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Michael We.

APOPTOSE im Bannwald

Besprechung und Interview. They never returned ...


APOPTOSE im Bannwald
Kategorie: Spezial
Wörter: 991


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Hallo RÜDIGER! "Bannwald", so der Titel Deiner neuen CD, kann verschiedene Bedeutungen haben. Zum einen ist ein Bannwald ein schützenswertes, unberührtes Waldstück, also etwas sehr Positives, ein Rückzugsgebiet. Zum anderen steht 'Bann' natürlich für Fluch oder Beschwörung, also könnte es sich um einen verfluchten Wald handeln. Was ist Dein Wald?

Darauf kann ich nur so klar wie unbestimmt antworten: Beides trifft gleichermaßen zu.

Wie sieht es dort aus, im APOPTOSE-Bannwald?

Der Wald erstreckt sich über ein großes Areal irgendwo in Europa. Hier gibt es keinen Förster, keinen Handy- und selten GPS-Empfang. Auf den wenigen Wegen, die hinein führen, trifft man kaum einmal Menschen. An manchen Tagen hängt der Nebel bis zum Nachmittag in den Baumwipfeln und Lichtungen. Tief im Wald gibt es drei Seen, auf denen im Sommer in der Abenddämmerung die Frösche quaken. Eine halbe Stunde Fußmarsch durch das Gestrüpp weiter Richtung Westen ragen riesige kahle Felsen über die Baumkronen. Im Frühjahr und Herbst nutzen die Kraniche sie als Orientierungspunkt auf ihren Reisen. Am Grund der Felsen, deren dunkles Gestein von feinen gelblichen Adern durchzogen ist, haben sich über die Jahrtausende natürliche Höhlen gebildet. Darin wohnten in der Vergangenheit meist Tiere, aber auch Menschen haben dort bereits die kalte Jahreszeit über Schutz gesucht. Im Winter ist es hier sehr still.

Du schreibst in der Info zur CD, die drei Mädchen seien in einem 'norddeutschen Wald' verschwunden. Hat die Umgebung auf "Bannwald", die Du gerade wunderschön beschrieben hast, ein reales Vorbild?

Den im Text genannten Reinhardswald gibt es tatsächlich in Nordhessen. In dieser Gegend kennt man viele alte Sagen, und auch den Gebrüdern Grimm scheint es dort gefallen zu haben.

Und die Geschichte von den drei Waisenschwestern? Stammt sie vielleicht aus einer alten Sage? Ich muss zugeben, beim ersten Lesen der CD-Info habe ich sofort an "Blair Witch Project" gedacht und den fiesen Wald aus dem Film …

Da scheinst Du nicht der Einzige zu sein, denn es haben mich schon mehrere auf die Parallelen angesprochen. Ich kann aber alle beruhigen, die Hexe von Blair ist nicht im Bannwald zu Hause. Ich kenne den Film natürlich, allerdings stammt die Geschichte zu Bannwald eindeutig aus Europa. Ich hörte sie vor langer Zeit, und sie ließ mich seitdem nicht mehr los. Ob es tatsächlich eine Sage mit realem örtlichen Bezug ist, habe ich nie herausgefunden. Ich wollte es auch gar nicht so dringend wissen, denn Geschichten, die ihr Geheimnis bewahren, sind immer die besten. Wer weiß, vielleicht ist es umgekehrt, und diese Geschichte gelangte auf verschlungenen Pfaden in die USA, wo sie den Machern von "Blair Witch Project" als Inspiration diente?

Nimm uns mal an die Hand: Wohin geht die Reise auf "Bannwald"? Was geschieht mit den Mädchen? Und wie spiegelt sich das in Deiner Musik wieder?

Der Text des Stücks "Die drei Schwestern" erzählt die bekannten Tatsachen: Drei Schwestern kehren eines Tages aus dem Wald nicht mehr zurück. Jahrzehnte später tauchen drei mysteriöse Frauen in der Gegend auf, und die Einheimischen erinnern sich an das Verschwinden der Mädchen vor langer Zeit. Ich habe mich gefragt, was mit den Mädchen in dem Wald passiert sein könnte. Die Atmosphäre des Albums zeichnet also meine subjektive Sicht der Geschehnisse nach. Nur so viel: Ich bin mir sicher, dass sie dort nicht umgekommen sind. Aber über alles Weitere möchte gar nicht so ins Detail gehen, um den Hörern Spielraum zu lassen. Jeder soll sich seinen eigenen Reim darauf machen.

Die Figur im "Bannwald" auf dem Cover, die so ähnlich aussieht wie die Strohpuppe in "Wicker Man" und dieselbe Position einnimmt wie Du auf dem Foto unten – wer oder was ist das?

Der Hüter des Waldes.

Dieses Mal sind so viele Elemente wie noch nie bei APOPTOSE zu hören, sogar ein Traditional, das auf vielen Pagan-Seiten auch 'Hexen-Chant' genannte "May the Circle be open". Wer ist die schöne Frauenstimme?

Genau genommen ist es ein Duett von zwei Frauen. Sie heißen LIZ CROW und HEIKE ROBERTSON. Das Lied ist unter Wicca-Anhängern sehr bekannt und wird mittlerweile wohl weltweit auf Hexenzusammenkünften gesungen. LIZ war sehr freundlich zu mir, denn sie gab mir ohne zu zögern die Erlaubnis, diese Aufnahme für "Hexenring" zu verwenden.

Bei so vielen Einzelteilen, den Trommeln, den Stimmen, dem Gesang, den 'field recordings' und und und: Wie muss man sich RÜDIGER beim Komponieren vorstellen?

Es hat etwas Fanatisches, denn ich kann mich wochen- und monatelang an einem einzigen Stück festbeißen, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Dabei verfolge ich nur die Ideen weiter, von denen ich ganz und gar überzeugt bin. Wenn sich etwas für mich nicht stimmig anfühlt, verwerfe ich es. Es gibt bei APOPTOSE also keine halbfertigen Demos oder 20 Stücke auf Vorrat, aus denen ich dann sieben für ein Album auswähle.
Meist beginne ich mit einer Melodie, die das Grundgerüst des Stückes bildet und nach und nach durch Rhythmen, Samples und anderes ergänzt wird. Manchmal sorgt auch die Atmosphäre eines Samples für die Initialzündung. Beim eben erwähnten Stück "Hexenring" begann alles mit der geloopten Tonfolge, die ich mit einer verstimmten Zither aufgenommen habe. Der Gesang kam erst zum Schluss dazu. Beim Track "Im Bannwald" stand am Anfang der nackte Rhythmus, den ich seit Jahren im Kopf hatte und dann zusammen mit dem Fanfarenzug Leipzig endlich adäquat aufnehmen konnte. Manche Dinge trage ich sehr lange mit mir herum und gestalte sie im Kopf aus, bevor ich mich dann irgendwann mit der praktischen Umsetzung beschäftige.

Die Trommeln spielen nicht mehr die dominierende Rolle wie auf "Blutopfer" und zuletzt auf "Warrior Creed". Müssen wir uns langsam vom Leipziger Fanfarenzug verabschieden?

Wer kann schon sagen, was die Zukunft bringt? Ich arbeite sehr gerne mit den Leipzigern zusammen, aber natürlich habe ich noch musikalische Ideen, in denen Trommeln keine so große Rolle spielen wie auf den von Dir genannten Alben.

=> weiter




 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» APOPTOSE-Homepage
» TESCO
» APOPTOSE @ myspace
» APOPTOSE @ last.fm
» APOPTOSE @ discogs

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