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Dominik T.
Schwedischer Death Metal
"Dark were the thorns of crimson death"
Kategorie: Spezial
Wörter: 994
Erstellt:
09.07.2009
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Artikelbewertung:
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Mit Geschichten, Anekdoten, Beschreibungen von Konzerten und Alben nimmt das Buch dann so ohne besondere Vorkommnisse seinen Lauf, bis seine Geschichte des schwedischen Death Metals etwa 2007 endet. Die letzte Band, die er zu Recht lobend erwähnt, sind die noch jungen KATALYSATOR, inzwischen unbenannt in INVIDIOUS. Ebenfalls zu Recht geht EKEROTH, bezogen auf die letzten 10–15 Jahre, etwas die Puste aus. Schwedischer Death Metal ist heute eine Nostalgieveranstaltung und der kommerzielle Durchstart des melodischen „Göteborg Death Metals“ ist auch schon über eine Dekade alt; mit IN FLAMES oder ARCH ENEMY, THE HAUNTED oder gar AMON AMARTH braucht man sich, ungeachtet ihrer Charterfolge, nun wirklich nicht vertieft auseinanderzusetzen. Es werden also im Buch andere wichtige Bands wie GRAVE, TIAMAT, THERION und UNLEASHED in ihrer Entwicklung beschrieben und der erwähnte „Göteborg Death Metal“ und seine Vorreiter AT THE GATES und LIERS IN WAIT, das innerschwedische Gegenmodell zum „schwedischen Death Metal“ der Übervater ENTOMBED, geschichtlich herausgearbeitet. EKEROTH geht bei all dem geographisch vor und schaut sich die Entwicklung der Szene in den einzelnen Groß- und Kleinstädten Schwedens an. Da offenbar in Schweden die Unterstile des Death Metals oft „inselartig“ um verschiedene Städten herum entstanden, mit jeweils lokalen Anführerbands, ein sinniges Verfahren.
Ausführlich wird auch der einzige Skandal referiert, den die schwedische Death Metal Szene zu bieten hat, als nämlich ein NUCLEAR BLAST-Paket voller DISMEMBER „Like An Ever Flowing Stream“-CDs (auch so ein Klassiker, 1991) vom englischen Zoll zufällig ausgepackt wurde und sich aufgrund dessen die Band kurzer Hand vor Gericht gegen den Vorwurf der Gewaltpornographie erwehren musste. Im Speziellen ging es um den Text des Stückes „Skin Her Alive“, der allerdings mit der Gewaltphantasie, dem Häuten einer Prostituierten nach vollzogenem Beischlaf, ganz klar im Death Metal-Splatterdurchschnitt liegt, aber das kann natürlich ein englischer Zollbeamter nicht wissen, außerdem befinden wir uns im Jahr 1992. Da war offenbar noch so manches anders: „Die Zukunft von Death Metal-Texten stand ebenso auf dem Spiel wie die Redefreiheit. Das Ziel der Ankläger war es, derartige Texte rundweg zu verbieten. Also gingen DISMEMBER vor Gericht, um uns alle im Namen des Death Metal zu verteidigen(…) Vor Gericht wurde das ganze DISMEMBER-Album einer Schar von verblüfften Juristen vorgespielt, die vermutlich ihren Ohren nicht trauten und die Texte überhaupt nicht verstehen konnten (…) Glücklicherweise durchschaute der Richter die Absurdität des Ganzen und sprach DISMEMBER in allen Anklagepunkten frei.“
Trotz des Titels „Schwedischer Death Metal“ referiert das Buch auch eine Vielzahl schwedischer Black Metal-Bands (MARDUK, ABRUPTUM …). Im Sinne unergiebiger Definitionsspitzfindigkeiten (Man denke an DISSECTION oder NECROPHOBIC.) ist das zwar verständlich, aber gerade hier wirkt die Absicht des Autors, bloß nicht allzu häufig ins benachbarte Norwegen oder Finnland herüberzuschielen etwas halbherzig. Vielleicht hätte er sich ein Herz fassen und versuchen müssen konsequent ein (noch dickeres) Buch zum Thema „Skandinavischer Extrem-Metal“ zu schreiben, eventuell, um nicht allzusehr in Arbeit zu versinken, mit einem schüchternen Verweis auf „Lords Of Chaos“, hätte er dann die bekannten Geschichtchen des norwegischen Black Metals umgehen können. Interessanterweise findet sich bei der Frage zum Verhältnis zwischen norwegischem Black Metal und schwedischem Death Metal, was sicher auch ein Verhältnis gegenteiliger Überlegen- und Unterlegenheitsgefühle ist, die wohl interessanteste Anekdote des Buches. Interessant, weil sie schlaglichtartig doch einiges mehr enthält als pures Amüsement. Es geht um NICKE ANDERSSONs (ENTOMBED), UFFE CEDERLUNDs (Ex-MORBID, ENTOMBED) und ANDERS SCHULTZs (UNLEASHED) Erinnerung an heutigen „everybody's darling“ FENRIZ (DARKTHRONE). Immerhin eröffnen sie damit eine selten gehörte Perspektive, man ist es ja sonst gewohnt, den norwegischen Black Metal aus Sicht der Sieger geschildert zu bekommen: NICKE: „Ich habe Black Metal nie verstanden, aber auf einmal wollten alle so böse und „ernst“ sein.“ ANDERS SCHULTZ: „Diese Black Metal-Geschichte Anfang der 1990er wirkte damals so unecht. Ich weiß noch, wie DARKTHRONE hier waren, um ihr erstes Album aufzunehmen, und Uffe von ENTOMBED half ihnen, wo er nur konnte. Dann hatten wir ein Grillfest. Wir verhielten uns wie immer, tranken Bier und machten Party. Die Norweger benahmen sich wie Freaks, vor allem Gylfe (Fenriz) lief in einem albernen Cowboyhut herum und bestand darauf, dass man ihn „Hank Amarillo“ nannte. Ein paar Monate später sah man denselben Typen mit neuem Namen und Image, wie er Scheiße über uns erzählte. Was zum Teufel sollte das?“ und UFFE: „Ich hatte Gylve schon früh kennengelernt und hatte eine tolle Freundschaft mit ihm und DARKTHRONE. Sie wohnten sogar bei mir, als sie ihr erstes Album aufnahmen. Auf einmal wandten sich die ganzen Norweger von uns ab, und ich habe seither kaum ein Wort mehr mit einem von ihnen gesprochen. Das alles ist einfach nur seltsam.“ Da soll noch einer sagen, am besten FENRIZ selbst, es sei „engstirnig“, Feindbilder zu pflegen, in Konstituierungsphasen ist es im Gegenteil oft geradezu notwendig. Die Norweger konnten ihre Black Metal-Identität und Kreativität wohl nur über eine abrupte, radikale Ablehnung der direkten Nachbarn entwickeln, egal wie künstlich und eigentlich grundlos das war, und man kann sagen, genau so fangen viele kreative „Bewegungen“ an.
Fazit: Jeder Mitdenker und Mitauskenner, wird bei EKEROTHs Buch viel zu kritisieren finden, doch schmälert das den Gesamtgenuss seines Buches keineswegs. Es ist, wie erwähnt, ein Referenzwerk und wird es wahrscheinlich auch für die Ewigkeit bleiben, nicht nur weil sich ziemlich sicher auch kein Zweiter mehr so eine Mühe machen wird, sondern weil das Fakten-und Insiderwissen EKEROTHs über jeden Zweifel erhaben ist. Dem Buch sind eine Vielzahl von aufschlussreichen Photos und Scans alter Fanzines beigefügt, ganz wunderbar all das. Bleibt zu erwähnen, dass DANIEL EKEROTH selbst in der Szene wohl seit knapp 20 Jahren aktiv und daher für Vieles ein glaubhafter Zeitzeuge ist. Er spielt selbst bei den Bands DELLAMORTE und TYRANT, erliegt aber nicht der Versuchung, das Buch als Werbeträger in eigener Sache zu missbrauchen. Die Übersetzung besorgte der „Looking For Europe“-Autor ANDREAS DIESEL, ihm ist sicher zu verdanken, dass nicht übermäßig vorhandene schriftstellerische Qualitäten nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.
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