Und es hat sich gelohnt. Das
VRIL JÄGER-Debüt ist ohne Zweifel außergewöhnlich und reicht in qualitativer Hinsicht weit über den Durchschnitt hinaus. Mit Martial Industrial hat es lediglich bedingt, mit Neofolk nur sehr, sehr wenig zu tun – Gitarren sind extrem unterrepräsentiert, dafür gibt's Getrommel satt; man könnte die stilistische Ausrichtung behelfsmäßig mit Patchworkkategorien wie "Martial Dark Ambient Noise" charakterisieren – um die Nullsummenkategorie "Post Industrial" mal elegant zu umschiffen. Als entfernte Vergleiche seien DEATH IN JUNE zu besten "Take Care And Control"-Zeiten, einiges vom BLUTHARSCH der 90er- und frühen 00er-Jahre, aber auch LES JOYAUX DE LA PRINCESSE, INADE, TURBUND STURMWERK oder HERBST9 herangezogen. Irgendwo dazwischen und trotzdem ziemlich unvergleichlich zelebrieren
VRIL JÄGER ihre "Black-Nirvana"-Feierlichkeiten – und das mit einer Menge durchaus unpeinlichen Pathos und einem Maximum an Effekt. Es ist diese spezielle, perfekt abgeschmeckte Mischung aus pulsierenden Percussionpassagen, düster-grollenden Soundlandschaften, hypnotischen Drones, mysteriös raunenden oder auch offensiv nach vorne preschenden Vocals, bezugsreichen Texten sowie last but not least einer, sich von der ersten bis zur letzten Minute durchziehenden, intensiv apokalyptischen Grundstimmung, die dieses Album zu einem solch ausgesuchten Juwel macht. Wer übrigens im Lichte einschlägiger Erfahrungen mit den Worten "apokalyptische Grundstimmung" reflexartig allerlei albernes Zeug assoziiert, der stößt beim Rezensenten, welcher über einen recht ähnlichen Erfahrungshorizont verfügt, zwar spontan auf Verständnis, doch es sei jenem Zweifler mit Nachdruck versichert: Die Agenda
"No Fun, no compromise, no easy listening!" wird von VRIL JÄGER ebenso gewissenhaft wie wirkungsvoll umgesetzt: Ob es das hypnotisch-schleppende, dumpf-grollende, von triumphierendem Geschrei und stoischen Textrezitationen gleichermaßen durchzogene
"Vril-Ya", das feierlich-hymnische, den verschlingenden Aspekt der Großen Mutter beschwörende
"Maw Of Kalki" oder der definitive "Hit" der Scheibe, das durch wummerndes Bassgepauke und dominant in den Vordergrund positionierte Vocals eine beeindruckende Wucht entfaltende
"Through The Firmaments" ist – der fuchsteufelsfinsteren Atmosphäre auf "Vril Jäger", die durchweg ebenso intensiv wie dicht und raumgreifend ist, kann sich der Hörer schlechterdings nicht entziehen. Sollte er diesem Album aber partout und aller Bierernsthaftigkeit zum Trotz doch so etwas wie einen ... äh ...
humorigen Subtext abgewinnen wollen, so offenbart sich dieser wohl noch am ehesten in der plakativen, nachgerade
schamlosen Ernsthaftigkeit und Humorbefreitheit, die VRIL JÄGER, ja, man möchte fast sagen:
abfeiern – ohne dabei auch nur einen klitzekleinen Augenblick peinlich zu wirken. Und
dieses Kunststück muss man erstmal hinbekommen.
Noch ein paar Details am Rande:
"Vril Jäger" ist als CD und als schwarze bzw. weiße Vinyl-Version erhältlich, letztere limitiert auf 250 Stück. Labelseitig wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass CD und LP jeweils unterschiedliche Mixe der sechs Tracks enthalten, doch scheinen diese Unterschiede – wenigstens dem Rezensenten – nach mehrfachem Durchhören weit weniger dramatisch, als es beim Erstvergleich spontan den Anschein machen könnte. Gewidmet haben VRIL JÄGER ihr Debüt übrigens ausdrücklich dem am 11. Oktober 2015 im Alter von nur 56 Jahren verstorbenen JOHN MURPHY, dessen eines seiner zahlreichen Projekte bekanntlich den Namen SHINING VRIL trug, und der ursprünglich als drittes Mitglied des Projektes neben KIM LARSEN und THOMAS BØJDEN fungieren sollte, wie LARSEN in einem
Interview mit HEATHEN HARVEST erklärt. Und je länger man das Album auf sich wirken lässt, desto mehr ist man – insbesondere im Rahmen der Percussion-Passagen – geneigt, die unsichtbare Präsenz dieses Titanen der Industrial Culture ab ovo nachzuvollziehen: ein passenderes, gelungeneres und angemesseneres Opus als das vorliegende ist als letzte Referenz jedenfalls schwerlich denkbar. – Fazit: Uneingeschränkte Empfehlung für ein durch & durch bemerkenswertes Ausnahmealbum, dessen strenge Pracht und spröde Herrlichkeit von Hördurchgang zu Hördurchgang umfänglicher wuchern. In diesem Sinne:
"We sing to awake / The beast in man / Rejoice! Rejoice!" ...