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Endsal

Ø - Konstellaatio

Die Geburt der Stille aus dem Geiste der Reduktion


Ø - Konstellaatio
Genre: Minimal
Verlag: Sähkö
Vertrieb: Sähkö


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Hinter dem illustren Projektnamen "Ø", dessen korrekte Aussprache dem Rezensenten übrigens immer noch einigermaßen unklar ist – langgezogenes "O"? oder doch eher "Ö"? –, verbirgt sich MIKA VAINIO, die eine Hälfte des legendären finnischen Elektro-Duos PANASONIC bzw. (nach erfolgter juristischer Intervention seitens des gleichnamigen japanischen Unterhaltungslelektronik-Giganten ab 1998) PAN SONIC , das, 1993 gegründet, nach 16 Jahren ebenso radikalen wie stilbildenden kreativen Outputs im Jahre 2010 seine Auflösung bekannt gab. Als kontinuierlich bestehendes Sideproject betreibt VAINIO Ø allerdings noch länger: so erschien die erste EP seines künstlerischen Alter Egos, "Röntgen", noch vor der ersten PAN SONIC-Veröffentlichung bereits im Jahre 1993 unter der Katalognummer 001 bei dem, von VAINIO und seinem Freund TOMMI GRÖNLUND gegründeten Label SÄHKÖ (Finnisch für 'Elektriziät'), das dem geneigten Publikum nun auch "Konstellaatio" zu Gehör bringt. Musikalisch bleibt VAINIO aka Ø jenem Konzept treu, das schon den Sound von PAN SONIC maßgeblich prägte, und so präsentiert sich auch "Konstellaatio" durchgängig betont reduziert und minimalistisch bis hin zum Asketischen, seinen ganz besonderen Reiz bezieht das Werk des Mannes aus Helsinki – der seine Wurzeln im Industrial- und Elektroniksound der frühen 80er-Jahre sieht, sich über die Jahre jedoch zunehmend stärker in Richtung Ambient und Minimal entwickelte – jedoch aus den außergewöhnlich dichten, massiven und tieffrequenten Soundscapes, die oftmals eine nachgerade physische Präsenz entfalten.

Der Einstieg in das aktuelle Werk wird dem Hörer mit "Otava" zuerst einmal so leicht wie möglich gemacht: es handelt sich dabei um eine zurückhaltend rhythmisch angelegte, überraschend warm und geradezu verträumt klingende, nichtsdestoweniger satt tieffrequente Deep-Ambient-Nummer, die gleich in den ersten Takten einen derart grundstürzenden Bass etabliert, dass den nichts Böses ahnenden Rezipienten eruptiv die Besorgnis um eventuell im Raum befindliche Glasgegenstände befällt. Auch der Folgetrack, "Syvyydessä kimallus", ist mit einem diskreten Beat ausgestattet, kommt jedoch schon deutlich unterkühlter daher und lässt angesichts der eher düsteren und irgendwie ebenso entgrenzt wie entleert anmutenden Atmosphäre, die er entfaltet, Reminiszenzen an Acts wie ARECIBO oder S.E.T.I. aufkommen – nur eben mit ein paar Beats per minute mehr, was im Ergebnis durchaus charmant klingt und durch konzentrierten Charakter einzunehmen weiß. Mit den Tracks drei und vier fällt das Album nach Ansicht des Rezensenten dann leider ein wenig ab: hinsichtlich der Stimmung wird es zunehmend kühler, steriler und unbehaglicher, die – primär aus dem Hintergrund agierenden – Beats entwickeln sich in Richtung einer subtil irritierenden Arhythmizität, insgesamt verharren beide Titel jedoch im Bereich des diffus Unfertigen, Skizzenhaften und beginnen nach einiger Zeit tatsächlich dezent zu langweilen. Daran ändert sich leider auch mit "Elämän puu" verhältnismäßig wenig, das noch experimenteller und unruhiger klingt, allerdings laufen die zum Einsatz kommenden Bassfrequenzen hier zu einer Höchstform LUSTMORD'schen Kalibers auf, was sie zur existenziellen Herausforderung für jedes Lautsprechersytem macht und obendrein gewährleistet, dass selbst bei moderat aufgedrehtem Pegel noch Mietparteien, die zwei oder drei Stockwerke tiefer wohnen, ihre ausgesuchte Freude an diesem Tonträger haben dürften.

"Talvipäivä, Vanha Motelli" ist in seiner minimalistischen Kargheit dann wohl das radikalste, gleichzeitig aber auch komtemplativste Stück auf "Konstellaatio". Hier zelebriert Ø die Stille geradezu: in sich stetig verdichtenden Schleifen werden einige wenige, spärlich eingesetzte Soundschnipsel zu subtil mutierenden, sich kontinuierlich selbst reduzierenden Mustern verknüpft, die sich schließlich wieder in der Geräuschlosigkeit verlieren, nur hier und dort noch von einem sanft angeschlagenen, im Hintergrund verwehenden Akkord oder einem leisen Dröhnen durchbrochen, das gleich wieder in der Stille verhallt. Es entstehen dergestalt bezwingende Bilder nächtlicher Weite und Leere, die Musik wirkt wie ein dunkel und unbeirrt an den Rändern des Raumes entlangfließender Strom, der sich in bodenlosen Untiefen verliert. In seiner radikalen Innerlichkeit sicherlich nicht auf Anhieb zugänglich, erweist sich "Talvipäivä, Vanha Motelli" nichtsdestoweniger als eines der beeindruckendsten Stücke der Veröffentlichung. Während die beiden folgenden Titel dann wieder ein wenig beliebig wirken und – wenigstens beim Rezensenten – keinen allzu tiefen Eindruck hinterlassen, weiß schließlich "Takaisin", der letzte Track, noch einmal auf ganzer Linie zu begeistern: hier greift VAINIO die Atmosphäre des Openers erneut auf und generiert mit Hilfe ultratieffrequenter und dennoch warmer Basssounds sowie einer entfernt an ein verwaschenes Glockenspiel erinnernden Melodie einen dezent optimistisch klingenden Deep-Ambient-Track, der den Hörer ausgesöhnt und entspannt aus "Konstellaatio" entlässt.

Alles in allem ein Tonträger, der klar auf den nächtlichen Wahrnehmungsraum zugeschnitten scheint, dabei klug durchdacht und ungeachtet einiger vorhandener Längen ebenso konsequent wie gelungen umgesetzt ist. "Konstellaatio" besticht durch eine radikale Reduzierung auf das Wesentliche, wobei die spezifische Konstellation der Elemente zusammen mit ihrer je eigenen Dichte und Massivität im Ergebnis eine musikalische Präsenz erzeugen, die man nicht anders als raumgreifend bezeichnen kann. Im übrigen ein Album, das man unbedingt über Boxen und nicht über Kopfhörer genießen sollte, da die spezielle Tiefendimension, die "Konstellaatio" so außergewöhnlich intensiv macht, von Kopfhörern wohl nur unzureichend reproduziert werden kann. Im Interesse des lieben, nachbarschaftlichen Friedens sollte man sich allerdings reiflich überlegen, ob und wann man die Toleranzgrenzen seiner Mitmenschen mittels dieses Tonträgers einem veritablen Lackmustest unterziehen möchte. Nachdem sich 'Toleranz', ehedem eine Sekundärtugend unter anderen, in unserer schönen, neuen, 'politisch korrekten' Welt jedoch zu einem Wert an sich gemausert hat, dessen normativer Nimbus noch über dem der Meinungsfreiheit rangiert, sollte das eigentlich kein allzu großes Problem mehr darstellen. Oder?

 
Endsal für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» MIKA VAINIO/Ø-Homepage
» MIKA VAINIO/Ø @ facebook
» MIKA VAINIO/Ø @ phinnweb
» Ø @ discogs
» PAN SONIC @ phinnweb
» SÄHKÖ RECORDINGS-Homepage
» "Konstellaatio" @ SÄHKÖ RECORDINGS

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» MIKA VAINIO: FE3O4-Magnetite


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