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Michael We.

FACTORY RECORDS: Communications 1978-92

Aus dem FACTORY-Poesiealbum der NONPOP-Redakteure


FACTORY RECORDS: Communications 1978-92
Kategorie: Spezial
Wörter: 737
Erstellt: 22.03.2009
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Redakteur: MICHAEL WE.

1) Dein(e) wichigste(r) FACTORY-Band / -Künstler

In vorauseilendem Gehorsam entschuldige ich mich schon mal bei allen JOY DIVISION-Fans. Aber: Ich fand NEW ORDER immer besser. Klar, JOY DIVISION gelten als erste Band der Post-Punk-Ära und und und. Aber die sich anbahnende Atmosphäre der 1980er-Jahre hat von Anfang an niemand besser auf den Punkt gebracht als BERNARD SUMNER, PETER HOOK, STEPHEN MORRIS und GILLIAN GILBERT. Nach dem JOY DIVISION-Vermächtnis "Movement" (1981) wandten sich die vier der elektronischen Seite der Musik zu, fanden schnell ihren eigenen, britisch-unterkühlten Stil. Sie beschäftigten sich mit der rasend voranschreitenden Technisierung, menschlicher Isolation oder falsch verstandenen, verdrehten Emotionen. Ganz im Sinne von FACTORY-Gründer TONY WILSON, der sich platte Liebeslieder auf seinem Label immer verbeten hat. "When your heart grows cold, grows cold, grows cold, grows cold!" (NEW ORDER: "Blue Monday", 1983)

2) Der beste / wichtigste Song, der je bei FACTORY rausgekommen ist


"True Faith" von NEW ORDER (1987), ohne Wenn und Aber. "My morning sun is the drug that brings me near / To the childhood I lost, replaced by fear." Das hat natürlich mit dem Song selbst, vor allem aber mit dem dazugehörigen Video zu tun, für das der französische Choreograph und Tänzer PHILIPPE DECOUFLÉ verantwortlich war. Die sich im Takt zu den knallenden Beats ohrfeigenden, bunten Plastikmenschlein wohnen seitdem in meinem Kopf.

3) Die unterbewertetste Band

JAMES, gegründet 1981 in – selbstverständlich – Manchester. Fantastischer Sänger und – trotz diverser Anleihen bei zum Beispiel den SMITHS – immer unverkennbar JAMES. Leider hat es die Band nicht einmal bis zum ersten kompletten Album bei FACTORY ausgehalten, nur zwei Singles und eine EP erschienen dort. Dann führte eine Mischung aus Drogen, Sekten und einem blauäugigen Labelchef – übrigens nach einer gemeinsamen Tour mit den SMITHS – zur Trennung. JAMES wechselten zu einem Major, stürzten ab, arbeiteten sich wieder nach oben und veröffentlichten 1992 mit "Seven" (darauf: "Born Of Frustration") eines der besten britischen Alben aller Zeiten.

4) Warum war FACTORY stilprägend?


Unmöglich, das in wenigen Worten zu beantworten. Eine Sternstunde? Also das gleichzeitige Zusammentreffen von vielen wegweisenden Ereignissen? Passend zum neuen Jahrzehnt läutete eine Ausnahmeband wie JOY DIVISION auch gleich eine neue musikalische Ära ein. Ein blutjunger Grafikdesignstudent auf der Suche nach einem Job schlurfte zufällig in das Büro von TONY WILSON und verschaffte dem Label von Beginn an eine unverkennbare Persönlichkeit. Auf dem Chefsessel saß ein Idealist, der von den finanziellen Seiten des Managements zwar keine Ahnung hatte, dafür aber den Künstlern völlig freie Hand ließ. Angezogen von diesem Idyll veröffentlichten eine Menge guter Musiker auf FACTORY, auch viele unterschätzte Bands wie die HAPPY MONDAYS, die persönlichen Lieblinge von WILSON, deren fehlende Popularität er im Vergleich zu anderen Bands immer bedauerte. "All we were good at is finding bands no one else wants and getting them to sell a million albums around the world." (TONY WILSON, 2006)

5) Dein 'first contact'?

OMD mit "Electricity". Allerdings zunächst in der Version von 1984 und nicht im FACTORY-Original (1979). Nachdem meine frühe Kindheit musikalisch geprägt war durch die Fernsehsendungen "ZDF-Hitparade" und "Zum Blauen Bock", empfand ich alles, was Anfang der 1980er-Jahre unter "Neue Deutsche Welle" lief, als Erlösung. Die Erkenntnis, dass Wavepop auf Englisch sogar noch besser geht, kam unter anderem mit "Electricity". Der Song lief damals, als man im Radio noch tolle Sachen machen konnte, auf allen Kanälen hoch und runter. Von da aus kam ich rückwirkend zu NEW ORDER und JOY DIVISION.

6) Das Artwork von FACTORY ist ...

... das beste Argument für das Fortbestehen von LPs, wegen der Cover eben. Außer vielleicht 4AD hatte kein Label eine solche 'Corporate Identity' durch Albencover. Die Arbeiten von PETER SAVILLE (der blutjunge Grafikdesignstudent) waren von Anfang an überirdisch – aber auch einer der Gründe für den Untergang von FACTORY. Das Cover von "Blue Monday" in Form einer Floppy-Disk zum Beispiel kostete das Label so viel, dass trotz der millionenfach verkauften Singles und Maxis kaum Geld hängen blieb. SAVILLE konzentrierte sich auf das Wesentliche, selbst Titel von Band oder Album unterzubringen, war Nebensache. Mein Lieblingscover ist "Unknown Pleasures" von JOY DIVISION aus dem Jahr 1979. Eine große, schwarze Fläche mit einem Kleinkunstwerk aus EKG-Kurven (oder einer stilisierten Berglandschaft oder ...) in der Mitte. Für die Wiederveröffentlichung auf CD wurde später unverschämterweise einfach der schwarze Rand abgeschnitten.

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Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» A Factory Discography v7.7
» The CREPUSCULE and FACTORY Pages
» privat weitergeführte FACTORY-Seite
» FACTORY @ Wiki
» WILSON-Interview
» WILSON-Interview (2)
» FACTORY-Dossier
» WILSON @ youtube


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