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Claudia K.

DONIS: Alexandreia

The golden ages sinking in stone


DONIS: Alexandreia
Kategorie: Rezension
Verlag: Autarkeia
Vertrieb: Autarkeia


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Denkt man an Musik aus Litauen, sind neben KULGRINDA, GIRNU GIESMES und vielleicht WEJDAS sicherlich die musikalisch wandelbaren DONIS nicht weit. In seiner Musik verbindet der Multi-Instrumentalist DONATAS BIELKAUSKAS traditionelle und modernisierte litauische Klänge und Folklore mit Elementen zeitgenössischer elektronischer Musik. Was dabei herauskommt, ist höchst unterschiedlich: So haftet dem 1998 erschienenen Album „Deinana“ mit seinen Synthesizermelodien, eingesampelten Naturgeräuschen und Glöckchenklängen doch recht stark der synthetische Charme eines New Ages Meditationsalbums an. Dieser Charakter verliert sich jedoch glücklicherweise mit dem Fortschreiten der Zeit. Zusammen mit den Kollegen von KULGRINDA entstand 2003 mit „Sotvaras“ ein magisch anmutendes Album mit archaischem Flair, das mit einer breiten Palette von folkloristischen Instrumenten traditionelle Wintersonnenwendgesänge vertont, die die Geschichte des magischen Ursprungs der Erde erzählen. Mit „Vacuum“ kam ein Jahr später ein reines Ambientalbum heraus, das allerdings bereits 1997 aufgenommen worden ist. Betrachtet man parallel dazu das „Deinana“-Material, mag man kaum glauben, dass beides vom gleichen musikalischen Kopf stammt. „Vacuum“ besteht aus einem einzigen, 65-minütigen Track, einer Reise in eine tief dröhnende, schwarze Leere, welcher die komplett schwarze Aufmachung von CD und Verpackung Rechnung tragen. „Bite Lingo“ aus dem Jahr 2006 schlägt dann noch einmal den folkloristisch-elektronischen Weg ein – dankenswerterweise ohne den 90er Jahre Esoterik-Touch, dafür streckenweise fast tanzbar -, ehe es mit dem aktuellen Album „Alexandreia“, das uns hier näher beschäftigen soll, auf einen gänzlich anderen Weg geht.

Und dabei legt DONATAS BIELKAUSKAS geographisch einen ziemlichen Sprung hin, denn diese neuen Ufer liegen im antiken Griechenland – eine überraschende Entwicklung für eine Band, die in der Vergangenheit so stark in der eigenen nationalen Folklore verwurzelt war. Eine Entwicklung, aus der viel Mut spricht, die altvertrauten Pfade zu verlassen und musikalisch, sprachlich und konzeptionell eine ungewöhnliche Synthese einzugehen. Auf instrumentaler Ebene erweitert sich das Repertoire traditioneller litauischer Instrumente wie Birbyne (eine Flötenart), Duda (baltischer Dudelsack) und Zvanguliai (Glocken) um eine kaukasische Duduki (ebenfalls eine Flöte). Über einem elektronisch generierten Untergrund liegen die verschiedenen Flöten, gespielt von BIELKAUSKAS und der Sprechgesang von Gastsängerin ALVYDA STEPAVICIUTE, die Verse des griechischen Dichters KONSTANTIN KAVAFI (auch KONSTANTINOS PETROU KAVAFIS, 1863 – 1933) rezitiert.

Dieser gilt neben KOSTIS PALAMAS und GIANNIS RITSOS als einer der bedeutendsten griechischen Dichter der Neuzeit und zählt zudem zu den wenigen griechischen Autoren, die ihren Platz in der Weltliteratur gefunden haben. 1930 stand KAVAFI in intensivem Kontakt mit FILIPPO TOMMASO MARIENTTI; seine Verse entfernten sich von der Sprache des Fin de Siècle, prägten die Sprache des modernen Gedichts und sind ihrerseits geprägt von der griechischen Volkssprache dêmotikê, in die KAVAFI als archaisierendes Element bewusst Züge der älteren Sprachform katharevousa einfügte. Inhaltlich dreht sich seine Lyrik um die griechische Antike, das byzantinische Zeitalter und die hellenistische Vergangenheit des östlichen Mittelmeerraumes. Neben einer philosophischen und einer historischen gibt es auch eine ausgeprägte sinnlich-erotische Komponente. Seine Gedichte sind heute in verschiedene Sprachen übertragen, verlieren dabei jedoch notwendigerweise an Sprachschönheit und klanglicher Eigenheit.

ALVYDA STEPAVICIUTE rezitiert KAVAFI in „Alexandreia“, „Ionia“, „Sparta“ und „Troja“ in der Originalsprache, und wenn man nicht wüsste, dass es sich um neuzeitliche Lyrik handelt, könnte man sich versucht fühlen, in den Klängen der fremdartig anmutenden Sprache rituelle Worte einer antiken Hohepriesterin zu vermuten. Wer bei dieser Gänsehautstimme und dem gesamten musikalischen Arrangement an DAEMONIA NYMPHE denken muss, liegt (wohl nicht von ungefähr) richtig: Stimme, Klang und Feeling von „Alexandreia“ erinnern verblüffend an die Griechen um SPYROS GIASAFAKIS und EVI STERGIOU, ohne allerdings zu einer Eins-zu-eins-Kopie zu verkommen. DONIS sind insgesamt ruhiger, die Percussion ist sparsamer, und es fehlen die Rekonstruktionen antiker griechischer Instrumente, die NIKOS BRASS zu DAEMONIA NYMPHE beisteuert. Die gefühlte Ähnlichkeit ist dennoch nicht von der Hand zu weisen.

Warme, ruhige Klänge, leichte Ethno-Percussion, Glocken, Klavier und Flöten - und im Hintergrund die Sirenengesänge von JOANNE SPIRICHEVA, einem weiteren musikalischen Gast, die einen Gegenpunkt setzt zu der warmen, im Sprechgesang jedoch manchmal auch recht herb wirkenden Stimme von ALVYDA. Wer sich von derlei gerne davontragen lässt, ist bei dieser Veröffentlichung aus dem Hause AUTARKEIA gut beraten. Auch wer DAEMONIA NYMPHE mag, macht nichts verkehrt. Ein angenehmes, klanglich warmes und rundes Album, das mit einer interessanten neuen Kombination überrascht: Der Nordosten Europas trifft den Süden, eine überwiegend baltische Instrumentierung auf ein griechisches Thema - und in diesem Fall ist das ein durchaus geglücktes Experiment, nach dem man dem Projekt des Litauers nun endgültig nicht mehr nachsagen kann, es trete auf der Stelle.


 
Claudia K. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Donis
» Donis Myspace
» Autarkeia

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