

Schon 1981 hast Du in dem Stück "Der Jugendkult altert nie" (s.o.) getextet: "Stirb jung, bleib schön." Wie alt möchtest Du werden?

Jung zu sterben hat ja nun nicht geklappt, also kann ich ebenso gut ein hohes Alter erreichen!

Wie kam es damals zur Zusammenarbeit KOPP / BUTTGEREIT? Als der erste Film 1987 gedreht wurde, hattest Du sowohl solo als auch mit KEINE AHNUNG ja schon einiges Material veröffentlicht. War JÖRG BUTTGEREIT einfach ein Fan Deiner Musik?

Der Kontakt kam zustande durch FRANZ RODENKIRCHEN, der nach dem vorläufigen Ende von KEINE AHNUNG anfing, in Berlin zu studieren. Dort traf er JÖRG BUTTGEREIT, der soeben "Hot Love" gedreht hatte. Für "Nekromantik" suchten die eine Geige im Stil von "Texas Chainsaw Massacre" – minimal und kratzig –, und da bot sich meine Mitarbeit an.

JÖRG BUTTGEREIT hat auch nach "Nekromantik 2" (1991) an vielen weiteren Filmen mitgearbeitet, einige Musik-Clips (zum Beispiel für die KRUPPS) produziert. Warum habt Ihr nicht mehr zusammengearbeitet, zumal Deiner Musik ja ein Großteil des Erfolges der "Nekromantik"-Filme zugeschrieben wurde?

Nach 1991 hat JÖRG nur noch einen Spielfilm gemacht, "Schramm", und da hab ich schon nicht mehr in Deutschland gelebt. Ich habe JÖRG aber vor zwei Jahren bei einer "Nekromantik"-Retrospektive in Spanien wiedergetroffen, und für einen Titel meiner neuen EP "Cerveau D’Enfant" hab ich auch einen Moment dran gedacht, ihn zu einem Videoclip zu überreden, hab den Gedanken aber wieder verworfen. Aber die Zusammenarbeit kann durchaus wieder werden, zumindest von meiner Seite aus.

In "Der Todesking" (1989) hast Du den meines Wissens einzigen Auftritt als Schauspieler, als Badewannen-Selbstmörder. War die Schauspielerei nichts für Dich?

Die Darsteller in den BUTTGEREIT-Filmen waren zu über neunzig Prozent keine 'echten' Schauspieler. Da spielten das Scriptgirl, der Drehbuchverfasser, der Kameramann und eben auch die Musiker. Der Badewannen-Selbstmörder im "Todesking" hatte einige Parallelen zu meinem eigenen Charakter, so dass die Schauspielerei nicht wirklich schwer fiel. Aber ich sehe mich doch eher als Musiker.

Bis heute tobt ja der Streit, ob die "Nekromantik"-Filme Kunst oder übler Splatter-Trash sind. Wie siehst Du sie nach rund 20 Jahren?


"Nekromantik" ist Kunst! Ein Tabu zu brechen und ein Beispiel der Nekrophilie als sexueller Variante zu zeigen, das geht über bloßen Trash hinaus. Wobei natürlich Splatterelemente mit drin sind.

=> weiter


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» HERMANNs Heimseite
» KOPP @ last.fm
» KOPP @ myspace
» KOPP @ GALAKTHORRÖ
» KOPP @ discogs
» KOPP @ Wiki
» KOPP @ facebook

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