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Michael We.

LLOVESPELL - Herz aus Ambient

Interview mit Stephan S.


LLOVESPELL - Herz aus Ambient
Kategorie: Spezial
Wörter: 1149
Erstellt: 01.03.2017
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Seit ich einmal gehört habe, dass LLOVESPELL als Projekt-Ziel haben, bis ins Herz der Ambient-Musik vorzudringen, hat sich mir das eingebrannt. Sämtliche Veröffentlichungen kann man somit als Feldversuch begreifen, dieses Genre auszuloten und zu erkunden. Um irgendwann die finale Antwort auf die Frage zu bekommen, wie eigentlich Ambient klingen soll. Auf SEA STATE sind LLOVESPELL neben ANTLERS MULM, dem Projekt von Labelchef HANS JOHM, der zweite Hauptact. Obwohl es viel Musik gibt - 2016 nach längerer Pause mit "One" und "Two" gleich zwei Kassetten -, existieren nur wenige Infos über die Gruppe selbst. Deshalb habe ich mit einigen Fragen an STEPHAN S., den Gründer von LLOVESPELL versucht, diesen Umstand zu ändern.

Hallo STEPHAN! Über Dich - oder Euch - gibt es wie gesagt wenige Infos. Wenn wir also mal ganz vorne anfangen: Wer und seit wann ist LLOVESPELL?

Die ersten Aufnahmen findet man auf der 2002 erschienenen "Funkfeuer"-Compilation auf SONDERÜBERTRAGUNG (Anmerkung der Red.: Vorgängerlabel von SEA STATE). Bis 2012 erschienen dann sechs offizielle Alben auf CD und weitere Veröffentlichungen auf anderen Formaten. In dieser Zeit bestand LLOVESPELL aus der Leipziger Malerin MANDY KUNZE und mir. Seit 2012 betreibe ich LLOVESPELL allein. Bei Auftritten unterstützt mich HANS JOHM von ANTLERS MULM an den Geräten.

HANS hat mal über Dich gesagt: STEPHAN ist auf der Jagd nach dem Schlüssel zum Herzen des Ambient. Stimmt das? Und wie pocht oder klingt dieses Herz?

Das stimmt. Die Antwort gibt es auf dem Album "Every Song Is A Llovesong". Immer wenn Musik mehr sein möchte als Musik, zeigt sie ihr Herz. Es pocht also im Rhythmus der Menschen, die uns etwas erzählen oder zeigen wollen. Besonders im Bereich der Ambient-Musik gibt es unzählige Geschichten, die durch Worte oft nur sehr eindimensional erzählt werden können.



Hast Du innerhalb dieses riesigen Genres Vorbilder? JEAN-MICHEL JARRE? KLAUS SCHULZE?

Mit JEAN-MICHEL JARRE habe ich mich noch nicht beschäftigt. KLAUS SCHULZE hat in seinem riesigen bisherigen Lebenswerk unerhört Innovatives und Spannendes erschaffen. Vorbilder habe ich in diesem Genre allerdings keine. Die unglaubliche Präzision einer ALVA NOTO-Produktion versetzt mich immer wieder in größte Begeisterung, die stilistische Vielfalt von JOHN ZORN lässt mich ratlos und bewundernd zurück, und das stundenlange Wandern von KEITH JARRETT über die schwarzen Tasten kann mich wirklich gefangen nehmen. Es gibt im Bereich der dichten und atmosphärischen Musik wahrhafte Meister, doch möchte ich ihnen nicht nacheifern oder gar klingen wie sie.

Spielt Dein persönlicher Musikgeschmack eine Rolle, also hörst Du tatsächlich überwiegend minimalistische, elektronische Musik?

Den zweiten Teil der Frage kann ich ganz klar mit nein beantworten. Minimalistische elektronische Musik höre ich eher selten. Mein persönlicher Musikgeschmack spielt jedoch mit großer Sicherheit eine Rolle. Musik zu erschaffen ist für mich auch immer ein Weg, Musik zu verarbeiten. Da ich sehr viel Musik höre und auch aktiv suche, gibt es da auch eine Menge an Einflüssen und temporären Vorlieben. Wenn ich dann eine bestimmte strukturelle Herangehensweise oder eine besonders faszinierende stilistische Entdeckung auf den wenigen Geräten, die ich besitze und bedienen kann, umsetze, bleibt oft nicht mehr als eine sehr persönliche Erinnerung an den ursprünglichen Einfluss. In meinem seit 15 Jahren fast unveränderten Instrumentarium hört sich am Ende das meiste dann doch wie LLOVESPELL an.

Zu Eurem neuen Werk "Two" erklärst, man könne sich die Musik als Endlosschleife vorstellen, die man nach Belieben starten oder stoppen kann. Klingt das nicht ein wenig nach, na ja, 'Lounge-Musik'?

Die Idee von Lounge-Musik erschreckt mich nicht. Ich gehe häufiger in Bars als zu Tanzveranstaltungen. Somit verorte ich meine eigene Musik außerhalb der eigenen vier Wände auch eher hinter einem Tresen als auf der Tanzfläche. Aber das war nicht die Intention hinter "Two". Mit ANTLERS MULM habe ich 2011 und 2015 zwei sehr interessante und intensive Auftritte erlebt, bei denen nur jeweils ein Thema gespielt wurde welches dann gemeinsam auf der Bühne ausgesponnen wurde. Das waren 2011 in Halle die Performance "Paranoid Blue" und 2015 in Berlin die Performance "(wdychać.) wydychać.". Beide Male war das sicherlich weit von dem entfernt, was man als Lounge-Musik bezeichnen könnte. Diese Spielfreude und Energie wollte ich bei "Two" gern festhalten. Wenn Du in Deiner Rezension dazu also Demo-Flair heraushörst, fühle ich mich diesbezüglich absolut verstanden.



Wie schwierig ist es, in so einem überlaufenen Genre mit Tonnen an Veröffentlichungen pro Jahr überhaupt auf sich aufmerksam zu machen?

Es ist heute durchaus möglich, mit wenig zeitlichem Aufwand und geringem Budget sehr große mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. Meine Zeit nutze ich hauptsächlich für die Musik.

Auf Facebook bedankt Ihr Euch bei allen Hörern, die noch echte Tonträger kaufen. Wie viele sind das bei Euch?

Die physischen Tonträger sind bei SEA STATE meist nach kurzer Zeit vergriffen, so dass - wie zum Beispiel REUTOFFs "No One's Lullabies" oder ANTLERS MULMs "Touring The Moon Bog" - zuweilen auch eine Zweit- oder Drittauflage bei anderen Labels noch Interessenten findet.

Wäre es nicht einfacher und günstiger, nur noch auf Downloads zu setzen?

Günstig mit Sicherheit. Einfach aber nicht. Ich kaufe meine Musik nach wie vor im Laden und höre sie bevorzugt vom Originaltonträger. Ein Tonträger, den ich anfassen und auch irgendwo herholen kann, wenn ich ihn hören möchte, steigert mein Hörvergnügen ungemein.

Und warum für die physikalische Ausgabe die Kassette? Und nicht zum Beispiel eine CDR?

Die Kassette gehört in meinem Leben fest zum Spektrum der von mir gehörten Tonträger. Wahrscheinlich ist das nicht mehr ganz zeitgemäß, da die meisten Konzerte, auf denen ich mir von interessanten Bands Kassetten gekauft habe, schon mindestens 20 Jahre her sind. Aber für mich fühlt es sich nach wie vor echter an als eine CDR. Ich bin grundsätzlich sehr neugierig und offen dafür, wie jüngere Generationen ihre Musik konsumieren, erlaube mir dabei aber auch an meiner musikalischen Sozialisation festzuhalten.

Ihr habt im Schnitt einige wenige Liveauftritte pro Jahr, so zwei bis drei. Wie kommen die zustande, und was macht Ihr da live bei elektronischer Musik auf der Bühne?

Wir sind das letzte mal 2009 in Russland aufgetreten. "Einige wenige Liveauftritte" sind also noch wirklich übertrieben. Auf der Bühne gibt es Instrumente, Effektgeräte und Mikrofone. Alles will bedient werden.

Nachdem es bis 2016 eine längere Veröffentlichungspause gab und jetzt mit "One" und "Two" gleich zwei Tapes im vergangenen Jahr erschienen sind - wie geht es weiter?

Ich arbeite schon eine ganze Weile an einem Nachfolgealbum von "Logic Lust". Es wäre schön wenn ich es dieses Jahr fertig stellen könnte. Vorher gibt es aber noch Live-Musik mit Antlers Mulm.

STEPHAN, danke für das Gespräch!


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» LLOVESPELL-Blog
» LLOVESPELL @ Facebook
» LLOVESPELL @ Bandcamp
» ANTLERS MULM @ Bandcamp
» SEA STATE @ Bandcamp

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