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Bohren/Wolfgang Müller in Köln

Vier Geisterfäuste für ein Hjertøya


Bohren/Wolfgang Müller in Köln
Kategorie: Spezial
Wörter: 672
Erstellt: 17.11.2006
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11.11. in Köln: Die Domstadt im Ausnahmezustand, man feiert schließlich den Beginn der "fünften Jahreszeit". Im rechtsrheinischen Deutz präsentiert der Kölner Haussender RTL die "Lachende Kölnarena", in der Bernd Stelter, Et Rumpelstilzche, und Konsorten all jenen einheizen, die sich in der restlichen Phase des Jahres in Sachen Lebensfreude eher bedeckt halten. Nicht unweit davon im Mülheimer Kulturbunker nimmt hingegen ein denkwürdiger Konzertabend seinen Anfang, den man schon fast als "Gegenveranstaltung" titulieren könnte, hat man doch mit den Westfalen Bohren und der Club of Gore und dem Berliner Aktionskünstler Wolfgang Müller zwei Künstler aus ausgewiesenen "Anti-Karnevalshochburgen" verpflichten können.

Während sich die Mülheimer Death Jazzer auf Tour befinden, wurde Wolfgang Müller (vormals Die Tödliche Doris) nur für dieses Konzert verpflichtet. Zu verdanken haben wir das den Veranstaltern des Auf Abwegen-Magazins, welche sich für diese ungewöhnliche Kombination entschieden und damit Mut bewiesen. Das Engagement bewies zweierlei: Zum einen, daß man auch hier im Kulturbunker an diesem Abend nicht auf Humor, wenn auch der etwas anspruchsvolleren Art, verzichten mußte, und zum anderen, daß Mut manchmal im Leben auch entlohnt wird, denn ein Gros der Besucher kannte Müller vorher nicht. Der Kreuzberger bot einen kurzweiligen Rundumschlag seines Schaffens. Er begann mit der taz-Episode um den Kreuzberger Blaumeisenschlächter, welche auf Umwegen seine Leidenschaft für Island weckte und ihn zu seinem deutsch-isländischen Blaumeisenbuch Blue Tit inspirierte. Es folgte die originalgetreue Wiedergabe seiner Vertonung des eddischen Thrymliedes, welche durch Hintergrundprojektionen seiner Kunstwerke begleitet wurde. Waren die Reaktionen bis hier noch eher verhalten, wußte die Umsetzung der "ersten Dragqueen-Geschichte der germanischen Literatur" (Zitat Müller) schon viele Besucher zu begeistern. Es folgten weitere Anekdoten über seine Besuche auf Island und seine Probleme mit dem staatlichen Goethe-Institut, nachdem er eigenmächtig nach deren Abzug aus Reykjavik eine private Zweigstelle in der isländischen Hauptstadt eröffnete. Auch mit dem Verlagshaus Du Mont geriet der Künstler in Konflikt, nachdem er auf der norwegischen Insel Hjertøya Starengesänge aufnahm und veröffentlichte (Hausmusik - Stare von Hjertoya singen Schwitters), die dem 1937-1940 auf die Insel emigrierten Dadaisten Kurt Schwitters als Inspiration zur Vertonung seiner Ursonate diente - beziehungsweise die Stare den laut auf der Insel seine Ursonate probenden Schwitters imitieren ließen. Die Rechtsabteilung des Verlages sah die Urheberrechte verletzt und forderte Schadensersatz. Beide Konflikte wußte Müller pointiert und witzig vorzutragen und das Aberwitzige dieser Welt herauszuarbeiten. Den Abschluß bildeten vier seiner Elfenlieder, die er zu Halbplayback vortrug und auch immer auf den köstlichen Hintergrund der Stücke einging: Ich hab' sie gesehen (entstanden anläßlich seines Auftritts bei Vera am Mittag zum Thema "Elfen"), Kampflied der Zwerge, der Schwanengesang des Riesenalken und Das Pe-Pe-Penismuseum von Reykjavik. Auf nichts trifft der Ausspruch: "Man muß wohl dabei gewesen sein" besser als auf diesen Abend.

Zugegeben, es viel nicht leicht, sich nach dieser Darbietung wieder "umzustellen". Denn nun wurde es ernst, verdammt ernst, und natürlich, wie immer: Schwarz, verdammt schwarz. Der Kulturbunker wurde fast komplett abgedunkelt und das Publikum schon im Vorfeld informiert, daß die Künstler keine Blitzlichtphotographien dulden würden. Mit Zeigefinger vom aktuellen Album Geisterfaust wählte man einen betont sperrigen Einstieg. "Das Lied ist ein Protestsong. Wir haben nämlich Angst, daß alle Videotheken geschlossen werden", verkündete Christoph Clöser in gewohnt trockener Bohren-Manier am Ende des Zwanzigminuters. Es folgten neue und alte Lieder des Quartetts. Auffallend war, daß die Geisterfaust vom Einstieg abgesehen in der Tasche blieb und dieses Mal vor allem das populärste Album des Clubs, Black Earth, zum Zuge kam. Immer wieder wurden lakonische Bemerkungen eingestreut ("Das nächste Lied handelt von Jemandem, der lebendig begraben wird. Es heißt Maximum Black."). Wie immer ging das Konzert viel zu schnell vorbei. Was will man machen, wenn man die Länge der Stücke und ihre gleichzeitige Kurzweiligkeit bedenkt? Bei Bohren und der Club of Gore löst sich jedes Zeitgefühl auf, das gilt übrigens auch für den Deckenputz des Kulturbunkers, der angesichts der bass-lastigen Lautstärke schon mal zu rieseln begann, dabei hat er schon einen Weltkrieg überlebt! Immerhin kredenzte man "in einem Zustand totaler Spielfreude" (O-Ton) zwei Zugaben. Danke!

 
für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Bohren und der Club of Gore
» Wolfgang Müller

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