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Roy L.

"Meine Ehre heißt Reue"

Im Zwiegespräch mit den T.u.T./R.u.R. Fädenziehern



Kategorie: Spezial
Wörter: 856
Erstellt: 16.01.2009
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NONPOP: Ein Anlass dieses Zwiegesprächs bestand ja in der noch aktuellen Veröffentlichung Eurer Edition früher NOVÝ SVĚT-Werke. Beginnen wir also gleich damit: NOVÝ SVĚT ist mit großer Sicherheit eines der bemerkenswertesten Stiefkinder der späten Post-Industrial-Ära. Das Projekt existiert seit mehreren Jahren schon nur noch latent und das Vermächtnis liegt nun mit „Todas Las Primeras Cosas“ gewissermaßen in Euren Händen. Wo und wann habt Ihr NOVÝ SVĚT zum ersten Mal gehört? Seit wann kennt Ihr Jürgen und Ulla persönlich? Was bedeuten Euch NOVÝ SVĚT heute?

LASZLO P.S./SOFIA E.R.: Unsere erste Begegnung mit dem NOVÝ SVĚT-Kosmos ereignete sich in Form einer WORLD SERPENT-Anzeige, in welcher ein Album der Gruppe (so weit wir uns erinnern war es „Faccia a Faccia“) als depressive Endzeitmusik angepriesen wurde. Daraufhin sind wir zu DISPHORIE, einem Pariser Gothic-Metal-Schallplattenladen gespurtet, um diese CD genauer unter die Lupe zu nehmen. Um ganz ehrlich zu sein, haben wir uns beim ersten Reinhören in dieses Album gefragt, wie eine Gruppe, die unserem damaligen Erachten nach wie LES NEGRESSES VERTES und MANO NEGRA klingt, es geschafft hat, auf das Label des BLUTHARSCH zu gelangen... Erst viel viel später, als wir „Chappaqua“ gehört haben, wurden wir unwiderruflich vom NS-Virus infiziert.

Als es darum ging, Beiträge zu unserem LOUIS DE FUNES-Online-Sampler „Les Gourdiflots“ zu gewinnen, haben wir Kontakt mit den NOVÝ SVĚTs aufgenommen. In der Rundmail hatten wir scherzenderweise darauf bestanden, dass es sich „mal wieder“ um einen „totalen ripoff“ ohne Belegexemplare und sonstigen Vergünstigungen handelt. Da es ja in unserer Szene eher andersherum funktioniert (Erst werden die wundervollsten Dinge versprochen und nachher bekommt man nicht einmal eine Bedankungs-E-Mail, geschweige denn ein Exemplar...), ist der Jürgen darauf angesprungen und hat uns gleich zwei Stücke zukommen lassen. (Anm.: Mitwirkende bekamen wider den ungeschriebenen Regeln des Post-Industrials mehrere Belegexemplare und limitierte T-Shirts!)

Beim ersten HauRuck!-Fest hat man sich dann ein erstes Mal gesehen und von da an sah man sich immer wieder und immer öfter.

Rückblickend betrachtet, waren NOVÝ SVĚT ein willkommener erfrischender Hauch in einer verstaubten und schmuddeligen Post-Industrial-Szene. Was andere in der besagten Szene an Radikalität nur vorgetäuscht haben, war bei NOVÝ SVĚT ein unerzwungener und fester Bestandteil nicht nur ihrer Musik, sondern auch ihrer eigentlichen Einstellung. Dass dies nur wenige verstanden haben, ist eben symptomatisch für eine Szene, in der sich hinter ein paar „bösen“ Emblemen und menschlich bzw. politisch unkorrekten Sprüchen ein allzu bürgerliches Spießerdasein verbirgt.


NP: NOVÝ SVĚT wurde ja etwa zur Jahrtausendwende relativ populär in der Szene. Aber wann und wodurch seid Ihr damals überhaupt in den ganzen Industrial- und Neofolk-Kosmos geraten, der für Euer Label heute zwar nicht mehr ausschlaggebend aber doch zumindest immer noch konstitutiv ist. Ich nehme an, die Szene-Initiation geschah noch lang vor Eurer Pariser Zeit? Wer hat Euch da die ersten DIJ- und WHITEHOUSE Mixtapes gereicht?

LPS/SER: Was uns beide in den Industrial-Kosmos gezogen hat, war ganz bestimmt unser Verlangen nach Grenzen brechenden Extremen. Der erste Berührungspunkt war eine 1989 auf CTHULHU erschienene Kassette von ENTRE VIFS, welche nach einem einmaligen "schmerzhaften" Hören erstmal ad acta gelegt wurde. Erst 6 Jahre später, als man BRIGHTER DEATH NOW und ARCHON SATANI entdeckt hatte, wurde dieses großartige Tonband wieder hervorgekramt und gehuldigt, wie es ihm gebührt! Ende der 90er Jahre hüpften wir als leicht zu beeindruckende Desillusionierte auch auf den letzten Waggon des Schmuddel-Neofolks und hörten zum Jahrhundertsübergang sehr viel DIJ, STJ und NON... Damals waren wir in der Tat "zerschmettert im Frieden der Nacht"!





NP: Ein wenig zum Editionsverfahren: Das Doppelalbum zeigt neben einer Handvoll bislang unveröffentlichter Titel, eine Auswahl von Stücken, die fünf der Kassetten aus dem Hause JUNGES WIEN entstammen. Gab es hierfür bestimmte Auswahlkriterien, vor allem was die Komposition der LP-Seiten anbelangt? Hattet Ihr die Bänder selbst vorliegen oder wurden hierfür Tapes aus dem Besitz der Band bemüht? Wurden die Stücke neu abgemischt? Inwieweit waren Jürgen Weber und Frl. Tost selbst in die Herausgabe des Albums involviert?

LPS/SER: Der gesamte JUNGES WIEN-Output wurde uns freundlicherweise zur Zusammenstellung der „Primeras Cosas“ von der Band zur Verfügung gestellt. Während der Auslese haben wir eigentlich nur darauf geachtet, dass die Stücke uns beiden gefallen und auch nicht zu sehr von der typischen NOVÝ SVĚT-Machart abweichen. Die Stücke wurden 1:1 von den Master-Tapes übernommen und von unserem hauseigenen Tontechniker, dem werten jungen Mann, der sich AD ABSURDUM nennt, entrauscht und geringfügig „aufgepeppt“. Es war uns letztendlich wichtig, dass eine gewisse Tape-Ästhetik beim Remastern nicht verloren geht. Ansonsten hatten wir vollkommene Narrenfreiheit...


NP: Wie der Name des Doppelalbums bereits hatte erahnen lassen, ist darauffolgend nun noch der Gegenpart „Todas Las Últimas Cosas“ erschienen. Haben wir es hier dann nach „fin.finito.infinito“ noch einmal mit einem definitiven (auch musikalischen) Schlussstrich zu tun?

LPS/SER: „Todas las Ultimas Cosas“ ist offiziell das letzte Album der Wiener Neo-Kabarettisten. Da dem Hause TuT/RuR jedoch die Sachverwaltung des NOVÝ SVĚT-Archivs überlassen wurde, wird es bestimmt nicht die letzte Veröffentlichung sein. Schon 2009 wird ein weiteres Werk des Labels JUNGES WIEN auf RuR wiederveröffentlicht...


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Treue um Treue / Reue um Reue

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Kommentare
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Guenon / Politik
Dominik T. (18-01-2009, 21:46)
Zunächst , super Interview!

zu den Aussagen zu Guenon: Es ist nicht notwendigerweise "traditional" alles "Politische" möglichst zu meiden, so scheint es hier aber durch.
Vielleicht erschöpfend zu diesem Thema Martin Lings, auch ein ehemaliger Sekretär Guenons und selbst ein bekannter Autor dieser Strömung (http://www.worldwisdom.com/public/authors/details.aspx?ID=25), in "Die elfte Stunde." (Freiburg/B., 1989) im Kapitel "Das politische Extrem", S. 63-82

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