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Daisy
Interview mit Matt Howden vom 21.06.15
Gedankenaustausch bei Eisbein und Sauerkraut!
Genre: Ritual Ambient
Verlag: Redroom
Medium: CD / Digital
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Kategorie: Vorschau
Erstellt: 01.09.2015
Wörter: 4409
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Einst begab es sich, dass ich mit MATT HOWDEN, Kopf und Seele des Ein-Mann-eine-Geige-Projekts SIEBEN, in einem gutbürgerlichen deutschen Restaurant in Berlin-Mitte, unweit des im Aufbau befindlichen Berliner Schlosses, wiederfand, weil er unbedingt deutsche Küche wollte und mit ihm über seine Musik, seine Tätigkeit in einem College, seine Familie, seine Liebe zu Fußball und seine Heimatstadt palaverte und scherzte. Doch wie kam es eigentlich dazu? Persönlich traf ich MATT das erste Mal 2014 auf dem Wave-Gotik-Treffen, wo wir uns über die Entwicklung der Berliner und allgemeinen Musikszene unterhielten. Es entstand die Idee, dass ich MATT mal nach Berlin einlade zu einem Konzert der besonderen Art, mit außergewöhnlicher Atmosphäre. Die folgenden Monate schrieben wir uns hin und her und entwickelten die Idee weiter. Ich traf MATT im September 2014 auf dem Deutzener NOCTURNAL CULTURE NIGHT-Festival wieder und er hatte anscheinend immer noch großes Interesse daran in Berlin zu spielen, sodass wir tiefer in die Planung eintauchten. Ich lernte MATT immer mehr als einen charmanten, geistreichen und wortgewandten Zeitgenossen kennen, der Lust auf neue Projekte und Ideen hat. Es machte richtig Spaß, mit ihm zusammen diesen Abend auf die Beine zu stellen. Der Ort des Geschehens war die Friedenskirche in Berlin-Charlottenburg, wo am 20. Juni 2015 anlässlich der Sommersonnenwende das kleine Konzert stattfand, zu dem viele Fans aus ganz Deutschland anreisten. Dem von der Berliner Band GOLDEN APES aufgewärmten Publikum präsentierte MATT seinen neuen Sound, seine neuen Loop-Effekte, die sich wie Efeu um ihn rankten und zu einem Irrgarten der Violinklänge führten. Es war ein unglaubliches Erlebnis, MATT versunken in seiner Klangwelt spielen, tanzen und lachen zu sehen. Nach dieser beeindruckenden Nacht, die MATT und ich fröhlich schnackend auf der DARKNESS & LIGHT – INAUGURAL-Celebration ausklingen ließen, trafen wir uns am nächsten Tag zum Früh- bzw. Spätstück wieder und so landeten wir in besagter Gaststätte. Wir hätten dort ewig weiter reden und philosophieren können, wenn da nicht MATTs Flug gewesen wäre, der ihn zurück zu seiner Familie und seinen Musikschülern bringen sollte. Deshalb beschlossen wir, das Gespräch schriftlich fortzusetzen. Das Ergebnis ist so unterhaltsam und interessant, dass ich es euch nicht vorenthalten möchte. Viel Spaß beim Lesen!
Daisy: Sieben. Das deutsche Wort für die Zahl zwischen Sechs und Acht. Eine Primzahl. So tiefsinnig. So magisch in seiner Bedeutung. Die Woche hat sieben Tage. In vielen Märchen, Sprichwörtern und Redensarten kann die magische Sieben auffallend häufig gefunden werden. Wie in „Schneewittchen und die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen“. Und Sindbad der Seefahrer musste sieben Reisen machen in der Geschichte, die aus der arabischen Kultur stammt. Es gibt den Tag, den wir im Deutschen "Siebenschläfer" nennen, dem der Glaube an ein meteorologisches Phänomen zugrunde liegt, dass es sieben Wochen regnen wird, sollte es an diesem Tag, dem 27. Juni, regnen.
Dann haben wir da die sieben Sinne. Die Sieben Weltwunder der Antike. Das verflixte siebte Jahr. Die Zahl Sieben wurde intensiv von den alten Babyloniern verehrt; analog zu den sieben heiligen „Planeten“, in denen die Babylonier den Ausdruck göttlicher Äußerungen sahen, bildeten sie sieben Weltteile, sieben Flüsse, sieben Winde, sieben Metalle und sieben Farben. Und neben der Schlange mit sieben Köpfen und den sieben Himmeln gibt es die sieben Tore zur Unterwelt in der babylonischen Kultur. Auch die Perser, Inder und Chinesen geben der Sieben eine besondere Bedeutung.
In der christlichen Zahlensymbolik steht die Sieben für den Menschen, die Drei für den Geist und die Seele, die Vier als die Anzahl der Elemente für den Körper. In der Verhaltenstherapie zeigen Experimente, dass die häufigste Lieblingszahl die Sieben ist. Auch in der Kognitionspsychologie wurden das "Sieben-Phänomen" vor 300 Jahren von JOHN LOCKE entdeckt. Die Zahl Sieben nimmt wirklich eine Ausnahmestellung ein; ihre Anziehungskraft scheint eine immense Wirkung zu haben.
Und man kann auf die Sieben in vielen anderen Zusammenhängen treffen. Man denke nur an viele Filme und Romane. Nicht zuletzt singt die (ost-)deutsche Rockband KARAT „Über sieben Brücken musst Du gehn“ und die (west-)deutsche Punkband DIE TOTEN HOSEN widmet der Zahl Sieben den Song mit dem Titel "Die 7 ist alles". Wusstest Du eigentlich, dass es eine deutsche Hip Hop-Band namens SIEBEN gibt? Man könnte leicht verrückt werden, wenn man die magische Unendlichkeit der Sieben verfolgt. Was ist Deine Idee, die hinter SIEBEN steht?
Matt: Hehe… Also meine Argumentation ist weit weniger komplex und geheimnisvoll als Deine Frage ;) Zu der Zeit, als ich mit SIEBEN anfing, beruhte viel von meiner Arbeit auf dem Schreiben zu visuellen Reizen. Viele der frühen Songs wurden zu Fotos oder Gemälden geschrieben oder einfach (und meistens) einer Landschaft, die die Musik in meinem Kopf zauberte. In der gleichen Weise war der Name „Sieben'“ eine visuelle Sache – ich mochte sowohl die Form der Zahl, wenn man sie schreibt, und die Kombination aus Buchstaben und wie diese auf dem Papier stehen. Ich war mir auch über bestimmte "magische" oder mystische Konnotationen der Zahl in verschiedenen Kulturen bewusst, die thematisch zu der Art der Musik, die ich schreibe, und zum Inhalt, den ich wählte, zu passen schien.
Daisy: SIEBEN. Das Musikprojekt. Auf der Website http://matthowden.com/ steht geschrieben:
“Sieben is the one-man, violin-looping work of Matt Howden. He beats, plucks, tickles and layers voice and violin.“
Du bist in der Lage, Songs auf nur einem Instrument, der Violine, zu spielen und es wirken zu lassen, als lausche der Zuhörer einem großen Orchester. Hinzu fügst Du Klänge Deiner Stimme – Singen, Flüstern, Stöhnen – und Deines Barts, der an der Violine kratzt. Wie hast Du einst angefangen? Wurde die Idee geboren, weil Du Looping und Herumspielen mit Effekten einfach magst oder weil Du nicht (mehr) mit einer kompletten Band spielen wolltest?
Matt: SIEBEN waren ursprünglich drei Mitglieder, dennoch war es so ziemlich meine Band, da ich sie erdacht und entwickelt habe. Seit dem dritten Album („Our Solitary Confinement“) ist es ein Solo-Projekt. Zu dieser Zeit habe ich auch bei einer Menge Bands gespielt, gastiert und bin mit ihnen aufgetreten, sowohl aus der Szene, als auch aus anderen Szenen. Es machte mich zunehmend glücklich allein zu arbeiten, da ich viele Seitenprojekte hatte, die mein Bedürfnis, mit anderen zu spielen, sättigten. Zu dieser Zeit entdeckte ich auch die Freuden des Loop-Pedal, durch CHRIS ECKMAN (von der US-Band THE WALKABOUTS), der einen Loop Background Gitarren-Effekt auf einem Album verwendete, an dem wir gemeinsam mit THE RAINDOGS in Lissabon arbeiteten.
Ich stattete meine Geige auch nur mit einem neuen Pickup aus, um ein perkussives Geräusch auf der Violine zu produzieren. Alle Dinge kamen auf wunderbare Weise zusammen und ich beschritt den Weg des Solo-Looping mit der Geige. Das perkussive Element war die endgültige Entscheidung – ich hatte etwas mit Looping versucht, vermisste aber das "Schlagzeug" und hätte nicht gedacht, dass ich die Violine für alle Töne verwenden könnte, wie ich es jetzt tue. Befreiend!
Daisy: SIEBEN. THE MIGHTY SIEBEN. Du magst es die Menschen zu verwirren, oder? Warum hast Du den Namen geändert? Geht das einher mit der Veränderung des Sounds? Wolltest Du etwas Mächtigeres schaffen? Bitte bringe Licht ins Dunkel!
Matt: THE MIGHTY SIEBEN entstand, als ich „Star Wood Brick Firmament“ veröffentlichte. Das Titelbild zeigt mich mit einem Hufeisen-förmigen Schnurrbart und ich sah ein bisschen aus wie ein "böser Magier" und es schien dazu zu passen. Eine Namensänderung war nicht wirklich beabsichtigt, wenngleich es die Internet-Suche nach diesem Album und für SIEBEN im Allgemeinen vereinfachte. Als ich ursprünglich den Bandnamen konzipierte, hatte ich nicht auf dem Schirm, dass 'Sieben' so normal sein würde auf Deutsch (obwohl es verdammt offensichtlich scheint, wenn ich mal drüber nachdenke, wie auch immer!), wie exotisch es auf Englisch klingt. Weniger gebildete Engländer fragen mich oft, was es bedeutet, oder schreiben „Seiben“ oder „Seben“ auf die Plakate, wenn ich es nicht überprüfe, oder sie sind nicht vertraut mit den Musikszenen, in denen ich in Europa spiele.
Daisy: SIEBEN. Es geht nicht nur um Musik. Es geht mindestens genauso viel um Texte. Deine Alben sind Konzeptalben. Themen sind leidende Soldaten im ersten Weltkrieg auf „The Line and the Hook“, oder Spuren von abwesenden Personen in Zimmern auf „Our Solitary Confinement“. Du hast auch einen Soundtrack zu Texten Deines Vaters auf „The Matter of Britain“ gemacht. Worum geht in Deinem aktuellen Album „Each Divine Spark“ (2014)? Bei einem Blick in das Booklet scheint jeder Song seine eigene Geschichte zu haben, die durch Bilder transportiert wird.
Matt: Ich webe gerne Muster, sowohl in der Musik als auch in den Texten, und betrachte jedes meiner Alben als Werk an sich, anstatt zu sagen "eine Sammlung von Songs, die ich im Jahr 2015 schrieb“. Viele der frühen Alben sind, was manche "Konzeptalben" nennen, obwohl ich den Begriff und Assoziationen, die Menschen oft damit haben, nicht besonders mag. Wie gesagt, ich betrachte jedes Album als zusammenhängendes Ganzes, und mag es musikalische, lyrische und grafische Themen eng zu verbinden. Einige sind so unzertrennlich wie bei „High Broad Field“, wo jeder Song ein Akt in einer Art mittelalterlichem Mysterienspiel ist, wie die Yorker Mysterienspiele, die hier in England eine Tradition haben: Diese derben Heiden-treffen-Christen-Stücke, wo Teufel, Gott und Lamm für einen guten Singsang am Ende eines anzüglichen und moralischen Stücks zusammen kommen! „Each Divine Spark” ist scheinbar weniger "Konzept" als frühere, aber die klanglichen Qualitäten des Albums sind sehr spezifisch, wie Songarrangements und die Art der Aufnahme. Thematisch gibt es auch Links, mit Songs über das Leben von Menschen, inspirierende Leben und inspirierende Taten, die Menschen in ihrem Leben vollbrachten.
Daisy: Du bist unglaublich kreativ! In nur 14 Jahren (Oh, ein Vielfaches von Sieben!) hast Du elf Alben als SIEBEN und sechs Alben als MATT HOWDEN und das Album „Anthems Flesh“ mit 7JK (SIEBEN plus JOB KARMA) veröffentlicht. Für viele Künstler auf der ganzen Welt hast Du Streicher-Arrangements geschrieben und eingespielt. Musik für Film und TV, Tanzgruppen und Ausstellungen. Ich bin sicher, dass Du sogar noch mehr machen kannst/willst. Aber Du willst der Welt Zeit geben, um aufzuholen ... Was inspiriert Dich?
Matt: Genau das habe ich oft gedacht, dass ich der Welt Gelegenheit geben sollte, mit meinem aufgenommenen Material aufzuholen! Aber ich genieße es so sehr, Musik zu schreiben und kreativ zu sein. Vielleicht weniger das "Dein eigenes Label haben" und immer Sachen produzieren, deshalb ist meine neueste Version nur digital. Der Tag hat nur so wenig Stunden, aber ich möchte ungern das Schreiben aufgeben, das ist der Grund, warum ich das alles tue. Ich mag die Label-Seite auch, aber es ist mehr ein "Mittel zum Zweck" – auf das Ende folgt das Weiterschreiben.
Alle möglichen Dinge inspirieren mich – früher war es die Bedeutung der Geschichte, Macht und Gnade der Natur und Sprache, gute Bücher, gute Ideen. In jüngerer Zeit waren es interessante Menschen, faszinierende Ideen, unglaubliche Taten, das Gute, das Menschen unter außergewöhnlichen Umständen tun können. Es könnte genauso gut ein TV-Programm, Buch, Gedicht, Konversation, ein Wort, das die Zunge erfreut, oder eine Phrase, die ein tieferes Gefühl zaubert oder einen Gedanken in mir auslöst, sein. Reisen, Zeit zum Nachdenken, Zeit zum genügend Schlafen und interessante Gespräche geben diesen Dingen Zündstoff.
Daisy: Du hast über 1.500 Live-Shows in 30 Ländern gespielt. Du scheinst trotzdem noch jedes Mal auf der Bühne zu genießen und bietest Deinem Publikum bei jedem Konzert eine individuelle Performance. Manchmal ist Deine Performance kraftvoll und mitreißend. Manchmal schüchtern und zurückhaltend. Manchmal legst Du Dich mitten auf die Bühne. Manchmal gehst Du durch das Publikum. Manchmal lachst Du. Manchmal weinst Du. Manchmal schreist Du. Manchmal flüsterst Du. Manchmal scheinst Du in Deiner Loop-Welt verloren zu sein. Aber Du hältst immer die Beziehung zu Deinem Publikum. Bist Du ein geborener Performer? Was magst du lieber? Im Studio arrangieren oder auf der Bühne spielen?
Matt: Ich mag beides! Und sie sind sehr verschiedene Kreaturen. Ich beginne mit dem Studio, dem Musikschreiben. Immer allein, ich will nicht mit anderen Menschen zusammen arbeiten. Und kann auf keinen Fall mit irgendjemand zusammen Texte schreiben, das ist sicher, wenn jemand redet – dann ist alles verloren. Ich liebe die Einsamkeit des Studios und die leere Seite, die gefüllt werden kann mit dem, was ich will. Der erste Song, den ich für ein Album schreibe, dauert in etwa viermal so lange, wie der Rest; er gibt den Ton an, das Thema und den neuen Boden, den ich auf der aktuellen Platte erkunden möchte. Ich liebe es, live aufzutreten und die Lieder in die Welt „freizulassen“. Das ist das einzige Mal, dass man ihren tatsächlichen Effekt sieht, man ist ja nicht dabei, wenn die Leute das Album auspacken und anhören, und ich habe den größten Teil des Jahres damit verbracht es zu schreiben und aufzunehmen. Live sieht man seine Wirkung. Ich schreibe oft Musik im Studio, nehme sie dann auf, spiele sie live, nehme sie dann erneut auf und verarbeite, was ich unterwegs von den Leuten gelernt habe. Ich würde absolut nicht behaupten, dass ich ursprünglich ein geborener Performer war, aber jetzt habe ich ein gewisses Vertrauen entwickelt (manche sagen 'Flair') Hunderte von Konzerte zu spielen, an vielen verschiedenen Orten, vor allen möglichen Leuten und Stimmungen. Für mich, zumindest, hat es einige Jahre gedauert, in das Material einzutauchen, wie ich es rüberbringe, wie viel Platz im Kopf ich noch habe, während ich all das tue, frei zu sein zu spüren, welche Emotionen man raus lässt, die Stimmung des Publikums, die Atmosphäre des Ortes. Man muss viele Dinge beachten. Und vor allem muss ich in Höchstform sein auf meinem Instrument, meiner Ausrüstung, meinen Nerven, meiner anfänglichen Scheu.
Daisy: Du hast gerade ein Konzert in einer Kirche in Berlin gegeben. Eine Frau, die vorbei kam und von der Musik angelockt wurde, blieb stehen und fragte mich, ob Du der Pfarrer wärst und die Leute die christliche Gemeinschaft. Gefällt Dir die Idee?
Matt: Hehe, ich bin nicht sicher, ob ich die traditionelle Botschaft vertrete, aber es ist in der Tat eine unterhaltsame und abartige Idee. Ich wurde auch mit einem Schamanen, Druiden und einem poetischen Redner verglichen. Es gibt etwas grundsätzlich Spirituelles, bei dem was ich tue – der rituelle Charakter der Wiederholung, die Texte und Ideen hinterfragen oft das Nicht-Physische, das Moralische und „Andere“, also ich denke, es könnte eine dieser „Figuren“ zutreffen. Ganz sicher predige ich nicht in meiner Musik. Es gibt Überlegungen, das ist immerhin sicher. Und wenn die Kirche scharf darauf wäre, dass ich die Gemeinde anleite zu singen, "würde ich einfach meine Eier von einer brennenden Kirche erwärmen, wie durch die Pforten der Hölle" und würde glücklich eine fröhliche Version eines Songs von meinem „High Broad Field“-Album anleiten ;)
Daisy: Du hast mir erzählt, dass Du Deine Geige schon seit 32 Jahren hast, richtig? Was für eine Geige ist das? Wer hat sie Dir gegeben und warum hast Du sie nie gegen eine andere getauscht?
Matt: Tatsächlich. Die einzige Geige, die ich je gespielt habe. Kurz gesagt, ich habe eine fünfsaitige Geige, mit einer Extrasaite unten, im Grunde eine Violine und Viola in Einem oder Quintern, wie sie manchmal genannt wird. Es ist ein echtes spezifisches „Muskel-Memory“ auf einer Geige zu spielen, und es ist schwierig, sich an eine neue zu gewöhnen, auch wenn sie identisch ist. Je länger Du sie spielst, desto besser klingt sie, das Holz passt sich Dir an. Auch Du biegst und passt Dich ihrer Form an, wie mein wunder Hals und Schultern bezeugen können ;) Ein Mädchen aus der Schule gab mir die Geige. Ich fing nur mit ihr an, weil ich den Klang der Violine mochte, und es war leichter, auf einem Laufrad mit als dem E-Bass, den ich mir selbst vorher beibrachte. Es fühlte sich nicht richtig an, eine andere Geige zu nehmen, nach der, die ich bekommen hatte; als ob ich sie irgendwie betrügen würde. Und ich bin bei ihr zuhause, kenne jedes Geräusch und jeden Winkel. Und einige Leute machen zu viel Wirbel um das Instrument, müssen dieses Instrument, diesen Bogen, diesen Amp, diesen Pick-up, jenen Lautsprecher etc. haben. Ich bin nicht so wählerisch, außer wenn es um den Sound geht, den meine Finger machen. Hier ist der Punkt, an dem es anspruchsvoll zugehen soll – die Besessenheit bezüglich Ausrüstung und Instrument haben meist nur „boys with toys“. (Daher all meine Pedals, nehme ich an. ;) Obwohl ein gutes Mikrofon wirklich einen Unterschied macht ...
Daisy: Es gibt da diese Legende über Dich, dass Du Dir das Geigespielen selbst beigebracht hast, indem Du Dich in ein Zimmer eingesperrt und dieses Zimmer erst verlassen hast, nachdem Du das Instrument von innen und außen kennengelernt hast. Wie lange hat es gedauert, bis Du die Geige auf Deine Dir eigene Art und Weise spielen konntest? Du lehntest es ab, von Geigenlehrern zu lernen, weil Du die Fähigkeiten nicht kopieren wolltest, sondern Deinen eigenen Style entwickeln und jetzt zeigst Du selber Studenten den Weg zur Musik. Kannst Du mir sagen, wie das für Dich funktioniert?
Matt: Ich habe mir in der Tat die Geige selbst beigebracht. Ein Mädchen aus der Schule gab sie mir, und ich dachte, es wäre gut zu spielen und leicht auf meinem Fahrrad damit zu fahren! Dann verliebte ich mich gleich darauf ins Geigespielen. Ich spielte mindestens vier oder fünf Stunden pro Tag im ersten Jahr, schrieb Tagebuch und nahm mich jede Woche selbst auf. Ich wollte einfach keinen Unterricht, oder lernen „richtig“ zu spielen. In der Tat habe ich niemals Lieder von anderen einstudiert; ich wollte meine eigene Art finden die Dinge zu tun, und nicht zu viel Einfluss beim Lernen bekommen. Sodass ich, ich selbst sein konnte. Das hilft mir auch mit meinen Schülern, und ist eine Praxis, die ich in meinem Unterricht durchführe – ich sage ihnen nie, wie sie mit ihren Songs arbeiten sollen oder nicht, oder welche Noten "besser" oder, noch schlimmer, "falsch" sein könnten. Ich experimentiere einfach und zeige ihnen verschiedene Möglichkeiten und Techniken, um die Wirkung zu erreichen, die sie wollen. Ich unterrichte Studenten, die aus allen möglichen Hintergründen kommen, die ganz verschiedene Arten von Musik mögen. Ich beabsichtige einfach ihre Fähigkeiten und ihr Selbstvertrauen, ihr „Niveau“ zu verbessern. Ich benutze auch viele meiner eigenen Werke, um zu zeigen, wie ich einen bestimmten Effekt oder ein "Gefühl" innerhalb eines Titels erreiche, und ihnen das "Innere", die "Arbeitsweise" eines bestimmten Mixes oder einer Lyrik oder Melodie oder Produktion oder Mastering zu zeigen.
Daisy: Warum die Geige? Glaubst Du, dass die Geige zu Deinem Charakter passt? Welche anderen Instrumente hast Du außer der Gitarre gespielt? Hast Du jemals versucht ein Cello zu spielen?
Matt: Ich traf zufällig auf die Geige, begann dann einfach den Ausdruck zu lieben, der darauf möglich ist, zum Teil, weil sie keine Bünde hat, so dass man fast so ausdrucksvoll wie die menschliche Stimme, dem ausdrucksstärksten aller Instrumente, sein kann. Und mit Pedals kann man ein ganzes Orchester sein ;) Ich habe ein paar Mal versucht, Cello zu spielen und liebte es! Eine Sache, die ich bei der Geige vermisse, ist das Fehlen von Bassfrequenzen und das Rumpeln, das durch den Körper geht, während man spielt! Aber wenn man ein Oktavenpedal hat, kann man auch aus einer Geige einen schönen mittleren Bassbereich bekommen ;) Ich würde gerne Cello spielen, aber ich würde es nicht gerne mit mir herumtragen! Ich habe genug zu tragen mit Loopers und Merch.
Daisy: Du hast dieses Live-Projekt RASP zusammen mit der geliebten JO QUAIL aus London. Teils improvisierend, teils komponierte Stücke zusammensetzend, verheiratet Ihr die Violine mit dem Cello auf der Bühne. Eine wunderbare Kombination! Die Aufführung fand im LANTER THEATRE in Sheffield statt. Das Experiment ist auf der CD "Radiate Power-Words" zu hören. Besteht eine Chance, dass Ihr ein weiteres Konzert zusammen spielt?
Matt: Ich denke, wir werden mehr RASP spielen irgendwann, aber ich entwickelte RASP mehr als ein "Konzept"-Ding, die Idee ist, dass, wenn wir spielen, es das nächste Album werden würde, und wir lokale Künstler involvieren würden aus, wo auch immer wir spielen würden; die Songs in einer Live-Werkstatt schreiben; keine Proben; das Thema an die Umgebung angepasst. Nicht sicher, ob es jedoch ein solches Konzept bleibt, da es extrem viel Organisation und Energie benötigt, wie Du Dir vorstellen kannst. Egal wie sehr es mich auch juckt noch ein RASP-Konzert mit JO QUAIL zu machen, das ist der Hauptgrund, warum es nicht so kommen wird. Wir wollen nicht normale Dinge mit RASP machen – auf jeden Fall könnten wir mit SIEBEN oder JO QUAIL auf einem Festival spielen – wir möchten aber, dass es für etwas anderes steht und dafür Dinge auf eine andere Art zu tun. Wir sind beide auch unglaublich beschäftigt, deshalb wurde RASP konzipiert, wie es war. Und ich kann es im Allgemeinen nicht ertragen für Dinge zu proben. Obwohl ich sehr oft vor einer SIEBEN-Show probe ...
Daisy: MATT HOWDEN ist das eher klassische Solo-Projekt, SIEBEN das experimentelle, PIGSIX 4 ist ein Synth-Pop-Projekt mit JANE GRIFFITHS und JASON WHITE, 7JK ist eine Dark Ambient-Projekt zusammen mit JOB KARMA, RASP zusammen mit JO QUAIL ... Ein Projekt für jede Leidenschaft oder Art von Musik? Du hast auch in Bands wie SOL INVICTUS mit TONY WAKEFORD, DUO NOIR mit ANDREW KING und TONY WAKEFORD, THE GLASS HÄMMER, WEISSDORN mit TONY WAKEFORD, RAINDOGS mit PEDRO TEMPORÃO und ROLAND POPP, STIKI mit DAVE COWLING, JANE GRIFFITHS und JASON WHITE gespielt ... (Du darfst gerne ergänzen)! Mit welcher Band/welchem Musiker würdest Du gerne spielen, mit dem Du (noch) nicht gespielt hast?
Matt: ARVo PÄRT, TOM WAITS, KATE BUSH, und SAGE FRANCIS :) Die verschiedenen Projekte, glaube ich, spiegeln die unterschiedlichen Ausdrucksformen und Gefühle, die ich erfahren möchte – in der Regel mit einem "Album" als Rahmen. Ich fange derzeit mit dem zweiten 7JK-Album mit MACIEK und AUREL von JOB KARMA an. Ich werde sicherlich ein bisschen Neuland damit erforschen :) Möglicherweise fange ich auch ein weiteres Musik-and-Poesie Werk mit meinem Vater an, in dem ich sein Werk „Handless Man“ als Grundlage für die Musik nutze. Generell bin ich am glücklichsten alleine an etwas zu arbeiten – 7Jk sind in Polen, und wir tauschen Dateien über das Internet aus, und es entwickelt sich ein Ping-Pong aus Dateien und Ideen, die hin und her gehen. Mein Vater kommt und liest sein Werk vor und ich nehme es auf. Er geht wieder weg und ich beginne die Musik zu komponieren, höre oft zunächst nur auf die Linien und bekomme eine Idee für das Tempo und den Rhythmus (und Bedeutung) der Worte.
Daisy: In diesem Monat hast Du die EP "Lietuva" veröffentlicht, die nur digital erhältlich ist. Du präsentierst den neuen Sound, eine Mischung aus Klassik und Dark Ambient-Elementen mit verzerrter Stimme. Eine interessantes Begegnen und Verschmelzen der Gegensätze, was in einem sehr rhythmischen Tanz als auch in einer zarten Umarmung endet. Du hast in den vergangenen Jahren auf eine interessante Weise Deinen eigenen Stil entwickelt. Was hat Dich angetrieben? Du hast einen neuen Sound kreiert. Geschah dies wegen des neuen Loopers? Was ist, in verständlicher Erklärung für nicht technisch ausgebildete Menschen, das Neue/Besondere am neuen Looper?
Matt: Ich strebe immer danach, mich weiter zu bringen, meinen Sound, die Stile und Klangfarben, die ich verwende, zu entwickeln. Möchte es nicht es immer gleich haben! Der neue Looper hat mir geholfen ein paar neue Töne zu entwickeln und bezüglich des Arrangements ermöglicht er mir etwas weiter entwickelte Dinge mit Arrangements zu machen. Zum Beispiel kann ich nun einen Loop laufen lassen mit Bass und Schlagzeug, was ich gerade eingespielt habe, und einen neuen Loop öffnen, mit einer anderen Länge, wenn ich will, mit den „top lines" von Gesang und Streicher, die ich einspiele. Ich kann einen der Loops stoppen und komplexere Arrangements machen, während live loope. Ich entschied mich für die neue Ausrüstung um die Dinge abzustimmen auf die Musik, die ich als nächstes machen wollte. Ich habe auch Freude an meinen neuen Gesangsprozessor, obwohl ich den jenseitigen Sound von Vocoder-Gesang mag, wenn er subtil vermischt ist, passt er gut zu den neuen rituellen und fleischigen SIEBEN-Klängen :)
Daisy: Du entführst den Hörer nach Litauen, Du singst über das MENUO JUODARAGIS-Festival im Norden des Landes, wo Bands aus dem baltischen Raum und internationale Neofolk-Bands spielen, und über Užupis, einem Künstlerdorf in der Hauptstadt Vilnius. Was gefällt Dir an Litauen? Ist das eine Art Reisewerbung?
Matt: Den ersten Track schrieb ich, um das MJR-Festival, auf dem ich in Litauen im vergangenen Jahr spielte, zu feiern. Der Festivalname heißt übersetzt ungefähr "Schwarzer Mond mit Hörnern". Weil ich dort beim ersten Mal eine schöne Zeit hatte mit wirklich netten Leuten, die das Festival veranstalten, entschied ich mich ein Lied zu schreiben und ihnen zu widmen. Nicht nur das, ich wollte, dass es auf MJR-Festival uraufgeführt wird, und so war es. Der zweite Song aus "Lietuva"-EP wurde von Uzupis inspiriert, dem selbsternannten Kunst-Staat, dessen Motto ist: "Kämpfen nicht, gewinne nicht, ergebe Dich nicht!" Ich liebe das Ethos und die Idee dessen, was sie getan haben.
Daisy: Du bist Lehrer auf dem College, Du hast Familie, Du komponierst, Du nimmst in Deinem eigenen Studio auf, Du gehst auf Touren, Du packst und verkaufst Deinen Merchandise selber online, Du bist mit vielen Musikern und Veranstaltern im Kontakt, Du schreibst Texte, Du magst Fußball, Du isst und trinkst gerne mit Freunden, Du schaust gerne Horrorfilme, Du schreibst Blogs, Du bearbeitest ständig Deine Homepage und soziale Netzwerken, Du gibst Interviews ... Was ist Dein Geheimnis? Gibt all das Dir soviel Energie, dass Du kein Bedürfnis nach Schlaf hast oder ist Dein Tag länger als der normaler Sterblicher?
Matt: Ich könnte tatsächlich etwas Schlaf gebrauchen! Die Wahrheit ist, ich arbeite gerne, und ich liebe es kreativ zu sein, ich habe den Drang, so zu sein. Ich fange an, einige der vielen Aktivitäten, die ich tue, in Frage zu stellen, da ich einfach nicht genug Zeit habe um Musik zu schreiben oder einfach nur das Leben manchmal ein wenig zu genießen. Ich habe beschlossen, weniger zu tun, für den Moment für das Label – mit physischen Kopien zum Beispiel (CD, Vinyl, Bücher usw.), da dies sehr zeitaufwendig ist und wenig Zeit für die Musik lässt. Ich denke, ich werde den Menschen die Chance geben aufzuholen mit meinem „back-catalogue“ ;) Das Gleiche gilt für Konzerte – ich mache nur die, die ich wirklich machen möchte, und wenn die Bedingungen und die Location richtig sind. Das Gleiche gilt auch dafür Violine für andere Menschen zu spielen – ich habe es auch sehr reduziert. Es gibt einfach nicht genug Zeit für alles! Gib mir bitte ein paar Leben mehr, und ich konnte wirklich diese Musiksache perfektionieren ;)
Daisy: Danke, Matt
Matt: Gern geschehen. Danke Dir.
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