Nach dem, im vergangenen Jahr bei
MALIGNANT erschienenen, fulminanten Debüt
"Fullstendig Brent" legt die
"Norwegian noise-oriented drone and death industrial initiativ" (Eigenbeschreibung)
DØDSMASKIN mit
"Ingenting" nun ihr zweites Album vor, diesmal bei
CYCLIC LAW. Und gleich eingangs sei vermerkt, dass dieses zweite Album
eigentlich das erste ist et vice versa, denn laut
Bandinfo vollendeten
DØDSMASKIN "their _original_ debut «Ingenting» shrouded in almost complete secrecy" "[t]wo years prior to the release of [th]e facto debut album «Fullstendig Brent»". Was genau nun dazu führte, dass man sich nicht an die chronologische Reihung hielt, obwohl das Album doch
"held in high esteem as it stands as the very blueprint of what the Dødsmaskin project is all about" ist, darüber kann nur gemutmaßt werden. Nicht unplausibel scheint jedoch, man habe sich bei der Auswahl des Debütmaterials schlichtweg am Zugänglichkeitsfaktor orientiert, und der ist bei "Fullstendig Brent" allemal höher als beim nunmehr vorliegenden Werk – was freilich keineswegs schlecht sein muss.
Keine Frage:
"Ingenting" kommt deutlich rauher, ungeschlachter und kompromissloser daher als sein Vorgänger. Der bestach bekanntlich insbesondere durch ein sorgfältig ausgewogenes Spannungsverhältnis zwischen dezidiert harschen Passagen und diversen, leidlich harmonisch-melodiösen Vor-, Zwischen- und Nachspielen sowie ein konsistentes dramaturgisches Konzept – nämlich die Hexenverfolgungen im Nord-Norwegen des ausgehenden 17. Jahrhunderts –, ohne es dabei an der gebührenden, herzerfrischend massiven Brachialität fehlen zu lassen. Harmonisch-Melodiöses sucht man auf
"Ingenting" indes vergebens, dafür liegt der Anteil massiver, brachialer Harshness bei nahezu 100 Prozent und wird lediglich durch die eine oder andere, monoton-dronige Passage marginal aufgelockert. Apropos Harshness: Der
Promotext von
CYCLIC LAW erwähnt in diesem Kontext süffisant die
"extreme measures [...] used in order to capture the right physics sonically, such as having a 1000-ton freight train powering over recording devices" – dass "Ingenting" also ohne großes Mucken als Noise-Album durchgeht, dürfte einigermaßen unstrittig sein; wer es
noch spezifischer möchte, der sei auf irgendwas zwischen Death Industrial und Drone Noise verwiesen, so in etwa. Ein nennenswerter dramaturgischer Überbau, der dem Ganzen einen vergleichbaren konzeptuellen Schmiss verpasste wie "Fullstendig Brent", fehlt dieses Mal übrigens – sieht man vom üblichen, prätentiös nihilistischen (schwed.
ingenting = nichts) Worddropping ab, das dergleichen Tonträger, einem geheimen Naturgesetz folgend, seit Jahr & Tag begleitet –, doch sollte das zu verschmerzen sein, schließlich geht's am End' ja um die Musik und nicht um die Rahmenhandlung.
DØDSMASKIN
"Aske", der gut zehnminütige Opener, gibt die Stoßrichtung jedenfalls unmissverständlich vor und präsentiert sich als gut abgehangener Death-Industrial-/Dark-Ambient-Hybrid mit ausgeprägt noisigem Charakter: brachiale Harsh-Noise-Patterns wechseln sich mit dronigen Einsprengseln ab, immer wieder kommt diverses, mal mehr, mal weniger verwaschenes und verhallendes Metal-Junk-Getöse zum Einsatz – es dröhnt und scheppert, brummt und rauscht, dass es eine Freude ist. Auch
"Bionegativ" und
"Endelikt" setzen diese Gangart konsequent fort, ja: verschärfen sie sogar etwas, so dass das Ganze noch zusätzlichen Druck in den Flanken bekommt, wobei das hohe Spannungsniveau unbeirrt beibehalten wird. Dieses ebenso einfache wie wirkungsvolle Procedere weiß zuverlässig auch den verwöhnten Noise-Connaisseur in Behagen zu versetzen und lässt den Umstand praktisch unwesentlich erscheinen, dass der innovative Mehrwert des dargebotenen Materials denn doch einigermaßen überschaubar bleibt. Einen Einbruch erfährt das besagte Behagen mit dem Titeltrack
"Ingenting", dessen kontemplativ-droniger Grundansatz mit Schmackes in die unmittelbar angrenzenden Randbezirke schnarchiger Monotonie steuert und dergestalt bereits nach kurzer Zeit
verflixt langweilig wird: mit solch konzeptarmem Gebrumme ist im Jahre des Herrn 2017 kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Gottlob erweist sich "Ingenting" aber als einziger Missgriff des Albums: der folgende Abschlusstrack
"Menneskeforakt" entfaltet wieder zupackend harsches, bratziges Temperament, lässt zum Finale noch mal so richtig die Kuh fliegen und verdichtet sich zu einem dermaßen massiven Getöse, dass dem verzückt quiekenden Hörer schlichtweg die Spucke wegbleibt – man ist geneigt, den weiter oben erwähnten 1000-Tonnen-Güterzug
genau hier zu verorten.
In jedem Fall ein spektakulärer Abschluss für ein ebenso offensives wie widerborstiges Album, das ungeachtet des Umstandes, dass es hinter seinem Vorgänger zurückbleibt, in der Summe dennoch – und sei es nur durch seine schiere, monolithische Massivität – zu überzeugen weiß.
CYCLIC LAW bringt "Ingenting" als CD im 4-Panel-DigiPak in einer Auflage von 300 Stück unter die Leute, flankiert übrigens von
DØDSMASKINs gleichzeitig erschienenem, dritten Album "Fiende". Zu dem kann der Rezensent derzeit leider noch nichts vermelden, doch das wird sich ändern. Demnächst an dieser Stelle.