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Michael We.
DEATH IN JUNE: The Rule Of Thirds
Drei Redakteure, drei Meinungen
Genre: Neofolk
Verlag: NER
Vertrieb: Soleilmoon
Erscheinungsdatum:
17. März 2008
Medium: CD
Preis: ~17,00 €
Kaufen bei:
Tesco
Kategorie: Rezension
Erstellt: 12.03.2008
Wörter: 620
Artikelbewertung:
positiv:100% negativ:0%
Der alte Mann und die Gitarre
Als ich von einem neuen DEATH IN JUNE-Album hörte, nahm ich mir vor, keine Erwartungen zu hegen. DOUGLAS P. hat bis Mitte der 1990er Jahre Musik gemacht, die mich vermutlich den Rest meines Lebens begleiten wird. Darüber bin ich sehr froh. Andererseits kamen danach auch Veröffentlichungen auf den Markt, über die ich mich wundern mußte. Nun also, nachdem er sich 2005 schon von der Bühne verabschiedet hat, ein Studio-Alterswerk. Vielleicht – denn er kann nichts und niemanden mehr leiden, das wird auf "The Rule Of Thirds" wieder einmal deutlich – seine letzte CD. Sollte es ein Abschied sein, dann hätte er schlimmer ausfallen können.
Der 'alte Mann' des Neofolk, der wie kein anderer für das Genre steht, arbeitet auf dem neuen Album nur mit Stimme und Akustikgitarre, eine reine Folkplatte eigentlich. Ich stelle mir vor, daß er die Stücke, ganz der trotzige und verbitterte Musiker, einsam im nächtlichen Australien geschrieben hat. DOUGLAS traurig, DOUGLAS enttäuscht, DOUGLAS introvertiert. Dieses Verwehren jeglicher Einflüsse von außen ist hörbar und macht die Musik manchmal eintönig und reizlos. Das Dilemma offenbart sich schon im sechsminütigen Opener: Obwohl sich, mit den ersten Gitarrenakkorden und der einmaligen, samtigen Stimme von DOUGLAS P., sofort ein starkes Gefühl von 'Zuhause' einstellt, erschöpft sich "The Glass Coffin" mit zunehmender Dauer in musikalischen und textlichen Wiederholungen, dem Kreisen um das ewig Selbe. So ziehen die ersten vier Lieder, sich einander ähnelnd, vorüber, bis "Good Mourning Sun" die Lethargie zerreißt. Die hier besonders weiche und elegante Stimme bringt die frühere Eindringlichkeit zurück, ein leiser Anflug von Drums verleiht Energie. Das anschließende "The Perfume Of Traitors" schließlich, sicher nicht umsonst in die Mitte des Albums gesetzt, ist der beste der 13 Songs. Seine dem Neofolk oft eigene Magie hüllt die anderen zwölf Stücke mit ein. Alles paßt: Das geheimnisvolle Flüstern, die zynische Suche nach einem nicht vorhandenen Gott, die dramatische Gitarre (die mich sehr an "We Went To Find The Sun" von CHANGES erinnert) und sogar die Samples ("dass der Sieg erst errungen wäre, wenn alle Kirchen kaputt wären"), die an anderen Stellen der CD oft banal und überflüssig wirken. Am Ende (endlich) auch ein Hauch von Disharmonie. Die zweite Hälfte von "The Rule Of Thirds" gestaltet sich dann durchweg abwechslungsreicher, vom kurzen und, was den Titel angeht, unvermeidlichen "Last Europa Kiss" über den mit erhobener, fast predigender Stimme vorgetragenen Titelsong bis hin zum letzten Höhepunkt "Takeyya" (dem islamischen Prinzip der gerechtfertigten Lüge zuliebe Allahs), bevor der letzte Song wieder in einer Melodie- und Textschleife ins Nirvana wabert. Was fehlt? Nicht Vorhandenes ist, wie immer, schwer zu fassen. Hätte irgendeine x-beliebige Band dieses Album abgeliefert, wäre es wahrscheinlich als 'langersehnte Rückkehr zum wahren Neofolk' etc. bejubelt worden. Es sind viele melancholisch-schöne Songs dabei, der Gesang von DOUGLAS P. ist so gut wie seit Jahren nicht mehr, die Stimme voll und mit Timbre. Auch die Texte, oft ungewöhnlich deutlich werdend, erfüllen alle Erwartungen. Es geht häufig um schönes Vergangenes, hässliches Gegenwärtiges und die Verlogenheit der Welt. Vielleicht fehlt das 'Neo' am Folk, die Innovation, die immer einen Teil der besonderen Tiefe und Intensität des Neofolk-Universums ausgemacht hat. "The Rule Of Thirds" hat dagegen mehr den Charakter einer Bestandsverwaltung der folkigen Karriereabschnitte von DOUGLAS P., manchmal an seine besten Stücke anknüpfend, manchmal belanglos. Und da der Mann nun einmal das Original ist und nicht eine der zahlreichen DIJ-Verehrer-Bands ( OTWATM, LUFTWAFFE oder wie sie alle heißen), hätte man erwarten können, dass er denselben einen Schritt voraus ist. Hätte. Aufgrund der eingangs erwähnten Null-Erwartung bin ich aber jetzt nicht enttäuscht. Nur gelassen. Wie gesagt: Es hätte viel schlimmer kommen können. "The Rule Of Thirds" ist beileibe kein schlechtes Album.

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Verweise zum Artikel:
» DEATH IN JUNE offiziell
» DIJ-Newsgroup @ Yahoo
» DIJ @ Wikipedia (eng.)
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Zusammenfassung
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Inhalt
01 The Glass Coffin (5:55)
02 Forever Loves Decay (4:04)
03 Jesus, Junk And The Jurisdiction (4:09)
04 Idolatry (3:35)
05 Good Mourning Sun (3:58)
06 The Perfume Of Traitors (3:45)
07 Last Europa Kiss (2:09)
08 The Rule Of Thirds (4:13)
09 Truly Be (2:45)
10 Their Deception (3:08)
11 My Rhine Atrocity (3:35)
12 Takeyya (3:32)
13 Let Go (4:10)
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Death In June
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Wie immer eine grossartige Kritik von Martin L.! Für mich selbst sind mittlerweile sogar die alten DIJ-Alben obsolet geworden. Ich kann heute nicht mehr nachvollziehen, was ich an diesem dumpfem Geschrammel faszinierend fand. Current 93 und Sixth Comm haben m. E. die Zeit überstanden, DIJ nicht. Sie erfüllten vor und nach der Wende in die Neunziger den Zeitgeist, ohne musikalisch genug Stoff zu bieten, der die Szeneaktualität überleben würde. Eigentlich wurde C. 93 erst richtig gut, als die dumpfe Schrammelgitarre von Douglas durch die herrliche gezupfte Folkgitarre von Michael ersetzt wurde. Und der echte Juner ist für mich im Grunde Patrick Leagas. Seinen sehnsüchtigen, nihilistischen Ritual-Wave höre ich mir auch heute noch gerne an. Und war es nicht Patrick, der das Thema Militär als erster aufgriff? Wer weiss, vielleicht ändere ich eines Tages noch meine Meinung. Ich glaube aber nicht.
Martin L, herzlichen Glückwunsch nachträglich - deine Kritik hat mir am meisten gegeben, auch oder weil mit DI6 nicht (mehr) die Bohne interessieren. Das mit den Cover-Abbildungen wäre noch Stoff für längere Diskussionen - ich finde ja, die haben was ...