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Dominik T.

EX.ORDER: Corporate Control

It's after the End of the World, Don't you know that yet?


EX.ORDER: Corporate Control
Genre: Power Electronics
Verlag: Power and Steel
Vertrieb: Loki...
Medium: CD / LP
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Man kann die deutsche Industrialszene einerseits als verspätet und andererseits auch wieder als Vorreiter ansehen. Verspätet, weil in der Zeit der eigentlichen „Industrial Culture“-Blüte aus Deutschland gerade Projekte kamen, die eher einen leichten bis verspielt-humoresken Eindruck hinterließen wie z.B. P16.D4, während TG, SPK und andere durch ihre „Shock Tactics“ auf sich aufmerksam machten. Vorreiter wiederum, weil in einer Zeit, gemeint ist die Zeit der Wende 1989-1990, in der international schon längst „Postindustrial“ die treffendere Bezeichnung war, auch weil die Kassettenkultur ihrem Ende zuging, in Mannheim und nur etwa zwei Jahre später auch in den „neuen Bundesländern“ Projekte entstanden, die in der Art eines Flashbacks wieder den Industrial alter Machart mit schockierender, oft politisch unkorrekt erscheinender Präsentation verbanden. In Südwestdeutschland waren das GENOCIDE ORGAN und dann ANENZEPHALIA und weiter östlich im Wesentlichen DAGDA MOR und EX.ORDER, das Projekt, um das es hier gehen soll.
Jene Formationen präsentierten eine Art Power Electronics, der mittlerweile als „typisch Deutsch“ international geachtet ist. Anders als z.B. bei den englischen Pionieren WHITEHOUSE geht es hier eher nicht um unangenehmes Hochsequenz-Fiepen und Geschrei im Verbund mit provokanten sexuell-sadistischen Themen, sondern um eine Brutalität eigener Art. Die „Krachwand“ ist dröhnender und tiefer, oft klingt das wie ein landender Hubschrauber, dazu dann meist rhythmische Elemente, thematisch passende Samples und ganz charakteristisch: verzerrte Stimmeinlagen. Genauso wichtig wie die Musik selbst ist das „nicht Hörbare“, z.B. die Verpackung, Hinweise zur behandelten Thematik, einstimmende Zitate. Natürlich geht es thematisch um die unerfreulichen Seiten menschlicher Existenz, um Krieg, radikale Ideologien, Terrorismus und generell um das Ausloten von Machtgefühlen. Sinn und Zweck des Ganzen ist vielleicht „Information“, wie das TG früher verstanden haben,  was allerdings auch nicht vielmehr bedeutet als jenes oft gebräuchliche „Zum Nachdenken anregen“, aber so sicher ist das bei diesen Projekten nicht, weil sie sich bezüglich einer mundgerechten Rezeptionsanweisung doch meist sehr vornehm zurückhalten.
Diese Musik ist also so ziemlich die Brutalst-Denkbare, als Hörer wird man damit konfrontiert und muss etwas daraus machen, vielleicht durch intellektuelle Verarbeitung der Machtdemonstration , die einem hier ins Gesicht schlägt, möglicherweise wird dieser Industrial aber auch anders erlebt, etwa als „Grenzerfahrung“ wie ein Bungee-Jumping der Phantasie und ein paar „Abgeklärte“ finden es vielleicht auch einfach „doof“ oder „unreflektiert“.
Warum diese lange „Einweisung“ in die Thematik? Ja, weil dieser Power Electronics kaum Entwicklung oder Originalität kennt, beides ist eben mit der Radikalität dieser „Musik“ nur schwer zu vereinbaren.
Um EX.ORDER, möglicherweise steht der Name für „Extinction Order“, war es längere Zeit still. Ihr letztes Studioalbum „The Infernal Age“ liegt schon fast zehn Jahre zurück. Aktiver betrieben die beiden Soundtüftler dahinter schon ihr mindestens genauso bekanntes, gemeinsames Ambient Projekt INADE, welches sich mit EX.ORDER jedoch auf allen Ebenen gar nicht vergleichen lässt. Thematischer Schwerpunkt des aktuellen Albums „Corporate Control“ ist das beliebte Terrorismus-Thema und zwar jene Art „Terrorismus“, die aus einer Verzweiflung heraus scheinbar nur noch nihilistisch-destruktiver Selbstzweck ist. Man denkt dann natürlich an islamistische Selbstmordattentäter und die Bilder im Booklet legen das auch nahe. Mehr gibt es typischerweise nicht zu interpretieren, man kann somit „Corporate Control“ als Dokumentation oder als begleitenden Soundtrack zu unserer beängstigenden Welt verstehen.
Trotz der langen Pause ist das Album nicht besser oder schlechter als frühere Aufnahmen, das Ganze wirkt allenfalls erfahrener und von der Produktion her klarer. Für jene zuständig ist dann auch der bei LOKI/POWER AND STEEL traditionell damit betraute ANDREAS WAHNMANN (FIR§T LAW), der übrigens auch GENOCIDE ORGANs „In Konflikt“ (2003) masterte.
Festzustellen ist eine für den Stil beträchtliche große Abwechslung, zahlreiche englische Samples sind zu vernehmen, verzerrter Stimmeinsatz, rhythmische Pulsschläge, eben alle typischen Trademarks dieser Art Musik. Auffallend ist, dass eben nicht  pausenlos das Noise-Inferno losbricht, sondern auch viel "Atmosphärisches" geboten wird. "Skillful Killing" bietet hier ein gutes Beispiel, durch die Samples, vielleicht soetwas wie Polizeifunk, Pulsschläge, kreisende Hubschrauber?, entsteht so ein Eindruck, als würde man sich voyeuristisch einem schrecklichen Unfallgeschehen nähern oder als wäre man gar selbst das Opfer, das grad völlig neben sich steht, also Vertonung einer "Out Of Body-Erfahrung".
EX.ORDER schaffen es, einen Stil, der gerade bei ausländischen, neueren Projekten oft zur peinlichen Farce verkommen ist, immer interessant zu gestalten (um Namen zu nennen: Ich verstehe einfach nicht, was Projekte wie INSTITUT, SLOGUN, CONTROL oder FIRE IN THE HEAD etc. pp. uns Monat für Monat andrehen wollen, von der sicherlich spaßigen „Live Action“ und den manchmal interessanten Interviews mal abgesehen.) 
Die Deutschen sind hier schlicht führend, und EX.ORDER verteidigen mit „Corporate Control“ ihren Ruf zu den spannendsten Projekten zu gehören. Nach den letzten Studioalben der Kollegen von GENOCIDE ORGAN und ANENZEPHALIA, die von ihrer „Szene“ durchaus auch mit Kritik bedacht wurden, dürfte nun der Nachzügler der Dreierbande EX.ORDER Anhänger dieser Musik restlos zufrieden stellen.
Dennoch wird es spannend zu sehen sein, wie die Reaktionen gerade unter denen ausfallen wird, die nicht sowieso jeden Scheiß, der aus der Richtung kommt, schlucken, denn so ein bisschen bleibt das Gefühl, dass diese Art Power Electronics eigentlich einer anderen Zeit angehört, obwohl es wiederum thematisch genau in die Welt von heute passt.
– „It’s after the end of the world, don’t you know that yet? – SUN RA

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Power and Steel (Loki Foundation Sublabel)
» :Ikonen: EX.ORDER Rezension

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» Neuigkeiten von EX.ORDER

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Zusammenfassung
Power Electronics von einem der Gründerprojekte jener speziellen deutschen Szene (und Stil).
Viele englische Samples sind zu vernehmen, verzerrter Stimmeinsatz, rhythmische Pulsschläge, eben alle typischen Trademarks dieser Art Musik. EX.ORDER schaffen es, diesen Stil immer interessant zu...

Inhalt
Tracklisting:
1 We Want No One To Escape (4:16)
2 ... Like Yourselves (5:34)
3 Sacred Violence (4:26)
4 Chamber Cam (3:56)
5 Modus Operandi (4:49)
6 Sweeping The Town (4:36)
7 Hidden Power (4:15)
8 Collective Conflict (3:55)
9 Catharsis Effects (4:32)
10 Skillful Killing (4:55)

2-Seiten Booklet, Jewel Case, die Zeiten aufwendiger Verpackungen sind wohl vorbei...
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