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Michael We.

APOPTOSE im Bannwald

Besprechung und Interview. They never returned ...


APOPTOSE im Bannwald
Kategorie: Spezial
Wörter: 958
Erstellt: 17.03.2010
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Musikalisch unterscheiden sich Deine Alben ja deutlich voneinander: Das eisige "Nordland", das rituelle "Blutopfer", das industrielle "Schattenmädchen" und jetzt eben das erdige "Bannwald". Woran liegt es wohl, dass trotz aller Unterschiede die Musik so eindeutig APOPTOSE zuzuordnen ist?

Gute Frage ... Ich glaube, es liegt daran, dass ich, ganz gleich mit welchem Konzept ich gerade arbeite, komplett auf meine innere Stimme vertraue und mir nicht von außen reinreden lasse. Ich gebe meine Stücke immer erst dann anderen zu hören, wenn sie mehr oder weniger fertig sind. Dann lässt sich daran nichts mehr ändern. So entspricht die Musik am Ende 100-prozentig meiner Vision, und meine Handschrift tritt am deutlichsten hervor.
Selbstverständlich bin ich hochgradig befangen, wenn es um meine Musik geht. Mittlerweile habe ich jedoch das Gefühl, dass APOPTOSE einige Alleinstellungsmerkmale in dieser Szene besitzt. Das verstärkt natürlich den Wiedererkennungseffekt.

Das Thema 'Bann' hat Dich schon auf "Nordland" beschäftigt, ein Titel darauf hieß "Nidstang". Das ist eine lange Stange mit einem Pferdekopf obendrauf, mit der der Feind verflucht werden soll. Auch "Blutopfer" ist durchzogen von naturreligiöser, heidnischer Thematik. War das großstädtische "Schattenmädchen" sozusagen ein Ausreißer aus der paganen APOPTOSE-Welt?

Nicht unbedingt, denn die APOPTOSE-Welt, wie Du sie so schön nennst, ist nicht ausschließlich auf den heidnischen Kosmos begrenzt. Heidnische Vorstellungen interessieren mich nach wie vor, aber es wäre mir zu eindimensional, musikalisch und inhaltlich ausschließlich auf diesen Pfaden zu wandeln. Auf "Schattenmädchen" spielten heidnische Vorstellungen nur am Rande mit. Dieses Album thematisierte menschliches Miteinander, die Schatten in einer nächtlichen Großstadt, während die anderen sich eher dem Unbewussten verpflichtet fühlen. Letzten Endes sind dies aber nur verschiedene Seiten einer Medaille.

Du hast wohl recht viele Fans aus dem Black Metal-Umfeld. Ist eben das der Grund, dass Euch thematisch manches verbindet?

Das ist sicher der Hauptgrund. Industrial, Ambient, Neofolk und Black Metal haben große Bereiche, in denen sie sich musikalisch und thematisch überschneiden. APOPTOSE scheint da in einer Schnittmenge zu liegen. Sicher schätzt auch der hartgesottenste Black Metaller hin und wieder Musik, die nicht ununterbrochen ans Limit ausgesteuert ist. Ein schönes Beispiel dafür ist die Band PAYSAGE D'HIVER aus der Schweiz. Die kommen aus der BM-Szene und verknüpfen in ihrer Musik sehr geschickt Black Metal und Ambient. So weit ich weiß, haben sie eine große Anhängerschaft in der Szene und dürften auch für viele Industrial-Freunde interessant sein.

Welche Rolle spielen, nennen wir sie mal 'naturreligiöse Elemente' in Deinem Leben? Geht es Dir in erster Linie um die Musik, wenn Du zum Beispiel die Trommler von Calanda (welche auf "Blutopfer" festgehalten wurden) besuchst?

In diesem speziellen Falle ging es mir um eine absolute Grenzerfahrung. 36 Stunden trommeln in immer denselben Rhythmen. Das verändert einen. Ich wollte danach einfach festhalten, was durch die Trommeln in mir vorgegangen ist. Das hat etwas von einer klinischen Studie mit Medikamenten, bei denen hinterher genau dokumentiert wird, welche Wirkungen und Nebenwirkungen zutage traten.
Davon mal abgesehen nimmt die Natur einen zentralen Platz in meinem Leben ein. Sie ist ein Rückzugsort für meine Seele, ein Platz, an dem ich mich eins fühle mit der stofflichen und der spirituellen Welt. Ganz ohne die Beschränkungen einer ritualisierten Religion. Ich sehe meine Götter zwischen den Bäumen und höre ihre Stimmen im Laub.

Reist Du immer noch so viel in den Norden, nach Skandinavien wie früher? Was findest / fandest Du dort?

Ja, ich bin fast jedes Jahr im Norden. Früher habe ich häufig nach heidnischen Relikten und Vorstellungen geforscht. Das mache ich heute zwar immer noch, aber vor allem finde ich dort Ruhe und Heidelbeeren, die es in Deutschland kaum noch zu geben scheint.

Der preisgekrönte estnische Film "The Temptation of St. Tony" (erscheint vermutlich 2010) verwendet im Soundtrack einen Deiner Songs. Deine Musik ist ohnehin sehr szenisch, oft auch dementsprechend beschriftet. Wäre eine Filmmusik nicht der nächste Schritt?

Wenn ich höre, unter welchem Zeitdruck Filmmusikkomponisten arbeiten müssen, packt mich das kalte Grausen. Ich wäre dafür wahrscheinlich viel zu langsam. Andererseits hast Du natürlich Recht, denn viele APOPTOSE-Tracks eignen sich gut für die Verwendung im Film. Bei "The Temptation of St. Tony" haben sie das Stück "Calanda" vom "Blutopfer"-Album für eine Schlüsselszene des Films ausgesucht. Es ist fast in voller Länge zu hören und wirkt sehr beeindruckend an dieser Stelle. Der Film an sich ist ein absolutes Highlight. Er verbindet  lakonischen Humor, wie man ihn eher aus finnischen Produktionen kennt, mit existenziellen Fragen des menschlichen Seins. Ich hoffe, er wird im Laufe des Jahres auch in Deutschland zu sehen sein. Bisher lief er außerhalb Estlands nur auf einigen Filmfestivals.

Schon Pläne für das nächste Projekt?

Das nächste, das noch in diesem Jahr ansteht, ist eine Neuauflage meines ersten Albums "Nordland". Die Platte ist seit Jahren vergriffen und momentan nur als Download erhältlich. Zu ihrem 10. Geburtstag möchte ich sie gern klanglich etwas aufwerten und mit einem ergänzten Artwork wiederveröffentlichen. Ansonsten gibt es bisher keine konkreten Pläne.

Du hast für "Fire Danger Season" (Besprechung) einen BLUTHARSCH-Track geremixt, Du hast auf "Warrior Creed" mit GARY CAREY zusammengearbeitet. APOPTOSE featuring … – welche Kombination würdest Du Dir wünschen?

Ein Traum von mir ist, ein Stück zusammen mit MARA BRESSI, der Sängerin der italienischen Band BLACK ROSE, aufzunehmen. Die Band ist seit über zehn Jahren in der Versenkung verschwunden, daher wird das wohl ein Wunschtraum bleiben. Die Stimme dieser Frau ist einfach phänomenal. Und ihre Texte ... Mir läuft es noch heute kalt den Rücken runter, wenn ich ihre alten Aufnahmen höre. Es gibt wenige Sänger, die ihr Innerstes so bedingungslos nach außen krempeln, wie MARA es tat.

RÜDIGER, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit "Bannwald"!

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Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» APOPTOSE-Homepage
» TESCO
» APOPTOSE @ myspace
» APOPTOSE @ last.fm
» APOPTOSE @ discogs

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